130 Jahre Urania – 130 Jahre Wissenschaft für alle – Festakt

Der Festakt – „Wir irren uns empor“

Zu Beginn des Festakts am 05.03.2018 zählte der scheidende Bleyer in seiner Begrüßung berühmte Namen auf, die alle in seinen 23 Jahren an der Spitze der Urania in „seinem“ Haus aufgetreten waren: Hans-Dietrich Genscher und Michail Gorbatschow, Eberhard Diepgen und Alexander Gerst, der letzte Urania-Medaillen-Träger, schließlich, ganz früh, Ilja Richter. Aber auch Klaus Töpfer, Richard von Weizsäcker und Hans-Jochen Vogel, Claudia Kemfert und Gesine Schwan.

Die Urania-Vorstandsvorsitzende Gabriele Thöne, Staatssekretärin a. D., zitierte eine von Stephen Hawkins erzählte und von ihm Bertrand Russell zugeschriebene Geschichte, der in einem öffentlichen Vortrag über Astronomie schilderte, wie die Erde um die Sonne und die Sonne ihrerseits um den Mittelpunkt einer riesigen Ansammlung von Sternen kreist, die wir unsere Galaxis nennen. Als der Vortrag beendet war, stand hinten im Saal eine kleine alte Dame auf und erklärte: „Was Sie uns da erzählt haben, stimmt alles nicht. In Wirklichkeit ist die Welt eine flache Scheibe, die von einer Riesenschildkröte auf dem Rücken getragen wird.“ Mit einem überlegenen Lächeln hielt der Wissenschaftler ihr entgegen: „Und worauf steht die Schildkröte?“ – „Sehr schlau, junger Mann“, parierte die alte Dame. „Ich werd’s Ihnen sagen: Da stehen lauter Schildkröten aufeinander.“

Thöne spielte damit auf das Motto des Jubiläumsabends an: „Nichts als die Wahrheit…“ Um diese sei es in 130 Jahren Urania stets gegangen, angefangen bei Alexander von Humboldt, von dem der Impuls zur Gründung der Urania ausging. In seinen „Kosmos-Vorlesungen“ hat Humboldt ein umfassendes Bild der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse seiner Zeit gegeben. „Ideen können nur nutzen, wenn sie in vielen Köpfen lebendig werden“, sagte Thöne, und „an der Stufe zum Anthropozän müssen wir beim Thema Wahrheit als ein Menschenrecht jeden mitnehmen – und die Urania begleitet das – sie fordert Wissenschaft und Engagement“. Dabei gelte der Spruch Marcel Reich-Ranickis, dass Unverständlichkeit kein Nachweis für die Tiefe eines Gedankens sei. Entsprechend dürfe die Wissenschaft nicht die „Tugend der Demut“ verlieren.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller erinnerte daran, dass Berlin kurz nach der Gründerzeit der Urania ein Vier-Millionen-Stadt war, „eine internationale Stadt“, und, dass vieles vom damaligen Flair, vom weltweiten Ruf in Kunst und Wissenschaft verloren gegangen sei. „Aber daran knüpfen wir jetzt wieder an. In 7 bis 8 Jahren wird Berlin wieder die vier Millionen erreichen.“ Der Auftrag der Urania sei daher aktueller denn je, „die Veränderungsprozesse um uns herum wie Globalisierung und Digitalisierung glaubhaft zu erklären – auf einer eigenen Basis – wo eben Forschung und Wissenschaft vielfach diffamiert werden, in den sogenannten sozialen Netzen.“ Dafür stehe die Urania in Berlin. Müller schloss mit einem Lob für Bleyer, der in 23 Jahren mehr als 23.000 Veranstaltungen durchgeführt und damit der Stadt eine „unendliche Bereicherung gegeben“ habe.

Folgt: Harald Lesch über Wahrheit