Stimmen zum IPCC-Sonderbericht 1,5°-Erwärmung

Lob und Kritik

Solarify hat seit dem Erscheinen des  IPCC-Sonderberichts zu 1,5 Grad Erderwärmung am Morgen des 08.10.2018 (siehe solarify.eu/sputet-euch) Reaktionen und kommentierende Stimmen gesammelt. Wie es kaum anders sein könnte, reichen die Stellungnahmen und Meinungsäußerungen von Lob über Kritik an der Politik bis zu scharfer Kritik am IPCC-Bericht und seinen Empfehlungen selbst. Die Reihenfolge ihrer Dokumentation ist willkürlich, bedeutet keine Wertung und wird laufend aktualisiert.

IPCC Special Report – Global Warming of 1,5 Degrees – Titel © IPCC

Greenpeace-Experte Benjamin Stephan: „Waldschutz und Klimaschutz gehören zusammen“

“Nie waren die drastischen Folgen der Erderhitzung in Deutschland so spürbar wie in diesem Dürresommer. Noch können wir verhindern, dass solche Dürren häufiger werden, dass uns stärkere Stürme und zerstörerische Überschwemmungen heimsuchen. Dieser Bericht zeigt, dass es möglich ist, den Temperaturanstieg bei 1,5 Grad zu begrenzen und so die drastischen Folgen einer deutlich heißeren Welt abzuwenden. Die Zeit dazu ist knapp und der politische Auftrag für die Bundesregierung glasklar. Es gibt keine Entschuldigung für ein reiches Industrieland wie Deutschland, seine CO2-Bilanz weiterhin mit alten, schmutzigen Kohlekraftwerken zu ruinieren. Der breite gesellschaftliche Widerstand gegen RWEs Kohlepläne am Hambacher Wald zeigt, dass viele Menschen beim Schutz des Klimas längst weiter sind als die Politik. Weltweit lassen sich Menschen nicht länger vertrösten und fordern von ihren Regierungen wirksame Schritte, um den CO2-Ausstoß schnell und deutlich zu senken. Es ist die Aufgabe der Bundesregierung und der Kohlekommission, den Kohleausstieg jetzt zu starten und bis spätestens 2030 abzuschließen. Auch die Verkehrswende weg vom Öl hin zu sauberen Verkehrsformen darf nicht länger warten. Der Bericht des Weltklimarats entwirft einen Königsweg aus der Klimakrise: Der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas muss einhergehen mit dem Schutz und der Renaturierung von Wäldern, die CO2 aus der Atmosphäre filtern. Waldschutz und Klimaschutz gehören zusammen.” (Greenpeace hat die wichtigsten Erkenntnisse in einem Hintergrundpapier zum IPCC-Sonderbericht zusammengestellt. Informationen zum Sonderbericht sind online auf der IPCC-Webseite.)

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Simone Peter, BEE: „IPCC mahnt Dringlichkeit der erprobten Maßnahmen an“

„Wenn wir die globale Erwärmung in einem für Mensch und Natur verträglichen Bereich halten wollen, müssen wir alles dafür tun, um den Anstieg um 1,5 Grad nicht zu überschreiten. Ein schneller Umstieg von fossilen Energieträgern auf Erneuerbare Energien ist zwingend für effektiven Klimaschutz. Erneuerbare haben alleine im Jahr 2017 179 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente in Deutschland eingespart. Der Kohleausstieg ist überfällig und eine klimafreundliche Energieversorgung auf Basis Erneuerbarer Energien muss in allen Sektoren vorangetrieben werden“, sagt Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), anlässlich des heute vorgestellten IPCC-Sonderberichts 1,5 Grad.

Jedes Zehntelgrad Erhitzung stelle die Erde vor riesige Veränderungen und bedinge gewaltige Anpassungsmaßnahmen. „Vorsorge ist ökonomisch und ökologisch sinnvoller. Denn es gibt bereits eine Vielzahl erprobter und ausgereifter Technologien, die das Klima schützen und die Erderhitzung zumindest begrenzen können.“ Jetzt sei der politische Handlungswille gefordert, um den Ausbau der Erneuerbaren Energien für eine saubere Strom- und Wärmeversorgung sowie eine umweltfreundliche Mobilität zu beschleunigen, und damit sofort Treibhausgase einzusparen.

„Ein CO2-Preis würde ökonomische Anreize setzen, um den notwendigen Kohleausstieg marktwirtschaftlich zu organisieren und auch fossilen Brennstoffen im Wärmebereich einen echten Preis zu geben. Die Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr sowie der Einsatz von mehr Speichern und mehr Flexibilität auf den Märkten befördern zudem ein zukunftsfähiges Energiesystem“, so Peter weiter. „Gerade die Industrienationen tragen eine besondere Verantwortung für einen nachhaltigen und verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen der Erde und für den Klimaschutz. Nur so erhalten wir dauerhaft unsere natürlichen Lebensgrundlagen.“ Erneuerbare Energien seien für die Dekarbonisierung der Energieversorgung und die Vermeidung von CO2-Emissionen ein elementarer Schlüssel. Und sie seien als zuverlässiger Energielieferant Garant für den Erhalt des Wohlstands in den Industrieländern und für die wirtschaftliche Entwicklung von Entwicklungs- und Schwellenländern.

„Deutschland muss in der EU wieder zu einer progressiven Rolle beim Klimaschutz zurückfinden.“ Die Bundesregierung sollte sich in Brüssel für höhere Klimaschutzziele, die das Pariser Klimaschutzabkommen widerspiegeln, ebenso einsetzen wie für europaweite, wirksame Klimaschutzmaßnahmen anstatt diese auszubremsen. Die Europäische Union arbeitet derzeit an ihrer langfristigen Strategie zur Verringerung von Treibhausgasemissionen – Peter: „Sie muss sich am Pariser Klimaschutzabkommen ausrichten“. Der BEE hat für das jüngste Konsultationsverfahren der EU eine umfassende Stellungnahme eingereicht, die Wege für wirksamen Klimaschutz in der Energieversorgung aufzeigt.

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Sven Harmeling, CARE: „1,5 Grad-Grenze erfordert schnellen Wandel in allen Wirtschaftssektoren“

„Es wäre inakzeptabel und liefe auf einen Bruch des Paris-Abkommens hinaus, wenn die Bundesregierung und das Parlament den vom IPCC-Bericht dargelegten Handlungsnotwendigkeiten keine Taten folgen ließe“, mahnt Sven Harmeling, Klimaexperte von CARE. „Bundeskanzlerin Merkel muss die Blockade für höhere EU-Klimaziele vor dem anstehenden Umweltministertreffen umgehend beenden. Zudem muss ein zügiger Kohleausstieg eingeleitet werden. Die Zeit für mehr Klimaschutz und Finanzierung für die Entwicklungsländer ist jetzt, nicht erst in zehn Jahren.“

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse der weltweit führenden Klimaforscher belegen die Notwendigkeit, den Temperaturanstieg unter 1,5 Grad Celsius zu halten. Der von den Regierungen abgesegnete IPCC-Sonderbericht bestätigt, dass ein weiterer Temperaturanstieg schwerwiegende Folgen für die Umwelt und die Menschen haben wird. Die Erreichung der 1,5 Grad-Grenze erfordere deshalb einen schnellen und weitreichenden Wandel in allen Wirtschaftssektoren.

„Es wird deutlich, dass viele der schrecklichen Folgen der globalen Erderwärmung erheblich abgemildert werden können, wenn der Temperaturanstieg wie im Paris-Abkommen vorgesehen auf 1,5 Grad Celsius begrenzt wird“, so Harmeling. „Die Entwicklungsländer bekommen die extremen Auswirkungen des Klimawandels schon lange zu spüren. Die Leidtragenden sind insbesondere Frauen und Mädchen, die bereits jetzt ihrer allgemeinen Grundrechte beraubt werden. Gleichzeitig belegt der IPCC, dass Klimamaßnahmen, Armutsbekämpfung und wirtschaftliche Entwicklung vereinbar sind.“

Folgt: Hans-Josef Fell: „IPCC-Bericht warnt eindringlich, aber  vorgeschlagene Maßnahmen sind unzulänglich“