Organisierte Gefahrenabwehr gegen Stromausfälle, Hacker und Wassermangel

Bundesverband für den Schutz Kritischer Infrastrukturen e. V. gegründet

Sogenannte kritische Infrastrukturen sollen künftig dank einer zentralen Anlaufstelle besser geschützt werden – nicht nur vor Bedrohungen der Energieversorgung durch Hackerangriffe, sondern auch vor Gefahren, wie sie derzeit von der Rekord-Trockenheit ausgehen. Der Dürre-Sommer 2018 sei Anlass genug, die Notversorgung mit Wasser wieder zu üben, so der soeben gegründete „Bundesverband für den Schutz Kritischer Infrastrukturen“ (BSKI), der am 23.08.2018 mit einer Pressekonferenz in Berlin seine Arbeit aufnahm. Denn das Wissen darüber sei fast verloren gegangen.

Kritische Infrastrukturen (kurz KRITIS), wie z.B. kommunale Energieversorger oder Wasserwerke, würden durch die Digitalisierung immer häufiger und weiterreichend miteinander vernetzt und hängen voneinander ab, was zu vielen neuartigen Risiken und Kaskadeneffekten führen könne. BSKI-Vorstandsvorsitzender Holger Berens: „KRITIS begleitet uns zwar gesamtgesellschaftlich seit Ende 2009 in der Forschungs- und politischen Diskussionsarbeit, jedoch wird auf Fachtagungen und auf politischer Ebene derzeit fast ausschließlich das Themenfeld IT-Sicherheit beleuchtet, anstatt alle Einfallstore und KRITIS-Risikofaktoren zu berücksichtigen“. Es werde jedoch immer deutlicher, dass es bei der Debatte um KRITIS nicht nur um Gefahren aus dem Internet gehe. Daher müsse ein ganzes Netz von Gefahrenquellen beleuchtet werden.

Der BSKI nimmt sich deshalb aller neuen Bereiche der Kritischen Infrastrukturen und Vernetzungseffekte an. Welche Gefahrenlagen etwa aus einem sehr trockenen Jahr und einem Hochsommer wie 2018 erwüchsen, zeigten die vielen Waldbrände und die sinkenden Flusspegelstände. Wasser als wichtiges Lebensgut und -ader unserer Gesellschaft müsse in Zukunft wieder stärker in das Bewusstsein der Gesellschaft integriert werden, da sowohl die Wasserversorgung als auch die Abwassersysteme unverzichtbare Kritische Infrastrukturen seien.

Katastrophen-Experte Hans-Walter Borries vom  BSKI: „Es gilt jetzt, die Schutzkonzepte für Krisenstäbe von Unternehmen und öffentlicher Hand für eine geordnete Trinkwasserabgabe mit Notbrunnen zu entwickeln und einzuüben, dabei die gesetzlichen Regelungen im Einklang mit heutigen Bürgerwünschen anzupassen, damit die Notwendigkeit von Verboten, wie z. B. für Gartensprengen oder Autowaschen, verstanden und akzeptiert werden. Weitere gute Beispiele aus dem Bereich Energiesicherheit sind die Stromausfälle in Lübeck (130.000 Einwohner) und des Flughafens Hamburg vor wenigen Wochen. Der Ausfall des Digitalfunks der Polizei und der Feuerwehr hat die Gefahrensituation noch vertiefender aufgezeigt.“ Tatsächlich hätten die Behörden in Sachen Wasser bisher nur Deichbrüche oder Sturmfluten im Blick. Wenn aber nach einem so trockenen Sommer noch ein regenarmer Winter und ein trockener Frühling komme, seien die Talsperren leer. „Die Folgen eines langanhaltenden Ausfalls der Wasserversorgung sind nicht umfassend untersucht,“ so Borries.

Es gebe  je 20.000 Einwohner zwar überall Trinkwassernotbrunnen, deren Zustand aber überprüft und deren Aktivierung geübt werden müsse. Auch müsse man die Verteilung an die Menschen organisieren, vor allem in Ballungsgebieten. Krankenhäuser bräuchten Klarheit, woher sie im Notfall Wasser bekämen. Auch die Feuerwehren müssten auf sichere Reserven zurückgreifen können.

Ein starker Fokus innerhalb der KRITIS-Sektoren liegt auf dem deutschen Stromnetz – „der kritischsten aller Kritischen Infrastrukturen“. Kurt Vetten, Mitinitiator und stellvertretender BSKI-Vorsitzender: „Über die vergangenen Jahrzehnte haben wir uns in Deutschland an Energiesicherheit gewöhnt. Verfügbarkeit von Strom und vor allem gesicherte elektrische Leistung sind für Industrie, Gewerbe, öffentliche Hand und private Haushalte zur Selbstverständlichkeit geworden. Doch durch die Energiewende verändern wir das Energieversorgungssystem fundamental – mit Folgen für dessen Resilienz. Um Versorgungssicherheit und -stabilität bei mehr Dezentralität und Digitalisierung auch weiterhin auf so hohem Niveau zu gewährleiste, bedarf es eines konzertierten Vorgehens aller verantwortlichen Akteure.“

[note „Robustheit“ und „Resilienz“ sogenannter “Kritischer Infrastrukturen (KRITIS)” – Wenn Kritische Infrastrukturen ausfallen oder beeinträchtigt werden, führt das zu schwerwiegenden Versorgungsengpässen, erheblichen Störungen der öffentlichen Sicherheit oder hat andere drastische Folgen. Das Energiesystem ist eine solche Kritische Infrastruktur. Bedeutende Eigenschaften einer Kritischen Infrastruktur sind daher Robustheit und Resilienz. “Robust” ist ein technisches System dann, wenn es erwartbare Störereignisse ohne wesentliche Beeinträchtigung seiner Funktionsfähigkeit bewältige. “Resilienz” geht über Robustheit  hinaus und ist die beste Versicherung bei überraschend eintreffenden Belastungen mit potenziell großem Schaden, die sich schlecht quantifizieren und kaum prognostizieren lassen (siehe auch: energiesysteme-zukunft.de). Ein resilientes System wird von Störungen nur wenig beeinträchtigt und steht schnell wieder zur Verfügung. Die beiden Eigenschaften hat das deutsche Stromsystem immer wieder bewiesen. Gemessen am SAIDI-Index, dem wichtigsten Zuverlässigkeit-Indikator, ist die deutsche Stromversorgung eine der zuverlässigsten der Welt. (nach solarify.eu/it-risiken-klug-begegnen)]

Der BSKI ist nach eigenen Angaben „die zentrale Anlaufstelle für Entscheider aus Kritischen Infrastrukturen, um ganzheitliche Schutzkonzepte zu etablieren“.  Seine Aufgabe sei, „Sicherheitsrisiken für kritische Infrastrukturen und deren Zulieferer frühzeitig zu erkennen und durch gezielte Konzepte für Prävention, Reaktion und Postvention zu reduzieren. Dabei werden allerhöchste Schutzziele (technisch, organisatorisch, persönlich) für kritische Infrastrukturen verfolgt“. BSKI-Finanzvorstand Stefan Röder will neben der Anregung von Forschungsprojekten „den intensiven Dialog mit Wissenschaft und Politik forcieren. Durch gezielte Schulungsprogramme, Publikationen und Veranstaltungen werden die Mitglieder für mögliche Risiken in ihren Infrastrukturen sensibilisiert. Durch die Zusammenarbeit mit führenden Branchenexperten und zuständigen Behörden kann der BSKI kritische Infrastrukturen jeder Größe auch beratend unterstützen“.

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