130 Jahre Urania – 130 Jahre Wissenschaft für alle – Festakt

Wahrheit hängt mit dem Guten und Schönen zusammen

Und Lesch feuerte eine Salve rhetorischer Fragen ab: „Wie soll Deutschland, wie Europa aussehen? Wenn aus allem nur noch Quartalsberichte gemacht werden, wenn aus allem nur noch Zahlen gemacht werden und keine Qualität mehr darin? Die Wahrheit ist keine Sache, die man in Zahlen und Kolonnen in irgendwelchen Diagrammen hinschreiben kann. Die Wahrheit ist eine hohe Qualität. Die Wahrheit hängt mit dem Guten und Schönen zusammen. Was ist ein wahres, gutes und schönes Leben? Was macht uns glücklich? Woran können wir glauben? Und welche Art von Leben wollen wir überhaupt führen? Wollen wir immer so weitermachen wie bisher? Sicher nicht!“

Urania-Preisträger auf der Bühne – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Es werde sich etwas ändern. Und für diese Themen, nämlich zur Orientierung in Zeiten der Komplexität und des Komplizierten, und weil Prognostizierbarkeit in komplexen Systemen nicht möglich sei (denn die Forderung, dass eine empirische These an der Erfahrung scheitern können müsse, sei für komplexe Systeme kaum haltbar), brauche es solche Plätze wie die Urania, wo komplexe Zusammenhänge auseinander genommen würden und man schaue, wie weit könne man gehen, wie weit elementarisieren, wohin führe uns der Weg der Wissenschaften, die bisher offenbar sehr erfolgreich gewesen seien, die uns ihrerseits aber in ihrer Janusköpfigkeit vor große Herausforderungen stellen würden. „Dafür ist die Urania in den letzten 23 Jahren ein herausragender Platz gewesen, zu zeigen, was ist der Fall, und mit der Gesellschaft darüber zu reden, was machen wir? So ist das hier eigentlich ein Gerichtssaal, wo diejenigen, die den Vortrag halten, am Anfang immer sagen – ohne es auszusprechen: „Die Wahrheit – und nichts als die Wahrheit“.

Schließlich verursachte Lesch Standing Ovations für Bleyer, als er diesen vor Überreichung der Urania-Medaille dafür lobte, „dass er sich über alles Fachliche hinaus verdient gemacht habe dadurch, dass er einen Platz und Zeit für die Darstellung der wissenschaftlichen Forschung“, dass er aus der Urania ein „Schwerkraftzentrum der Aufklärung“ gemacht habe – durch sein „Engagement für das Schöne Gute und Wahre“. Bleyer überreichte in seinen 23 Jahren die Urania-Medaille Männern wie Hans-Dietrich Genscher – und erhielt sie nun selbst, nicht wegen der langen Dienstzeit, sondern weil er die Urania weitergebracht habe, wie Lesch, selbst 2012 mit der Medaille ausgezeichnet, hervorhob. Lesch rühmte Bleyer als „unaufgeregten Idealisten“, der dem Fach, der Sache, dem Menschen verpflichtet sei.

Die Urania-Medaille war nicht der einzige Preis, der überreicht wurde: Bleyer hatte 40 kleine Urania-Statuen anfertigen lassen, vergab sie nun seinerseits an alle, die sich in seinen Augen um sein Haus verdient gemacht hatten – darunter die Max-Planck-Direktoren Jürgen Renn und Robert Schlögl. (Foto rechts – © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify)

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