NRW und Brandenburg bremsen Energiewende aus

78 Unternehmen, DUH und LEE schlagen Alarm

NRW will durch die Wiedereinführung der Länderöffnungsklausel den Ausbau von Windenergieanlagen einschränken und Brandenburg das Windkraft-Privileg gleich ganz abschaffen. Dadurch würde der Ausbau der Windenergie massiv eingeschränkt, wenn nicht – wie in Bayern – abgewürgt. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert laut einer Medienmitteilung den Bundesrat auf, sich zur klimafreundlichen Windenergie zu bekennen. Der Vorsitzende des  Landesverbands Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) Reiner Priggen warnt in einer Presseaussendung: „20.000 Zukunftsjobs werden so leichtfertig aufs Spiel gesetzt.“ Knapp 80 Unternehmen stemmen sich gegen Plan der NRW-Landesregierung.

Windgenerator in Brandenburg – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Der Bundesrat befasst sich am 19.10.2018 mit Anträgen der Länder Nordrhein-Westfalen (NRW) und Brandenburg. NRW möchte die sogenannte Länderöffnungsklausel wieder aufgreifen. Mit dieser Klausel haben Bundesländer die Möglichkeit, Vorgaben zu Mindestabständen zwischen Windenergieanlagen und anderen Nutzungen festzulegen. Unter anderem können die Bundesländer selbständig über Abstände zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauung entscheiden. So will das Land Nordrhein-Westfalen seine anvisierten 1.500m Mindestabstand durchsetzen.

Die Branche kritisiert jetzt, ein solcher Abstand sei sachlich nicht begründet und willkürlich, da der geltende Rechtsrahmen schon heute für zahlreiche Abstandsgebote bei Windenergieanlagen sorge. Welche Auswirkungen pauschale Abstände haben können, zeige laut der Erklärung das Beispiel Bayern. Hier habe man bereits von einer solchen Regelung Gebrauch gemacht und den Ausbau der Windenergie fast vollständig zum Erliegen gebracht. Seit 2017 gebe es in Bayern keinen nennenswerten Zubau mehr.

Die DUH befürchtet denn auch für NRW, dass der Windenergieausbaus zum Erliegen könne – ähnlich wie in Bayern seit dem 01.01.2016 mit der sogenannten 10H-Regelung. Brandenburgs Antrag zielt darauf, die Privilegierung von Windenergieprojekten im Außenbereich nicht nur durch Abstandsregelungen einzugrenzen, sondern gleich ganz abzuschaffen. Die DUH fordert den Bundesrat auf, beide Anträge abzulehnen, da sonst die Energiewende weiter ausgebremst werde.

DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner: „Gerade erst hat ein Sonderbericht des Weltklimarats eindringlich vor einem Klimakollaps gewarnt. In Deutschland tagt die Kohlekommission, um den Ausstieg aus dieser klimaschädlichen Energie zu planen. Es ist unverständlich, dass gerade NRW und Brandenburg die Windkraft als Folgetechnologie der Kohlenutzung torpedieren. Dabei beschäftigt die Windkraftindustrie in NRW schon jetzt mehr als doppelt so viele Menschen wie im Bereich der Braunkohleverstromung.“

Und Peter Ahmels, Leiter des Bereichs Energie und Klimaschutz: „Um die Energieversorgung von Morgen sicherzustellen, brauchen wir nicht weniger Windkraft, sondern mehr. Für die Akzeptanz braucht es den Dialog vor Ort. Nur wenn die Menschen die Notwendigkeit von Windenergieanlagen nachvollziehen können und die Flächenausweisung transparent erfolgt, können die notwendigen Ausbauziele erreicht werden. Über eine Sonderabgabe könnten die Kommunen zudem verlässlich von Beginn an von den Anlagen in ihrer Gemeinde profitieren.“

Branchen-Appell von 78 Unternehmen

Der LEE NRW unterstützt den Branchen-Appell von 78 Unternehmen, die sich gegen Einschränkungen der Windenergie wehren. In einer gemeinsamen Erklärung sprachen sich  am 17.10.2018 zahlreiche Betreiber, Projektierer, Hersteller, Stadtwerke, Stromversorger und weitere Akteure der Energiewende gegen den Antrag der NRW-Landesregierung im Bundesrat aus und warnen vor Stellenabbau und einem Ausbaueinbruch. Der LEE NRW schließt sich der Erklärung an und fordert den Bundesrat auf, den Antrag abzulehnen.

LEE-Vorsitzender Dipl.-Ing. Reiner Priggen übte deutliche Kritik am Vorgehen der NRW-Landesregierung: „Diese Mahnung aus der Branche sollte eigentlich auch den letzten Energiewende-Bremser aufwecken: So darf es nicht weitergehen! Während am Hambacher Wald 50.000 engagierte Menschen ein beeindruckendes Zeichen für Klimaschutz und Energiewende setzen, geht die NRW-Landesregierung im gleichen Atemzug mit allen Mitteln gegen die Windenergie vor. 20.000 Zukunftsjobs werden so leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Dabei wünschen sich die Bürgerinnen und Bürger die Energiewende! Wir wollen sie als Branche gerne umsetzen, aber die Landesregierung bremst uns aus.“

[note  Hintergrund: Die Privilegierung der Windenergie ist in Paragraph 35, Absatz1 Nr. 5 Baugesetzbuch geregelt. Windräder im Außenbereich, also außerhalb kommunaler Bebauungspläne, haben eine privilegierte Zulässigkeit. Eine Genehmigung kann nur unter bestimmten Voraussetzungen verwehrt werden. Grundsätzlich muss damit der Windenergienutzung „substantiell Raum gegeben werden“ (Urteil vom 24.01.2008, BVG 4 CN 2.07). Würde das Privileg gestrichen, wie es der Antrag Brandenburgs fordert (Drucksache 509/18), wären sie im Außenbereich nur noch zulässig, wenn die Gemeinde durch einen Flächennutzungs- und Bebauungsplan entsprechende Flächen ausweisen würde. Eine Gemeinde bräuchte dann gar keine Windenergienutzung mehr zuzulassen. Bis zum 31.12.2015 konnten die Länder laut Paragraph 249 Absatz 3 Baugesetzbuch die bauplanungsrechtliche Privilegierung für Windenergie im Außenbereich einschränken und Abstände zwischen Windenergieanlagen und der (Wohn-)Bebauung festlegen. NRW möchte mit seinem Gesetzesantrag (Drucksache 484/18) diese Möglichkeit erneut öffnen.]

->Quellen: