Zeit der Erfolge und der Niederlagen

Alternative Energiequellen

In den 80er Jahren kamen auch alternative Energiequellen hinzu, wie Solarenergie, Windenergie und Bioenergie. Wobei die damalige Sicht der Dinge stark von der Bedeutung großer Kraftwerke geprägt war. Dabei wurde übersehen, dass erneuerbare Energien – anders als die fossilen und die atomaren – auch in kleineren, dezentralen Anlagen realisierbar sind; ja zum Teil dann erst ihre wirklichen Vorteile entfalten konnten. Auf dem Büchermarkt für Energie gab es einen Bestseller „Small is beautiful“. Es war eine aufregende Zeit. Das Pendel schlug manchmal recht extrem aus. Die Politik war oft sprachlos. Es war schwierig, nachdenklich zu sein. Und dennoch musste genau das geschehen.

Das Entscheidende ist allerdings in jedem Fall, dass es wichtig und richtig ist, großen Visionen zu folgen und sich zu erlauben, auch scheitern zu dürfen. Davon lebt Forschung und nur mit dieser Risikobereitschaft kann sie sich weiterentwickeln. Nicht blindlings, sondern mit Augenmaß. Der Staat kann und sollte – meiner Meinung nach – diese Kultur der Neugierde fördern.

Den Erfolg mutiger Ansätze zeigt die Entwicklung der erneuerbaren Energien. Als 1977 das 1. Energieforschungsprogramm verabschiedet wurde, waren Experten einheitlich der Auffassung, dass erneuerbare Energien maximal 1-2 Prozent des Stromverbrauchs decken können. Heute sind wir bei rund 30 Prozent. Und nach oben ist noch viel Luft.

Hier hat Deutschland eine weltweite Vorreiterrolle mutig beschritten und nicht zuletzt auch mit dem EEG die Basis für den Siegeszug klimafreundlicher Energiequellen gelegt. Die gesetzliche Grundlage für den Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland bildet die Blaupause für ähnliche Förderinstrumente in mehr als 71 Ländern weltweit – darunter westliche Industriestaaten wie Spanien oder Italien aber auch 28 Bundesstaaten in den  USA. Auch China setzt auf ein EEG für Wind- und Solarenergie.

Das EEG und die Forschungsförderung zeigen: Politik braucht einen langen Atem und eine Vision für die Zukunft. Zugleich muss sie das Hier und Jetzt im Blick behalten. Ein feiner Balanceakt, der uns als Gesellschaft bei der Energiewende recht gut gelungen ist.

Von der Atomeuphorie zu Atomausstieg

Unsere Definition was Fortschritt ist, entwickelt sich stetig weiter. Die Impulse können aus allen Bereichen der Gesellschaft entstehen und tragen dort Früchte, wo Menschen willens sind, sich für neue Ideen zu öffnen. Nichts zeigt das deutlicher als die Entwicklung der Atomenergie in Deutschland.

Am Anfang stand die große Einigkeit aller politischen Parteien in Deutschland: Wir wollen die Kernenergie ausbauen; das war die einhellige Auffassung in den 50er Jahren. Für diese große Aufgabe wurde – wie gesagt – ein eigenständiges Bundesministerium gegründet. Alle waren sich damals einig: Das ist ein Fortschritt.

Am Ende titelte der Economist 2011 „The dream that failed“ Am Ende stand 2011 wieder die große Einigkeit aller Parteien in Deutschland: Wir können und wollen aus der Kernenergie aussteigen; und wieder waren sich fast alle einig: Das ist ein Fortschritt. Darüber sollten all diejenigen nachdenken, denen „fortschrittliche“ Lösungen angepriesen werden.

In den 50 Jahren dazwischen fand ein schmerzhafter Prozess statt. Dieser Erkenntnisprozess kam vom Rand der Gesellschaft langsam in die Mitte. Er kam von unten und nicht von oben. Es waren Betroffene an den Standorten von Atomanlagen, die sich wehrten: Bei der geplanten Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf, den Plänen für ein Endlager in Gorleben, in Kalkar bei dem geplanten Schnellen Brüter oder in Whyl am Kaiserstuhl, wo den Menschen vom Ministerpräsidenten gesagt wurde „Die Lichter gehen in Baden aus, wenn dieser Atomreaktor nicht gebaut wird“. Vor allem an den Standorten von Atomanlagen wurde die Kritik an einem technokratischen Fortschrittsbegriff vorangetrieben und zugespitzt. Die Bürgerinitiativen waren Träger eines neuen Fortschritts. Die Kraft zur Wende kam aus der Zivilgesellschaft.

Die Geschichte der Energieforschung in Deutschland

Auch in der Wissenschaft entwickelte sich von den Rändern her die Kritik am Traum vom energiewirtschaftlichen Schlaraffenland. Hier ist der Club of Rome mit seinen „Grenzen des Wachstums“ zu nennen.  Auch aus dem Max-Planck-Institut von Konrad Lorenz in Seewiesen kam der Hinweis auf das grundsätzliche Dilemma: „Der Mensch ist dasjenige Geschöpf, das mehr will, als es kann, und mehr kann, als es soll“.

Das Energieforschungsprogramm in all seinen Ausführungen war alles andere als eine stabile Sache. Es war ein lernendes Programm; und das war kein Nachteil: Das Gleichgewicht zwischen Kontinuität und Flexibilität war stets die besondere Stärke der deutschen Förderpolitik.

Folgt: Dreitausend Prozent Steigerung