„Zurück in die Zukunft der Energie“

Energiewende als sozio-technische Aufgabe

In den kommenden Jahrzehnten muss die Menschheit ihre Energieversorgung demnach mindestens ebenso tiefgreifend umkrempeln, wie das bereits in der Vergangenheit mehrfach der Fall war. In der Moderne sind Wohlstand, Freiheit und Fortschritt fast automatisch mit einem hohen individuellen Energieverbrauch verbunden. Immer mehr Menschen möchten an den damit verbundenen Errungenschaften teilhaben. Dieses nachvollziehbare Streben muss genauso, wie der Anspruch der Industrienationen, weiterhin die Annehmlichkeiten der modernen Kultur zu genießen, mit den gravierenden Nachteilen versöhnt werden. Die Industrienationen müssen dabei eine Vorreiterrolle einnehmen, damit der Klimawandel noch auf ein verträgliches Maß begrenzt werden kann.

Wie der technische und gesellschaftliche Wandel, der mit einer globalen Energiewende verbunden ist, gelingen kann und welchen Beitrag die Kombination von Erkenntnissen aus den Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften dazu leisten können, erläutert der nature Outlook „Energy transitions“ (s.u.). In dieser Sonderveröffentlichung, die nature mit Unterstützung der Max-Planck-Gesellschaft erstellt hat, erscheint auch das White Paper von Jürgen Renn und Robert Schlögl. Sie beleuchtet in zahlreichen redaktionellen Beiträgen verschiedene Aspekte der Energiewende: von historischen Umwälzungen der Energieversorgung über lokale Initiativen Energie, alleine aus regenerativen Quellen zu gewinnen, bis hin zur Frage nach der globalen Gerechtigkeit im Energieverbrauch. Denn den Energiebedarf der Menschheit künftig klimaverträglich zu decken, ist nicht nur eine Frage von effektiven Energiewandlern wie etwa Solar- und Brennstoffzellen oder von leistungsfähigen und kostengünstigen Energiespeichern. Die Energiewende kann nur gelingen, wenn bei der Nutzung von Energie in allen Teilen der Gesellschaft ein Umdenken einsetzt und der damit verbundene sozioökonomische Wandel aktiv gestaltet wird. (PH)

[note nature outlook: Energiewenden
Auf globaler Ebene ist die Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen mehr als nur eine technologische Herausforderung. Die Wende weg von den fossilen Brennstoffen ist in vollem Gange. Jedes Jahr steigt die Menge an Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonne, Wind und Biomasse. Die Veränderung, woher wir unsere Energie beziehen, hat zahlreiche Implikationen für die Gesellschaft, die sich auf die Beschäftigungsmöglichkeiten, die Infrastruktur und die Qualität unserer Luft- und Wasserressourcen auswirken. Aber dies ist nicht die erste Energiewende der Menschheit – die Gesellschaft hat immer wieder tiefgreifende Veränderungen erfahren, wenn neue Energiequellen beherrschend wurden. Die treibenden Kräfte hinter unserem gegenwärtigen Energiewandel sind vielfältig. Obwohl viele Menschen die kohlenstoffarme Energie als Mittel zur Eindämmung des Klimawandels betrachten, ändern sich Einzelpersonen und Gemeinschaften häufig aus wirtschaftlichen Gründen und aus Gründen der Selbstbestimmung. Manche Menschen – zum Beispiel solche, die keinen Anschluss an das Stromnetz haben – sehen kaum eine andere Möglichkeit als Erneuerbare Energien. Und es gibt wirtschaftliche Vorteile: Es ist wahrscheinlich, dass wir die tatsächlichen Kosten für fossile Brennstoffe stark unterschätzt haben. Wird die jüngste Energiewende ein Erfolg? Das könnte davon abhängen, ob Ökostrom für die wachsende wissensbasierte Wirtschaft unentbehrlich wird. Auch die Ungleichheiten bei der Energienutzung zwischen den wohlhabendsten und den ärmsten Mitgliedern der Weltgemeinschaft müssen angegangen und schwierige Entscheidungen über die Platzierung von Kraftwerken getroffen werden. Die aktuelle Energiewende sollte nicht nur durch eine einzige Linse betrachtet werden. Sie ist nicht nur eine Frage der Technologie oder der Verfügbarkeit von Ressourcen. Es geht um Geschichte, Demokratie, Wirtschaft und Gesellschaft. (Michelle Grayson)]

->Quellen: