Brüssel will Energieeffizienz-Richtlinie ändern

cep: „EU vergaloppiert sich“

Mit der Änderung der EU-Energieeffizienz-Richtlinie von 2012 soll ein verschärftes und (jetzt auch) verbindliches Energieeinsparziel von 30% bis 2030 eingeführt werden – dafür sollen den Mitgliedstaaten detaillierte Energieeinsparvorgaben auferlegt werden. Auch nach 2020 soll der Energieverbrauch von Endkunden jährlich um 1,5% sinken. Dies kann – so das cep – Centrum für Europäische Politik „weder treffsicher noch kosteneffizient“ erreicht werden. Daher seien detaillierte Energieeinsparvorgaben für die Mitgliedstaaten verfehlt. Zudem verstießen diese „gegen das Subsidiaritätsprinzip und belasten die Haushalte der Mitgliedstaaten unverhältnismäßig“.

cep-Analyse in Kurzform
Die Verschärfung des Energieeinsparziels auf EU-weit verbindliche 30% kann im Gegensatz zum Emissionshandel die eigentlichen umwelt- und energiepolitischen Ziele – Klimaschutz und Versorgungssicherheit – weder treffsicher noch kosteneffizient erreichen. Daher sind auch die Vorgaben für die Mitgliedstaaten zur Erreichung des Energieeinsparziels – insbesondere die Pflicht, bei Endenergieverbrauchern jährlich 1,5% Energie einzusparen – verfehlt. Zudem verstoßen diese gegen das Subsidiaritätsprinzip und belasten die Haushalte der Mitgliedstaaten unverhältnismäßig. Verbindliche EU-Energieeffizienzvorgaben für die Mitgliedstaaten – besonders die Vorgabe, jährlich 3% der öffentlichen Gebäude der Zentralregierungen zu renovieren – verstoßen gegen das Subsidiaritätsprinzip, denn es liegt kein grenzüberschreitendes Problem vor. Die unbefristete Geltung der 1,5%-Energieeinsparpflicht, bis die Kommission sie nicht mehr für erforderlich hält, verstößt gegen den EU-rechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz.

Rauch und Wasserdanmpf KWK Reuter West Berlin – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Die Analyse in Ausschnitten:
Kein Grund, höhere Energieeffizienz pauschal als eigenes – gar vorrangiges –politisches Ziel zu formulieren

Ein Energieeffizienzziel kann das Maß an Energieeinsparung überschreiten, das zur kosteneffizienten Erreichung der eigentlichen umwelt- und energiepolitischen Ziele – Klimaschutz, Luftreinheit und Versorgungssicherheit– erforderlich ist. Zudem ist eine pauschale Energiesparpflicht für die Zielerreichung kein geeignetes Mittel, da unberücksichtigt bleibt, dass verschiedene Energiegewinnungsformen sich unterschiedlich auf Klima und Luftqualität auswirken, und sie nicht zwischen heimischen Vorräten und Importen und ebenso wenig zwischen Gas, Öl und Kohle unterscheidet. Bei manchen Energieeffizienzmaßnahmen decken künftige Kosteneinsparungen höhere Anschaffungskosten nicht. Zudem resultiert eine technische Effizienzsteigerung nicht immer eins zu eins in einem geringeren Energieverbrauch,z.B. wenn durch höhere Nutzung entsprechend mehr Energie verbraucht oder gespartes Geld für anderen Energieverbrauch ausgeben wird (sog. „Rebound Effekt“).

Die ökonomische Rechtfertigung für staatliche Eingriffe in marktwirtschaftliche Prozesse liegt insbesondere ein der Überwindung „externer Effekte“ wie der Emission von Treibhausgasen (THG), deren Kosten nicht vom Verursacher getragen werden, und von Informationsproblemen (s. cepInput 01/2017). Die EU besitzt mit dem Emissionshandelssystem (Emissions Trading System ETS, s. cepKompass Klima und Energie, S. 10 ff.) jedoch bereits ein wirksames und kosteneffizientes Instrument zur Internalisierung der Kosten des Klimawandels durch THG. Fossile Energie wird im Zuge dieser THG-Reduktion sowohl direkt –durch höhere technische Effizienz oder Verhaltensänderungen –als auch indirekt durch den vermehrten Einsatz erneuerbarer Energien eingespart. Damit verringern sich neben den Luftschadstoffemissionen auch die Importe fossiler Energien, was die Versorgungssicherheit erhöht. Da die Einsparung auch durch Verhaltensänderung erreicht wird, ist das Maß an zur Einsparung erforderlicher technischer Effizienzsteigerung geringer und diese kann kostengünstiger umgesetzt werden.

Die von der Kommission vorgeschlagene doppelte Verschärfung des Energieeffizienzziels für 2030 von unverbindlichen 27% auf verbindliche 30%ist daher abzulehnen, denn sie kann im Gegensatz zum Emissionshandel die eigentlichen umwelt- und energiepolitischen Ziele – Klimaschutz und Versorgungssicherheit– weder treffsicher noch kosteneffizient erreichen. Je höher das Ziel, desto größer ist die Gefahr kosten-ineffizienter planwirtschaftlicher Energieeinsparungen um ihrer selbst willen. Die Ausweitung des ETS auf andere Sektoren ist die bessere Alternative. Die Kennzeichnung des Energieverbrauchs von Produkten (Richtlinie 2010/30/EU,s. cep-Analyse) kann zudem für Verbraucher Einsparpotentiale sichtbar machen, die sich unter Umständen auch ohne Energieeffizienzvorgaben ergeben. Die EU sollte also auf eine– über reine Energieeffizienz-Informationsvorschriften hinausgehende – eigenständige Energieeffizienzpolitik verzichten.

Daraus folgt: Auch die geplanten Vorgaben für die Mitgliedstaaten zur Erreichung des Energieeinsparziels – insbesondere die Fortschreibung der Pflicht, bei Endenergieverbrauchern jährlich 1,5% Energie einzusparen– sind verfehlt.

Folgt: Folgen für Effizienz und individuelle Wahlmöglichkeiteneffiz