Umsteuern im Verkehrssektor für Klimaschutz erforderlich

Notwendigkeit einer Kombination von Vermeidung, Verlagerung, Effizienz und neuen Antrieben

Angesichts der vielfältigen negativen Umwelt- und Gesundheitswirkungen des Verkehrs kann eine nachhaltige Mobilität nur durch die Kombination verschiedener Strategien erreicht werden: Erforderlich ist, dass sich Mobilitätsmuster und die Organisation des Verkehrs in weiten Bereichen verändern. Zentrales Element eines klimagerechten und nachhaltigen Verkehrssystems muss die Verringerung des motorisierten Individualverkehrs sowie die Stärkung intelligenter und integrierter Mobilitätslösungen sein. Verkehrsvermeidung und eine Verlagerung auf Schiene, ÖPNV, Rad- sowie Fußverkehr verringern nicht nur die Emission von Treibhausgasen und den Energieverbrauch, sondern mindern auch weitere Probleme des Verkehrs wie Flächenverbrauch, Lärm und Unfallrisiken.

Ein weiterer wichtiger Hebel für die Dekarbonisierung des Verkehrs ist eine technologische Transformation bei den Antrieben, die den Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien unterstützt. Gleichzeitig muss zudem eine offensive Effizienzstrategie verfolgt werden: Zum einen muss die Energieeffizienz von Pkw und Lkw mit Verbrennungsmotoren verbessert werden, da in den nächsten eineinhalb Dekaden noch eine große Anzahl dieser Fahrzeuge neu zugelassen werden. Einige von ihnen werden bis mindestens in die 2040er-Jahre im Fahrzeugbestand verbleiben. Ohne eine stetige Verbesserung der Energieeffizienz der Fahrzeuge drohen die kumulierten Emissionen aus dem Straßenverkehr bereits innerhalb der nächsten 15 Jahre ein mit den Paris-Zielen zu vereinbarendes Kohlenstoffdioxid-Budget (CO2-Budget) für den Verkehrssektor zu übersteigen. Zum anderen müssen auch Fahrzeuge mit alternativen Antrieben möglichst energieeffizient sein, um den Energieverbrauch, und damit den erforderlichen Zubau Erneuerbarer-Energien- Anlagen, zu begrenzen. Die Umstellung auf alternative Antriebstechnologien – inklusive der notwendigen Infrastruktur und Stromerzeugung – wird zu einer verstärkten Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen führen.

Diese Rohstoffe werden größtenteils außerhalb der EU gewonnen, oft mit starken lokalen und regionalen Umwelt-, Gesundheits- und Sozialwirkungen. Es muss zügig darauf hingearbeitet werden, Rohstoffe umwelt- und sozialgerecht zu gewinnen und am Lebensende der Produkte hochwertig im Kreislauf zu führen. Dies reduziert nicht nur die Nachfrage nach Primärrohstoffen und die damit verbundenen Umweltauswirkungen, sondern verbessert auch die ökologische Gesamtbilanz.

Vorteile der Elektromobilität

Die direkte Elektrifizierung – das heißt die Umstellung auf Elektromobilität – ist aufgrund ihres sehr hohen Wirkungsgrads besonders geeignet, die Klima- und Umweltauswirkungen des Verkehrs grundlegend zu verringern. Zudem emittieren elektrische Antriebe lokal keine Schadstoffe. Eine großflächige Nutzung strombasierter synthetischer Kraftstoffe würde aufgrund hoher Umwandlungsverluste mit einem um ein Vielfaches größeren Strombedarf einhergehen. Eine stark steigende Stromnachfrage hätte nicht nur enorme ökologische, sondern auch hohe wirtschaftliche Kosten. Eine verstärkte Nutzung von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse würde zur Verschärfung von Nutzungskonkurrenzen mit der Nahrungsmittelerzeugung sowie der stofflichen Nutzung führen und wäre oftmals weder sozial noch ökologisch nachhaltig. Es sollten daher jene Verkehrsmodi weitgehend auf elektrische Antriebe umgestellt werden, bei denen eine direkte Elektrifizierung technisch umsetzbar und wirtschaftlich darstellbar ist. Neben dem Schienenverkehr, der bereits heute größtenteils elektrifiziert ist, eignet sich dafür vor allem der Straßenverkehr.

 Reichweite von Pkw mit unterschiedlichen Technologien (bei 15 kWh Primärenergieeinsatz) SRU 2017; Datenquelle: © KREYENBERG et al. 2015, S. 15

Aufgrund der vielfältigen Vorteile der Elektromobilität wäre eine Strategie der Technologieneutralität im Straßenpersonenverkehr verfehlt. Zudem würde ein vermeintlich technologieneutraler Regulierungsrahmen angesichts der privilegierten Ausgangslage des Verbrennungsmotors die neuen Technologien benachteiligen.

Um anfängliche Hemmnisse neuer Technologien (z. B. bei der Energieversorgungsinfrastruktur oder den anfänglich höheren Produktionskosten) zu überwinden, ist eine gezielte Technologieförderung sinnvoll. Dabei sollte der Fokus der Förderung nach Ansicht des SRU zunächst vor allem auf batterieelektrische Fahrzeuge gerichtet werden. Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb sind aufgrund ihrer Wirkungsgradnachteile und ihrer absehbar höheren Kosten für einen breiten Einsatz nach heutigen Erkenntnissen weniger geeignet. Eine Förderung von Erdgasantrieben als „Brückentechnologie“ hält der SRU für nicht zielführend, da diese immer noch relativ hohe CO2-Emissionen besitzen und Investitionen in hocheffiziente elektrische Antriebe langfristig sinnvoller sind. Auch für leichte Nutzfahrzeuge und Verteilverkehre ist eine umfassende Marktdurchdringung vor allem batterieelektrischer Antriebe sinnvoll. Im Straßengüterfernverkehr sind Oberleitungs-Lkw eine technisch umsetzbare Option. Insgesamt muss die Umstellung bei den Neuzulassungen mit Blick auf die Nutzungsdauer der Fahrzeuge bis spätestens Mitte der 2030er-Jahre abgeschlossen sein.

Die Nutzung synthetischer Kraftstoffe sowie begrenzter Mengen nachhaltiger Biokraftstoffe sollte somit möglichst auf jene Einsatzbereiche beschränkt bleiben, in denen eine direkte Elektrifizierung technisch oder ökonomisch nicht realisierbar ist. Dies betrifft weite Teile des Luft- und Seeverkehrs, die nach derzeitigem Stand nicht direkt elektrifizierbar sind, da Kraftstoffe im Vergleich zu Batterien eine höhere Energiedichte aufweisen. Auch mit Blick auf die zu schaffenden Infrastrukturen sollten diejenigen Technologien gefördert werden, die langfristig die Einhaltung der Klimaziele gewährleisten. So wird verhindert, dass die Infrastruktur mehrfach – unter hohen Kosten – angepasst oder parallel betrieben werden muss.

Folgt: Empfehlungen des SRU für die neue Legislaturperiode