Streit um „Umwälzpumpe“

Nordatlantik: Studie stellt bisherige Klima-Lehrmeinung zur Nordatlantik-Strömung auf den Kopf

Eine neue Studie über die nordatlantische Umwälzströmung widerspricht diametral den gängigen Theorien der Klimawirkung dieser sogenannten Strömungspumpe. Der neuen Untersuchung zufolge ist nicht der Klimawandel verantwortlich für die Abschwächung der Umwälzpumpe, sondern – im Gegenteil – die Umwälzpumpe befeuere vielmehr iherseits die aktuelle Klimaerwärmung, wie die Forscher am 18.07.2018 im Fachmagazin nature berichteten. Dem wiederum widersprechen allerdings einige renommierte Klimaforscher heftig.

– Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Nordatlantik: Studie stellt bisherige Klima-Lehrmeinung zur Nordatlantik-Strömung auf den Kopf

Eine neue Studie über die nordatlantische Umwälzströmung widerspricht diametral den gängigen Theorien der Klimawirkung dieser sogenannten Strömungspumpe. Der neuen Untersuchung zufolge ist nicht der Klimawandel verantwortlich für die Abschwächung der Umwälzpumpe, sondern – im Gegenteil – die Umwälzpumpe befeuere vielmehr iherseits die aktuelle Klimaerwärmung, wie die Forscher am 18.07.2018 im Fachmagazin nature berichteten. Dem wiederum widersprechen allerdings einige renommierte Klimaforscher heftig.

„Die Zirkulation im Atlantischen Ozean bricht nicht zusammen – aber während sie den Gang wechselt, wird sich die globale Erwärmung wieder beschleunigen“, überschreibt Hannah Hickey ihren Beitrag darüber in den UW News, der aktuellen Internetseite der University of Washington in Seattle. Und weiter: „Ein riesiges Zirkulationsmuster im Atlantik spielte eine Hauptrolle im Film „The Day After Tomorrow“ von 2004. In dieser fiktiven Geschichte hört die ozeanische Strömung plötzlich auf und New York City friert ein.“

Trotz unrealistischer Aspekte im Film machten sich Ozeanographen Sorgen über die langfristige Stabilität der Zirkulations-Strömungen des Atlantiks. Frühere Studien belegten aber, dass sie sich in den letzten zehn Jahren dramatisch verlangsamt habe. Neue Forschungen der University of Washington und der Ocean University of China hätten ergeben, dass die Verlangsamung nicht durch die globale Erwärmung verursacht werde, sondern Teil eines regelmäßigen, jahrzehntelangen Zyklus sei, der die Temperaturen in den kommenden Jahrzehnten beeinflussen werde.

„Klimaforscher denken, dass die atlantische Umwälzung unter der globalen Erwärmung langfristig zurückgehen wird, aber wir haben erst seit April 2004 direkte Messungen. Und der seitdem gemessene Rückgang ist zehnmal größer als erwartet“, sagte Leitautor Ka-Kit Tung, UW-Professor für angewandte Mathematik und Atmosphären-Wissenschaften. „Viele haben sich darauf konzentriert, dass sie sehr schnell abnimmt und dass sie, wenn sich der Trend fortsetzt, einen Wendepunkt überschreitet und eine Katastrophe wie eine Eiszeit mit sich bringt. Es stellt sich heraus, dass nichts davon in naher Zukunft passieren wird. Die schnelle Reaktion kann Teil eines natürlichen Zyklus sein, und es gibt Anzeichen dafür, dass der Rückgang bereits beendet ist.“

Die Ergebnisse haben Auswirkungen auf die Oberflächenerwärmung: Denn die Geschwindigkeit der Strömung bestimmt, wie viel Oberflächenwärme in den tieferen Ozean geleitet wird, eine schnellere Zirkulation würde mehr Wärme in den tiefen Atlantik übertragen. Wenn sich der Strom verlangsamt, dann wird er weniger Wärme speichern, und die Erderwärmung wird wahrscheinlich schneller als die Lufttemperaturen seit 2000 ansteigen.

„Globale Klimamodelle können vorhersagen, was langfristig passieren wird, wenn Kohlendioxid um einen bestimmten Betrag zunimmt, aber es fehlt ihnen derzeit die Fähigkeit, die Erwärmung der Oberfläche in den nächsten Jahrzehnten vorherzusagen, was ein Wissen darüber erfordert, wie viel der durch die Treibhausgase verursachten Wärme von den Ozeanen absorbiert wird“, sagte Tung.

Die  atlantische Umwälzbewegung (Atlantic Meridional Overturning Circulation , AMOC) ist wie ein Förderband, das Oberflächenwasser nach Norden in den Atlantik bringt; von dort sinkt das schwerere Salzwasser ab und fließt in den Tiefen vor Labrador und der Nordsee, nahe dem Nordpol, bis in den Südatlantik zurück. Die meisten Menschen interessieren sich dafür, was an der Oberfläche passiert – der Golfstrom und die damit verbundenen atlantischen Strömungen bringen wärmeres Wasser nach Norden und bringen milde Temperaturen nach Westeuropa. Aber die neue Untersuchung argumentiert, dass der wichtigste Schritt aus klimatischer Sicht das ist, was dann passiert: Im Nordatlantik sinkt das salzigere Wasser aus den Tropen fast 1.500 Meter tief. Dabei transportiert es die Wärme von der Oberfläche weg.

Veränderungen in der Stärke der AMOC beeinflussen, wie viel Wärme unsere Atmosphäre verlässt. Die neue Studie verwendet eine Kombination aus Daten von Argo-Sonden, schiffsbasierten Temperaturmessungen, Gezeitenaufzeichnungen, Satellitenbildern der Meeresoberfläche, die Abweichungen von warmem Wasser zeigen können, und der jüngsten High-Tech-Verfolgung der AMOC selbst, um darauf hinzuweisen, dass ihre Stärke als Teil eines etwa 60 bis 70jährigen, selbstverstärkenden Zyklus schwankt.

Wenn also die Strömung schneller sei, fließe mehr warmes, salzigen tropisches Wasser in den Nordatlantik. Dann schmelzen mehr Gletscher, und schließlich macht das Süßwasser das Oberflächenwasser leichter und sinkt wahrscheinlich langsamer, was die Strömung bremst. In einer langsamen Phase der AMOC wird der Nordatlantik kühler, die Eisschmelze verlangsamt sich, und schließlich trocknet die Süßwasserschmelze aus und das schwerere Salzwasser kann wieder absinken, was den gesamten Kreislauf wieder beschleunigt. Die neue Studie argumentiert, dass der Strom nicht zusammenbricht, sondern nur von seiner schnellen in seine langsamere Phase übergeht – und dass das Auswirkungen auf die Erwärmung an der Oberfläche hat.

 

Von 1975 bis 1998 befand sich die AMOC in einer langsamen Phase. Als sich die Treibhausgase in der Atmosphäre ansammelten, erlebte die Erde eine deutliche Erwärmung an der Oberfläche. Seit etwa 2000 bis heute befindet sich die AMOC in ihrer schnelleren Phase, und die zunehmende Hitzeeinwirkung im Nordatlantik hat der Erdoberfläche überschüssige Wärme entzogen und tief im Ozean gespeichert. „Wir haben ungefähr einen Zyklus von Beobachtungen in der Tiefe, also wissen wir nicht, ob es periodisch ist, aber aufgrund der Oberflächenphänomene denken wir, dass es sehr wahrscheinlich periodisch ist“, sagte Tung.

Das neue Papier unterstützt die bisherigen Untersuchungen der Autoren, die zeigen, dass sich seit 2000, während dessen Beobachtungen eine Verlangsamung der Oberflächenerwärmung zeigen, Wärme tief im Atlantik angesammelt hat. Die neue Studie zeigt, dass dies derselbe Zeitraum ist, in dem sich die atlantische Umwälzung in ihrer schnellen Phase befand. Neuere Messungen der Dichte in der Labradorsee deuteten darauf hin, dass sich der Zyklus zu verschieben beginne, so Tung. Das bedeute, dass die AMOC in den kommenden Jahren nicht mehr die von den Treibhausgasen verursachte Wärme weit in den Nordatlantik leiten wird.

„Die gute Nachricht ist, dass die Indikatoren zeigen, dass diese Verlangsamung der atlantischen Umwälzung beendet ist, und deshalb sollten wir nicht beunruhigt sein, dass diese Strömung bald zusammenbrechen wird“, sagte Tung. „Die schlechte Nachricht ist, dass die Oberflächentemperaturen in den nächsten Jahrzehnten schneller ansteigen werden.“

„Nicht nachvollziehbar“

Das sehen andere Klimaforscher allerdings nicht so. Die Annahmen der beiden Forscher Xianyao Chen von der Ocean University of China (Foto) und  Ka-Kit Tung findet Stefan Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) nicht nachvollziehbar – so das Portal scinexx. „Modellsimulationen lassen eine Überlagerung von natürlichen Schwankungen der AMOC und einen allmählichen klimatischen Abschwächungstrend der AMOC infolge der globalen Erwärmung erwarten“, sagt Rahmstorf. „Beobachtungsdaten zeigen dies auch für die Entwicklung seit Beginn des 20. Jahrhunderts.“ Als Mechanismus behaupten die Autoren, die Konvektion würde in Zeiten einer starken AMOC-Wärme nach unten in tiefere Wasserschichten bringen, weshalb die Oberfläche sich dann weniger erwärme“, sagt Rahmstorf.

Ähnlich sieht es Johann Jungclaus vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg: „Die Autoren beschreiben viele Koinzidenzen und stellen kausale Zusammenhänge her, ohne diese wirklich nachweisen zu können. Die Argumentation wäre nachvollziehbar, wenn die AMOC tatsächlich hauptsächlich dafür verantwortlich wäre, mehr oder weniger Wärme im Ozean zu ‚verstecken‘. Der Nachweis scheint mir aber nicht gegeben“.

„Für mich ist die Methodik der Studie fragwürdig“, kommentiert Mojib Latif, vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. „Insgesamt halte ich die aktuelle Studie von Chen et al. für provokativ, aber auch für sehr spekulativ,“ so der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Klimakonsortiums. Hinzu kommt, dass es die vermeintliche „Klimawandel-Pause“ nach neuesten Erkenntnissen nicht gegeben hat (siehe solarify.eu/widerlegung-der-ipcc-klimapause-bestaetigt), sie war nur eine Folge geänderter Messmethoden.

->Quellen: