Merkur mit Diesel-Chronik

Online-Portal „Merkur.de“ fasst zusammen

Marietta Slomka grillt Andreas Scheuer – Screenshot © ZDF-heute-journal_mediathek

Unter dem Titel „Diesel-Kompromiss im heute journal: Interview mit Slomka wird für Scheuer zum Spießrutenlauf“ hat das Online-Portal des Münchner Merkur sehr verdienstvoll die Chronik der laufenden Diesel-Ereignisse in der 45. Kalenderwoche zusammengestellt. Solarify zitiert ausschnittweise.

Am 08.11.2018 erwirkt die Deutsche Umwelthilfe zwei weitere Urteile für „Saubere Luft“: Auch Köln und Bonn müssen Diesel-Fahrverbote in die Luftreinhaltepläne aufnehmen. Das ist bereits das neunte und zehnte Urteil in Folge zu Diesel-Fahrverboten in Deutschland. Bis zum 01.04.2019 müssen die Luftreinhaltepläne von Köln und Bonn um zonale Dieselfahrverbote für Köln und streckenbezogene Diesel-Fahrverbote für Bonn erweitert werden. Gleichzeitig brandmarkt das Gericht die Absicht der Bundesregierung, den NO2-Grenzwert auf 50 µg/m³ heraufzusetzen, als EU-rechtswidrig. Die DUH in einer Medienmitteilung: „Bundesregierung muss endlich die Diesel-Konzerne für den Betrug an elf Millionen Käufern von Euro 5+6 Diesel-Pkw zur Verantwortung ziehen und verbindliche Hardware-Nachrüstungen auf Kosten der Hersteller anordnen“. In Köln wird der EU-NO2-Grenzwert deutlich überschritten: Statt der erlaubten 40 µg/m³ im Jahresmittelwert waren es 2017 bis zu 62 µg. In Bonn lag der Wert bei bis zu 47 µg/m³. Aus Sicht der DUH sind Fahrverbote das einzig wirkungsvolle Mittel, um die Luftverschmutzung in den Griff zu bekommen.

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08.11.2018: Scheuer lädt Konzernchefs zu Diesel-Treffen, doch die Großen schwänzen
Bundesverkehrsminister Scheuer hat für dem 08.11.2018 Spitzenmanager der deutschen Autoindustrie nach Berlin eingeladen, um offene Fragen zur Finanzierung von umstrittenen Hardware-Nachrüstungen bei älteren Dieselfahrzeugen zu klären. Außer Daimler-Chef Dieter Zetsche zu dem Treffen kommen nur Manager aus der zweiten Reihe. So lässt sich BMW-Chef Harald Krüger von BMW-Vorstandsmitglied Klaus Fröhlich vertreten, für VW-Konzernchef Herbert Diess kam Porsche-Chef Oliver Blume.
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08.11.: Autobauer wollen 3.000 Euro pro altem Diesel zahlen
Scheuer gibt nach dem Treffen ein Statement ab: Demnach werden die deutschen Autobauer (zum ersten Mal) mit „maximaler Anstrengung“ Umtauschaktionen für alte Diesel-Fahrzeuge voranbringen. Für die verbleibenden Euro-5-Diesel sagten die Autobauer laut Scheuer Prämien bis 3.000 Euro pro Fahrzeug für Hardware-Nachrüstungen zu – zumindest Volkswagen und Daimler, BMW lehnt das aus technischen Gründen weiterhin ab. Die Zusage gelte für die 15 Städte in Deutschland, in denen Schadstoff-Grenzwerte besonders überschritten werden. Scheuers Problem: Bis jetzt gebe es keine einbaufähigen Nachrüstungen: „Deshalb kann keiner sagen, wie teuer das ist“. Und: weil technische Lösungen „nicht kurzfristig am Markt verfügbar“ seien, gebe es „noch kein Preisschild“. Dennoch stellt Scheuer fest: „Die deutschen Automobil-Hersteller haben sich heute entscheidend bewegt“. Merkur.de: „Das Ergebnis von Scheuers Gipfel wird als kein großer Wurf bewertet“.
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08.11.: Kritik von allen Seiten

  • Umwelt- und Verbraucherschützer reagieren enttäuscht. vzbv-Chef Klaus Müller: Der Entschluss von Volkswagen und Daimler, Hardware-Kosten zu übernehmen, sei längst überfällig gewesen. Aber das vorliegende Paket laufe auch auf eine Ungleichbehandlung der Kunden hinaus: „Dass jetzt doch jeder Hersteller sein eigenes Süppchen kocht und sogar einige betroffene Dieselbesitzer ganz leer ausgehen, ist nicht vermittelbar.“
  • Greenpeace-Verkehrsexpertin Marion Tiemann: „Der Dieselgipfel hat nichts anderes als einen faulen Kompromiss hervorgebracht. Die Autobosse wollen mit Umtauschprämien an der Not der Dieselfahrer weiter verdienen und verweigern schnelle Hardware-Nachrüstungen.“
  • ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker verlangt, „dass für Autofahrer, die sich trotz Umtauschprämien und Rabatten kein neues Auto leisten können, eine technische Nachrüstung weiterhin die Chance bietet, trotz drohender Fahrverbote mobil zu bleiben und den Wertverlust ihrer Dieselautos aufzufangen“.
  • ACE-Chef Stefan Heimlich (presse.ace.de/dieselgipfel-nr-5-autohersteller-diktieren-politisches-handeln) kritisierte: „Für Autofahrer, die vielleicht in zwei Jahren von einer Hardware-Nachrüstung profitieren könnten, ist das Gezerre weder nachvollziehbar noch hilfreich.“

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08.11.: Marietta Slomka „grillt“ Scheuer im „heute journal“
Im heute journal vom 08.11.2018 bereitet Moderatorin Marietta Slomka Verkehrsminister Scheuer eine harte Fragerunde. Merkur.de: „…ein Interview, das für Scheuer zu einer Art Spießrutenlauf wurde. Slomka ließ Scheuers Interpretation, die Zusagen der Autobauer seien ein Erfolg, nicht durchgehen.“ Slomka hält Scheuers Aussage, man habe Nachrüstungen vereinbart, entgegen, die gebe es doch angeblich (noch) gar nicht. Scheuer sucht Zuflucht bei „einem kuriosen Argument“ (merkur.de): Dafür könnten weder er noch die Bundesregierung etwas, denn: „Nach meiner gesicherten Erkenntnis ist keiner meiner Beamten im Keller des Bundesverkehrsministeriums und schraubt Hardware-Nachrüstungsteile zusammen.“ Ob solcher läppischen Antworten gerät Scheuer ins Kreuzfeuer Slomkas, vor allem wegen der angekündigten Umtauschprämien: Wer sich vor fünf Jahren einen nagelneuen Diesel gekauft „und dafür ordentlich gelatzt“ habe, müsse nun mit Fahrverboten rechnen: „Da nützt mir auch eine Umtauschprämie nichts, für 3 oder 4.000 Euro bekomme ich keinen Neuwagen.“ Scheuers Antwort schrammt erneut die Bordsteinkante das Merkwürdigen: „Naja, Frau Slomka, dann gehen wir mal zum Autohändler und schauen, was für Möglichkeiten es da gibt.“ Da wird die ZDF-Moderatorin „beinahe wütend“ (merkur.de): „Ich kann doch nicht, wenn ich mir vor vier Jahren ein Auto gekauft habe für sagen wir mal 30.000 Euro, mir jetzt einfach sagen lassen: Mensch, nimm doch mal die Prämie, wir gehen zusammen jetzt zum Autohändler und dann kauf dir ein neues Auto für wahrscheinlich noch weit mehr als 30.000 Euro.“ Scheuer dagegen: „Ich bin nicht der Sprecher der Automobilindustrie, sondern Fürsprecher der Bürger und dahingehend habe ich einiges erreicht“. Slomka zog schließlich laut Merkur.de „ein eiskaltes Fazit zum Diesel-Kompromiss, den Scheuer ihr vergeblich als Erfolg verkaufte“: „Dann werden wir mal sehen, ob das dann auch beim Bürger und beim Autofahrer so ankommt und ob sich die Industrie daran hält.“
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09.11.: Merkel zufrieden – Schulze nicht
Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht in dem neuen Diesel-Kompromiss eine gute Zwischenlösung, er sei „auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung“, so ein Regierungssprecherin. Sie begleite den Prozess „weiter konstruktiv und erwartet, dass die Industrie ihrer Verantwortung nachkommt.“
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) reicht der Kompromiss nicht aus: „Dass diese technischen Nachrüstungen erst nach 2020 möglich sein sollen, lässt sich allerdings nicht nachvollziehen“, heißt e auf Anfrage der dpa. Der Entwicklungsstand solcher Nachrüstungen sei „mittlerweile weit ausgereift, ihre Leistungsfähigkeit wurde bereits mehrfach erfolgreich getestet.“
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09.11: Bundesländer bekräftigen Forderung nach Hardware-Nachrüstungen
In die gleiche Kerbe schlagen die Bundesländer mit ihrer wiederholten Forderung nach Hardware-Nachrüstungen auf Kosten der Autohersteller. Von den Konzernen finanzierte technische Verbesserungen seien „unverzichtbar“, erklärten die Umweltminister der Länder am Freitag in Bremen zum Abschluss einer zweitägigen Konferenz. Sie verwiesen dabei auf einen entsprechenden Beschluss des Bundesrats.
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10. 11.: Kramp-Karrenbauer ermahnt Konzerne
Nach dem umstrittenen Diesel-Kompromiss von Verkehrsminister Andreas Scheuer hat die CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer die Autokonzerne ermahnt, möglichst rasch für die Kosten einer Diesel-Nachrüstung aufzukommen. „Automobilunternehmen sollten wissen, dass sie mit dem Feuer spielen. Es geht in der Diesel-Krise nicht nur um ihre Umsätze, sondern um Vertrauen in ihre Produkte“, sagte Kramp-Karrenbauer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Wo eine technische Nachrüstung möglich sei, müsse sie erfolgen und von den Automobilunternehmen bezahlt werden – „je schneller, desto besser“. Daimler und Volkswagen wollen Kosten der Nachrüstung erst nach 2020 übernehmen.

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