„Wunderfolie“ hält Wärmestrahlen ab

Transparente Innovation aus Kalifornien macht Klimaanlagen beinahe überflüssig

In San Diego und der University of Colorado in Boulder haben eine transparente Folie entwickelt, die 86 Prozent der nah-infraroten Wärmestrahlung absorbiert – ohne Energieverbrauch. In welchem Winkel die Sonnenstrahlen einfallen, spielt dabei keine Rolle. In Doppelfenster oder Dächer integriert, könnte sie Klimaanlagen überflüssig machen.

Etwa 6% des in Amerika erzeugten Stroms wird für die Klimaanlagen in Wohnungen und Büros verbraucht. Diese Kühlungsart ist nicht nur teuer für die Kunden, sondern verstärkt auch die Emissionen von Treibhausgasen aus der Verbrennung von fossilen Energieträgern und aus den in Klimaanlagen als Kältemittel verwendeten Fluorkohlenwasserstoffen.

Ronggui Yang und Xiaobo Yin an der University of Colorado, Boulder, haben gemeinsam mit Zhaowei Liu,und Donald Sirbuly aus San Diego eine mögliche Alternative gefunden. Sie haben eine Folie erfunden, die Gebäude ohne Verwendung von Kältemitteln und ohne Energieinsatz kühlen kann. Die Folie kann mit standardmäßigen Rolle-zu-Rolle-Produktionsverfahren zu einem Preis von etwa 50 Cent pro Quadratmeter hergestellt werden.

Der neue Film arbeitet nach einem Prozess namens radiative Kühlung und nutzt die Tatsache, dass die Erdatmosphäre bestimmte Wellenlängen der wärmetragenden Infrarotstrahlung ungehindert in den Raum entweichen lässt. Also wandelten sie unerwünschte Wärme in Infrarot der richtigen Wellenlänge um und konnten sie endgültig im Weltraum entsorgen. Es gibt zwar bereits Wärmestrahlen absorbierende Folien, die sind aber – weil undurchsichtig – für Fenster nicht geeignet, und weil sie metallisch sind, lassen sie auch keine elektromagnetischen Wellen für Mobiltelefone, Fernseher und Radios durch.

Dr. Yang und Dr. Yin’s Folie wurde dagegen aus Polymethylpenten hergestellt, einem handelsüblichen, transparenten Kunststoff, der unter dem Markennamen TPX verkauft wird. In sie mischten sie kleine Glasperlen. Dann zogen sie das Ergebnis in Blätter von etwa 50 Millionstel Metern (Mikron) Dicke und versilberten diese Blätter auf einer Seite. Diese muss, wenn die Folie auf einem Dach ausgelegt wird, darunter sein. Das einfallende Sonnenlicht wird so durch den Kunststoff reflektiert, was die Erhitzung des darunter liegenden Gebäudes verhindert.

Verhindern, dass sich etwas aufwärmt, ist noch nicht dasselbe wie Abkühlen. Der Schlüssel dazu sind die Glasperlen. Aufrechterhaltung der Temperatur ist kein statischer Vorgang. Alle Objekte absorbieren und strahlen ständig Wärme ab – die Emissionen liegen in der Regel in Form von Infrarotstrahlung vor. Im Falle der Perlen wird die Wellenlänge dieser Strahlung durch ihren Durchmesser bestimmt. Brauchbar emittieren diejenigen mit einem Durchmesser von etwa acht Mikrometern überwiegend bei Wellenlängen, die direkt durch das Infrarot-„Fenster“ in der Atmosphäre entweichen. Da die Quelle dieser in Infrarot umgewandelten Wärme zum Teil im Gebäude darunter liegt, wird dieses in der Folge gekühlt.

Dieser Kühleffekt ist stark: 93 Watt pro Quadratmeter bei direktem Sonnenlicht und mehr nachts. Das Team schätzt, dass 20 Quadratmeter ihrer Folie, die auf einem durchschnittlichen amerikanischen Haus platziert wird, ausreichen würde, die Innentemperatur bei 20 ° C am Tag zu halten, an dem es draußen 37 ° C warm ist. Das Material ermöglicht eine breitbandige selektive Absorption, so Zhaowei Liu.

Oberflächen-Plasmon-Resonanz

Der Effekt beruhe auf einem physikalischen Phänomen namens Oberflächen-Plasmon-Resonanz, das üblicherweise zur Messung der Dicke von Schichten, etwa Farbaufträgen, genutzt wird. Es handle sich um eine Interaktion mit freien Elektronen an der Oberfläche. Je mehr dort herumschwirren, desto größer die Wirkung.  Die erste Folie verschluckt alles zwischen 1.200 und 2.200 Nanometern. „Das Material ermöglicht eine breitbandige selektive Absorption“, so Zhaowei Liu. „Wir können sie auf bestimmte Abschnitte des elektromagnetischen Spektrums einstellen.“ In diesem Fall ist es die Wellenlänge, die sich wählen lässt.

Bei Metallen sind besonders viele freie Elektronen vorhanden. Allerdings wirken diese nur auf sichtbares Licht. Die US-Forscher versuchten es mit reinem Zinkoxid und Zinkoxid, das mit Aluminium verunreinigt ist. Auf einer Siliziumunterlage züchteten sie unzählige runde Türmchen, die mehrlagig aufgebaut sind. Die Werkstoffe wechseln sich ab. Das Ganze spielt sich in unvorstellbar kleinen Dimensionen ab. Sie sind 1730 Nanometer hoch und haben einen Durchmesser von 650 bis 770 Nanometern – ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter. Zum Schluss verlagerten die Experten die Türmchenstadt auf eine transparente Kunststofffolie. Die neue Entwicklung wird in der Februar-Nummer von Science beschrieben.

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