Deutschland blockiert neue Eigenerzeuger-Rechte in EU

Bürgerenergie muss Druck auf Bundesregierung erhöhen

In den aktuellen EU-Verhandlungen über die europäische Erneuerbaren-Energien-Richtlinie verweigert sich die Bundesregierung weiterhin den Plänen, mehr Rechte für kleine Eigenerzeuger von Solarstrom – so genannte „Prosumer“ – zu schaffen. EU-Parlament und Kommission befürworten diese Rechte und wollen zudem finanzielle Hürden für den Handel mit dezentralem Bürgerstrom abbauen. Die Bundesregierung bestätigt ihre unveränderte Haltung in ihrer am 27.03.2018 veröffentlichten Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Julia Verlinden (Grüne).

PV-Dach-Anlage am Berliner Ostkreuz – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Verlinden dazu: „Die Bundesregierung will der Bürgerenergie weiter Steine in den Weg rollen. Das ist ein Schlag ins Gesicht für die vielen engagierten Bürgerinnen und Bürger, ohne die die Energiewende in Deutschland im Stromsektor niemals so erfolgreich gewesen wäre. Wir Grüne werden zusammen mit allen Bürgerenergie-Engagierten weiter dafür kämpfen, dass die Bundesregierung ihre Blockadehaltung gegen die Energiewende von unten in Brüssel endlich aufgibt – auch in Brüssel! Die Ausrede der Bundesregierung hinkt: Wenn es ihr wirklich wichtig wäre, die Kosten des Stromsystems ‚gerecht‘ zu verteilen, dann würde sie z.B. die Industrierabatte der energieintensiven Industrie deutlich reduzieren und nicht mehr von den privaten Haushaltskunden oder den kleinen und mittleren Unternehmen quersubventionieren lassen. Hier sieht man mal wieder, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Von einer tatsächlich verursachergerechten Verteilung der Kosten des Energiesystems sind wir weit entfernt, solange CO2 so ‚billig‘ ist und die durch die Klimakatastrophe entstehenden Kosten auf die zukünftigen Generationen abgewälzt werden.“

Das Bündnis Bürgerenergie startete deshalb am 28.03.2018 eine Petition gegen diese Blockade Deutschlands. Es kommentiert Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation bei Greenpeace Energy und Aufsichtsratsmitglied beim Bündnis Bürgerenergie e.V.:

„Deutschland schaltet beim Bürgerstrom weiter auf stur. Dabei gibt es in Europa einen breiten Konsens dafür, dass Menschen, die Strom vom eigenen Dach ernten, diesen künftig auch ohne Hürden handeln können. Der Bremsklotz heißt Peter Altmaier. Das Bundeswirtschaftsministerium verweist auf drohende Mehrkosten, wenn Eigenerzeuger ihren Sonnenstrom künftig direkt an Nachbarn statt ans EEG-System verkaufen. Studien zeigen hingegen, dass durch stärkere Prosumerrechte die Kosten für EEG und Netze sogar sinken können und die Energiewende damit so richtig in Europas Städte getragen wird. Und Deutschland? Will engagierte Eigenerzeuger wie bisher zur Kasse bitten und ihnen finanzielle Hürden in den Weg legen. Kein Wunder, denn es geht der Bundesregierung wohl eher um knallharte Lobbyinteressen von Konzernen der alten Energiewirtschaft, die den Wettbewerb mit Solarbürgern fürchten. Deutschland muss seine unzeitgemäße Blockade endlich aufgeben, wenn es die Energiewende in Deutschland und Europa wirklich voranbringen will. Es ist deshalb dringend geboten, dass die Bürgerenergieszene mit ihrer heute gestarteten Petition den Druck auf den Bundeswirtschaftsminister erhöht.“

[note Hintergrund: Die geplante Regelung zu den Prosumerrechten ist Teil der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (Art. 21) im EU-Paket „Saubere Energie für alle Europäer“. Dessen Verordnungen und Richtlinien schreiben die legislativen Rahmenbedingungen für den europäischen Energiemarkt der kommenden Jahre fest. Im Rahmen ihrer „Trilog“-Verhandlungen verhandeln Kommission, Parlament und Rat der Europäischen Union derzeit auf Grundlage ihrer jeweiligen Entwürfe einen gemeinsamen Kompromissvorschlag und wollen diesen noch 2018 verabschieden.]

  • Zur am 28.03.2018 vom Bündnis Bürgerenergie gestarteten Online-Petition: https://bit.ly/2E1cxuX.
  • Die Antwort der Bundesregierung auf die schriftliche Frage der Grünen-Abgeordneten Julia Verlinden: https://bit.ly/2GDqRzv.
  • Das 2017 veröffentliche „Impulspapier Bürgerstromhandel“ des Berliner Analyseinstituts Energy Brainpool zeigt, wie Privatpersonen Verkäufer erneuerbar erzeugten Stroms werden können: https://bit.ly/2C5tYLf.
  • Eine internationale Studie im Auftrag von Greenpeace und weiteren Akteuren zeigt zudem die Potenziale, die Prosumenten in der EU hätten, wenn man sie künftig von regulatorischen Hürden befreien würde: https://bit.ly/2p2bMMq.

->Quelle: