COP22 in Marrakesch begonnen

Die Mühen der Ebene – den Klimazielen Gestalt geben

Nach dem zäh erkämpften Durchbruch, dem nicht enden wollenden Applaus und den begeisterten Jubelrufen von Paris beginnt nun eine lange Durststrecke: Nun sollen die Klimaziele aufgeschrieben und festgezurrt werden – im marokkanischen Marrakesch begann am 07.11.2016 die Klimakonferenz COP 22. Ein knappes Jahr nach Vereinbarung des vielfach „historisch“ genannten Klimavertrags von Paris beraten die „Parties“ bei der Conference of the Parties (= COP) in Marrakesch über die Umsetzung. Die Konferenz begann mit einer feierlichen Eröffnungssitzung, an der auch die UN-Klimabeauftragte der UNO, Patricia Espinosa, teilnahm und dauert zwei Wochen. Nachdem kaum Spektakuläres zu erwarten ist, hält sich die Aufmerksamkeit für den Klimagipfel in überschaubaren Grenzen. Daher ist kaum mit einem Aufgalopp der politischen Großköpfe in der marokkanischen Wüste zu rechnen.

195 Länder hatten sich in Paris darauf verständigt, die gefährliche Erderwärmung mindestens auf „deutlich unter zwei Grad“ zu begrenzen. Doch vor dem hehren Ziel stehen hohe Hürden: Unter anderem die Frage, wie die reichen Länder des Nordens die Armen des Südens bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels unterstützen können – und werden. 100 Milliarden müssen dafür zusammen kommen. Außerdem müssen völlig unterschiedliche Klimaziele der Staaten miteinander verglichen werden. Konferenzleiter Salaheddine Mezouar, marrokkanischer Außen- und Entwicklungsminister, will beim Treffen besonders den vom Klimawandel bedrohten afrikanischen und Inselstaaten eine Bühne geben.

Die marokkanische Umweltministerin Hakima el Haite verlangte im Kampf gegen die Erwärmung der Erdatmosphäre eine völlige Veränderung des Lebensstils: Sei es in Paris darum gegangen, zu verändern, „wie wir produzieren, wie wir konsumieren“, müssten sich jetzt die Gewohnheiten ändern. Dabei will sie auch religiöse Führer einbinden – Marrokko treibt derzeit die Installation von PV-Modulen auf Moscheedächern voran. Marokko hat ohnehin eine Vorbildfunktion denn das Königreich baut derzeit am weltgrößten Solarprojekt Noor (siehe solarify.eu/gruenstrom-aus-ouarzazate).

„Die Kehrtwende ist fällig“

„Die Kehrtwende ist fällig“, überschrieb Nicole Weinhold ihren Artikel in ERENEUERBARE ENERGIEN. Ihr Vorab-Fazit: „Fest steht: Alle Staaten müssten bis 2030 mehr einsparen, als sie bis jetzt geplant haben“.

Nach dem Jubel von Paris seien jetzt die Herausforderungen umso größer. Die Staaten sollten für den Vertrag seit dem vergangenen Dezember ihre Klimaziele für 2030 benennen. Nun sei jedoch klar, dass die CO2-Reduktionsziele nicht ausreichten, um die Klimaerwärmung auf 2 Grad, geschweige denn auf 1,5 Grad zu begrenzen. Die alljährliche Studie des Klimasekretariats unep der Vereinten Nationen Emissions Gap Report mache das deutlich. Der jährliche Welt-CO2-Ausstoß müsste sich bis 2030 auf 42 Gigatonnen einpegeln, aber der unep-Prognose zufolge werden es nach aktuellem Stand wohl 54 bis 56 Gigatonnen sein – genug, um die Erde auf 3,4 Grad zu erwärmen.

Auch die deutschen Klimaziele hätten sich als nicht ausreichend herausgestellt. Ingo Stuckmann vom Zero Emission Think Tank sagt, Klimaschutz funktioniere nicht, weil pauschal gesagt wird, Klimaschutz kostet Geld – und die Kassen sind leer. Er nennt als Beispiel Hessen: „Die Landesregierung möchte bis 2030 eine klimaneutrale Verwaltung haben. Das ist gut. Und dazu sind drei Maßnahmen in dieser Priorität vorgegeben: Erstens Energiesparen, zweitens Erneuerbare Energien nutzen und drittens den verbleibenden 50-Prozent-Rest klimaneutral zu kompensieren, denn das koste weniger. Als Zielkonflikte werden die nicht weiter zu belastenden sozial Schwächeren ausgemacht, sowie die leeren Kassen der Gemeinden, die Investitionen in Klimaschutz dann doch entgegenstehen. Mit anderen Worten, Klimaschutz kostet Geld, und das fehlt. Weiterhin bleibt Hessen aber bei 50 Prozent der CO2-Emissionen.“

Er fasst zusammen: „Vor 25 Jahren lag das Energiesparpotenzial so wie heute bei 50 Prozent. Es scheint nicht zu funktionieren. Und das, obwohl Energiesparen meist wesentlich lukrativer ist als eine Investition in ein Windrad oder eine Solaranlage. Trotzdem funktioniert Energiesparen offenbar nicht, aber eine Solaranlage, die möchte jeder haben. Und das ist der Punkt: Solarstrom selber erzeugen – das hat was, das ist Lifestyle. 1,5 Millionen Solaranlagen auf unseren Dächern sprechen eine deutliche Sprache. Solarstrom-selber-machen funktioniert. Zweitens kauft die Landesverwaltung in Hessen jetzt Ökostrom und drittens gibt es Kompensationen für den großen 50%-Rest. Projekte in der Dritten Welt können für jeden Euro mehr CO2 einsparen als hier, heißt es.“ Weinhold: „Die politische Korrektheit dieses Vorgehens bezweifelt der Zero Emission Think Tank. Stuckmann plädiert für E-Mobilität, Zero Emissions Häuser und Erneuerbare. Die Wege, die zum Ziel führen, sind vielfältig. Man muss sie nur beschreiten.“

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