Weltweiter March for Science

Weltweiter Protest gegen alternative Fakten

Am 22.04.2017 (Earth Day) gingen in 22 deutschen und 500 Städten beim so genannten March for Science weltweit Menschen für die Wissenschaft und ihre Rolle in Politik und Gesellschaft auf die Straße. Bei den Kundgebungen wollte man gemeinsam für den „Wert von Wissenschaft, Fakten und Evidenzbasiertheit in Zeiten von alternativen Fakten“ eintreten, so die Initiatoren. In München hielt Max-Planck-Präsident Martin Stratmann eine Ansprache. Die Hauptveranstaltung fand in Washington statt. In Berlin kamen geschätzt ca. 11.000 zum Marsch von der Humboldt-Universität zum Brandenburger Tor.

„Die Freiheit der Wissenschaft ist derzeit in vielen Ländern in Gefahr“, hatte Otmar D. Wiestler, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, am 20.04.2017 dem Tagesspiegel. Besonders beunruhigend seien die Entwicklungen in der Türkei und in Ungarn. Zudem werden „wissensbasierte Fakten infrage gestellt – etwa beim Thema Klimawandel oder in der Gesundheitsforschung“. Wiestler kritisiert die hohe Zahl an Ländern – auch in der EU –, die immer weniger in Bildung und Forschung investieren. „Gegen all das müssen wir unsere Stimme erheben.“

Stratmann erklärte: „Wir leben in einer Zeit, in der Dinge, die bisher eigentlich selbstverständlich waren, infrage gestellt werden. Die Freiheit der Wissenschaft kommt international immer stärker unter Druck – und das auch in Europa. Und obwohl Wissenschaft im 21. Jahrhundert angesichts drängender globaler Herausforderungen wie den Klimawandel, dem Erhalt der Artenvielfalt oder der Bekämpfung von Infektionskrankheiten so wichtig ist wie nie zuvor, spüren wir, dass faktenbasiertes Wissen mehr und mehr infrage gestellt wird. Das ist nicht hinnehmbar im Namen der Wissenschaft, aber auch nicht im Namen der zivilen Gesellschaften. Wir haben eine Verantwortung. Der March for Science ist die Gelegenheit, dies sichtbar zu machen.“

Allerdings sei der 22. April nicht nur ein Tag der Solidarität mit der US-Wissenschaft, die durch Trumps Präsidentschaft unter Druck geraten sei, betonten die Organisatoren: „Die Wissenschaftsfeindlichkeit eines bildungsfernen Präsidenten ist nur Ausdruck einer gesellschaftlichen Strömung, die wissenschaftliche Fakten und sichere Fakten denunziert.“ Deshalb wolle man nicht „gegen“, sondern „für“ demonstrieren – für die Wissenschaft und Forschung als zivilisatorische Errungenschaft. In Deutschland werde die Gefahr, die in den sozialen Medien von wissenschaftsfeindlichen Inhalten und bewussten Falschmeldungen etwa zum Klimawandel oder zur Geschlechterforschung ausgehen, nicht ernst genug genommen. Deshalb sei der March for Science nur ein erster Schritt.

WBGU unterstützt March for Science

Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) zeigte sich in einer Medienmitteilung „alarmiert über die zunehmende Wissenschaftsfeindlichkeit und die politisch motivierte Infragestellung faktenbasierter Aussagen. Von der Leugnung des Klimawandels bis hin zu absurden Verschwörungstheorien, insbesondere durch autoritäre und populistische Bewegungen und Regierungen, werden wissenschaftlich belegte Tatsachen abgestritten oder erwiesene Unwahrheiten als ‚alternative Fakten‘ dargestellt. Zur Bewältigung der großen gesellschaftlichen Fragen brauchen wir eine freie Wissenschaft, die den öffentlichen Debatten auch unbequeme Wahrheiten zumuten kann.“ Der WBGU unterstütze daher den March for Science. Alle Bürgerinnen und Bürger, denen eine unabhängige Wissenschaft wichtig ist, seien eingeladen – nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

[note Die Idee zum March for Science entstand Ende Januar 2017 als Reaktion auf eine Meldung  im Social-News-Aggregator Reddit, dass das Weiße Haus unter Donald Trump die Informationen zum Klimawandel von seiner Webseite gelöscht hatte. Dies führte zu einer Diskussion, im Verlauf derer ein Benutzer kommentierte: „There needs to be a Scientists’ March on Washington.“ (deutsch etwa: „Es muss einen Marsch von Wissenschaftlern auf Washington geben“). Innerhalb weniger Stunden entstand daraus eine Webseite, eine Facebook-Seite sowie ein Twitter-Profil, innerhalb weniger Tage entstanden Initiativen in anderen Städten in den USA und weltweit. Der Slogan der Veranstaltung ist „Science, not silence“ (deutsch: „Wissenschaft, nicht Stille“). (Nach Wikipedia)]

Folgt: Der Ablauf in Berlin: Humboldt-Universität – Brandenburger Tor