Umwelthormone einschränken

Kriterien der EU-Kommission lassen Schlupflöcher offen

Vertreter der EU-Mitgliedstaaten haben Anfang Juli 2017 einem Vorschlag der Europäischen Kommission zu „wissenschaftlichen Kriterien für die Bestimmung endokriner Disruptoren im Bereich Pflanzenschutzmittel“ zugestimmt. „Was zunächst einmal gut klingt, ist bei genauer Betrachtung eine halbherzige Angelegenheit. Die Kriterien der EU-Kommission lassen Schlupflöcher offen“, so Köhrle. Es gibt Ausnahmen für einige in der Landwirtschaft eingesetzte Pestizide, die über einen bestimmten Wirkmechanismus verfügen, um in das endokrine System des Schädlings einzugreifen und damit seine Vermehrung unterbinden. Fipronil ist dafür ein gutes Beispiel. Es wirkt als EDC für Gehirn und Nervensystem sowie auf die Nachkommen. „Bei Menschen und Säugetieren ist es zwar nicht der gleiche Rezeptor für Sexualsteroid-Hormone wie bei den Insekten, aber erstere verfügen über eine Gruppe von verwandten Rezeptoren. Das könnte also zu den bereits genannten Erkrankungen führen“, erklärt Köhrle. Das EU-Kriterien-Bündel wird dazu führen, dass Chemikalien, die als EDCs entwickelt werden, nicht als EDCs klassifiziert werden können. Damit stünde ihrer Zulassung nichts im Weg.

Verdacht einer Gesundheitsgefährdung sollte ausreichen

Fachleute wünschen sich schon lange, dass die Politik stärker ins Handeln kommt, ähnlich wie bei Krebs auslösenden Stoffen: So sind beispielsweise Dioxine, deren krebsauslösenden Eigenschaften durch Studien belegt werden konnten, in der Umwelt stark reduziert worden, da es technische und rechtliche Maßnahmen auf politischer Ebene gab. Auch Verbote konnten durchgesetzt werden, wie für chlorierten Kohlenwasserstoff PCP (Pentachlorphenol) oder die polychlorierten Biphenyle (PCB). Diese wurden als Weichmacher in Kunststoffen und als Zusatzstoff für Farben und Dichtungsmassen verwendet. „Wie bei karzinogenen Stoffen sollte sich in der Politik das Vorsorgeprinzip durchsetzen: Bereits der Verdacht einer Gesundheitsgefährdung sollte ausreichen, um eine Substanz vom Markt zu nehmen“, fordert Köhrle.

Die DGE unterstürzt die Position der großen internationalen endokrinologischen Fachgesellschaften, die deutlich vor einer Annahme dieser EU-Kriterien gewarnt hatten – ohne Erfolg. An die deutschen Behörden gerichtet fordert der DGE-Präsident: „Aufklärungsmaßnahmen für besondere Bevölkerungsgruppen wie etwa schwangere Frauen und ein nationaler Aktionsplan zum Schutz vor solchen Umwelthormonen sind unverzichtbar.“

Zahlreiche NGOs der deutschen NGO Koalition aus PAN Germany, WECF, BUND, HEJSupport, CGB und dem Umweltinstitut München, darunter auch SumofUs, versuchen, die Parlamentarier auf ihre Verantwortung hinweisen und unter Druck zu setzen. Die meisten der giftigen Chemikalien seien unzureichend reguliert, weil die Beweislast viel zu hoch sei. So würde kaum noch ein Schadstoff als endokriner Disruptor anerkannt werden. So erfasse der Vorschlag der EU-Kommission nicht nur zu wenige Stoffe, er lasse auch zahlreiche Ausnahmen zu. SumofUs in einem Aufruf: „Während Unternehmen wie Monsanto sich eine goldene Nase mit Hormongiften verdienen, richten sie in Europa gesellschaftliche Schäden von mehr als 163 Milliarden Euro jährlich an. Doch die Agrochemie-Industrie versucht mit ihrer Lobbyarmee besorgte Wissenschaftler, Gesundheits- und Umweltorganisationen und Bürger zu übertönen.“

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