„Diesem Anfang wohnt kein Zauber inne“

BUND: „GroKo verschleppt dringend notwendige sozial-ökologische Wende“

Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) stellte fest, der Bürgerwunsch nach Klimaschutz und gesunden Lebensmitteln werde missachtet. „In zu vielen Politikbereichen siegt bei Union und SPD der kleinste gemeinsame Nenner. Die Chance auf eine sozial-ökologische Wende wird wieder einmal vertan. Einige wenige gute Ansätze können nicht darüber hinwegtäuschen, dass beim Klima, dem Verkehr und der Landwirtschaft weiterhin die Interessen einzelner Industriezweige wie der Kohle-, Auto- und der Agrarlobby Vorrang vor Menschen und Umwelt erhalten. Die GroKo setzt sich zwar die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung als Maßstab, flankiert diese aber nicht wirksam. So bleibt Nachhaltigkeit nur eine Worthülse. Eine GroKo werden wir daran messen, ob sie unverzüglich nach der Regierungsbildung mit effektiven Sofortmaßnahmen bei dringlichen Themen wie Klimawandel, Dieselskandal, Artensterben und Glyphosat-Ausstieg nachsteuert.“

Dramatisch sei, dass der Koalitionsvertrag auf konkrete Maßnahmen verzichte, mit der das Klimaziel 2020 noch erreicht werden könne. „Mit dem Beschluss, das Klimaziel für 2020 aufzuschieben, wird ein wesentliches Wahlversprechen ignoriert, für das es eine große Mehrheit in der Bevölkerung gibt. Hier sind die GroKo-Verhandler vor der Kohlelobby eingeknickt. Mit Blick auf Dieselskandal und Verkehrswende sagte Weiger: „Statt den Schutz von Umwelt und Gesundheit zu garantieren, wird weiterhin die Automobilindustrie protegiert und aus der Verantwortung entlassen.“ Zwar finde sich im Koalitionsvertrag der Beschluss, Fahrverbote in Städten zu vermeiden, die hierfür notwendigen Maßnahmen wie die Einführung einer Blauen Plakette und einer verpflichtende Hardware-Nachrüstung auf Kosten der Autohersteller blieben jedoch aus.

DUH: „Rechte von Verbänden sollen begrenzt und Bürgerbeteiligung zurückgedreht werden“

Die Deutsche Umwelthilfe analysierte den Koalitionsvertrag auf seine Wirkung für Umwelt und Klimaschutz mit dem Fazit: Die Koalitionspartner zementieren den umweltpolitischen Stillstand, „saubere Luft“ und Klimaschutz im Verkehrsbereich würden einer weiteren Förderung von Dieselfahrzeugen geopfert, die Große Koalition knicke vor den Interessen der Müll-Lobby ein und verzichte auf Abfallvermeidung. Insgesamt nahm „die DUH mit großer Besorgnis zur Kenntnis, dass die in den letzten Legislaturperioden bereits nur noch im Schneckentempo verlaufende Umwelt- und Verbraucherschutzpolitik unter der neuen Koalition droht, endgültig zum Stillstand zu kommen. Nachdem das Klimaschutzziel 2020 offiziell begraben wurde, wird auch das Ziel für 2030 mit den vorgesehenen Maßnahmen nicht zu erreichen sein“.

Als einen „Offenbarungseid“ sieht die DUH in einer Medienmitteilung das komplette Fehlen ordnungsrechtlicher Vorschriften im Verkehrsbereich, um die Automobilindustrie zum Verkauf von spritsparenden und im realen Leben sauberen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren zu bewegen. „Der gesamte Koalitionsvertrag ist vom mangelhaftem Anspruchsniveau im Bereich Umwelt- und Verbraucherschutz gekennzeichnet“, resümierte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Das gesamte Papier basiert auf Prüfaufträgen und Finanzierungsvorbehalten, mit denen die notwendigen Entscheidungen zum Klima-, Ressourcen- und Naturschutz auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden“, so Müller-Kraenner weiter. „Der Umweltpolitik in Deutschland drohen vier weitere bleierne Jahre.“ CDU, CSU und SPD scheiterten in ihrem Verhandlungsmarathon daran, sich auf konkrete Maßnahmen für den Klimaschutz, wie den Kohleausstieg, mehr Gebäudeeffizienz und CO2-Einsparung im Verkehrssektor zu einigen. Stattdessen wird die Verantwortung auf Kommissionen ausgelagert.

Germanwatch: „Koalitionsvertrag darf sich nicht als ungedeckter Scheck entpuppen“

„CDU, CSU und SPD erheben die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung und die Pariser Klimaziele zum Leitprinzip des Regierungshandelns – aber sie versäumen die Chance, die Ernsthaftigkeit mit klaren Rahmensetzungen zu untermauern, da zentrale Umsetzungsmaßnahmen erst nächstes Jahr beschlossen werden sollen.“ Dieses zwiespältige Fazit zieht Germanwatch zu den Klima-, Menschenrechts-, Agrar- und Entwicklungsthemen im Koalitionsvertrag. „Gerade haben die Koalitionspartner eingeräumt, dass die Klimaziele für 2020 nicht rechtzeitig erreicht werden. Da verkünden sie die nächsten Ziele und lassen bewusst die Frage offen, ob der Scheck diesmal gedeckt ist. Das ist ein riskantes Spiel mit der eigenen Glaubwürdigkeit“, sagte Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.

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