„Bis 2030 ein Drittel des weltweiten Batterie-Bedarfs decken“

Wie die Speicherfertigung nach Deutschland kommen soll

Soeben ist das Batterie-Produktions-Konsortium TerraE abgewickelt worden (siehe: solarify.eu/terrae-wird-abgewickelt), da kündigt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier unverdrossen neue Batterie-Aktivitäten an. Er rechnet ab 2021 mit dem Start einer Batteriezellproduktion in Deutschland. “Die Produktion soll so schnell wie möglich erfolgen”, kündigte er am 13.11.2018 in Berlin an. Der CDU-Politiker erwartet dass sich um den Jahreswechsel 2018/19 neue Konsortien für Batteriezellfertigung bilden, die sein Haus mit insgesamt rund einer Milliarde Euro unterstützen will. Frédéric Simon hat am 14.11.2018 auf EURACTIV.com (mit rtr) (übersetzt von Tim Steins) die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.

Li-Ionen-Batterie am Berliner Effizienzhaus Plus – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Warum soll es eine Batterieproduktion in Deutschland geben?

Die Bundesregierung befürchtet, dass die heimische Autoindustrie Zehntausende ihrer etwa 820.000 Arbeitsplätze verliert, wenn die Antriebe künftig nicht mehr – wie bei Verbrennungs- und Dieselmotoren – selbst produziert sondern in Asien zugekauft werden.

„Der Elektroantrieb wird die Zukunft der Mobilität erheblich bestimmen“, sagte Altmaier. „Ein großer Teil der Wertschöpfung liegt dabei in der Batterie.“ Deutschland und Europa bräuchten daher eigene Kapazitäten für die Produktion von Batteriezellen. „Damit wollen wir Arbeitsplätze und Know-How langfristig sichern und eine Abhängigkeit unserer Hersteller von außereuropäischen Märkten verhindern.“ Erwartet wird, dass sich der weltweite Bedarf an mobilen und stationären Stromspeichern bis 2030 verzehnfachen wird.

Will die Bundesregierung mit Finanzspritzen helfen?

Die Rede ist von einer Anschubfinanzierung bis 2021 in Höhe von einer Milliarde Euro aus dem Etat des BMWi. Es soll nur in deutsche Standorte fließen.

[note Aus Altmaiers Haushaltsrede vom 22.11.2018 im Bundestag: „Wenn wir wollen, dass die Automobilindustrie stark bleibt, dann müssen wir sie unterstützen bei Innovationen. Das fängt an beim autonomen Fahren und konzentriert sich auf künftige Antriebstechnologien. Heute finden 80 Prozent der Wertschöpfung eines in Deutschland gebauten Automobils in Europa statt, durch Teile aus anderen europäischen Ländern, durch Zusammenbau in Deutschland. Das ist eine großartige Leistung. Wenn aber – das treibt mich um – künftig alle Batterien aus China kämen und die Plattform für autonomes Fahren aus den USA, dann würden 55 bis 60 Prozent der Wertschöpfung eben nicht mehr in Europa stattfinden. Das kann uns nicht gleichgültig lassen. Es gibt in Deutschland inzwischen ein großes Interesse von Unternehmen, von sich aus eine Batteriezellproduktion aufzubauen. Wenn in Zukunft alles mit Batterien funktionieren wird – außer vielleicht Raketen und bestimmte Typen von Flugzeugen –, dann haben wir ein Interesse daran, dass wir in diesem wichtigen Bereich der Industrieproduktion ebenfalls führend werden. Deshalb werden wir die Unternehmen mit Mitteln aus dem Haushalt meines Ministeriums unterstützen – damit Arbeitsplätze in Deutschland entstehen.]

Ist das mit den europäischen Beihilferegeln vereinbar?

Die Kooperation mit anderen europäischen Ländern ist eine Voraussetzung dafür, dass die EU-Kommission die Förderung genehmigt – im Rahmen ihres Programms “Important Projects of Common European Interest” (PCI). Außerdem muss gesichert sein, dass es sich um innovative, neue Entwicklungen handelt und nicht bloß bestehende Batteriekonzepte einfach kopiert werden, um staatliche Gelder abzuschöpfen.

Machen andere Länder mit?

Frankreich, Österreich und Polen werden von Altmaier als potenzielle Kooperationspartner genannt. Vorbild könnte der Flugzeugbauer Airbus sein, der ebenfalls in mehreren EU-Ländern fertigt und neben dem amerikanischen Boeing-Konzern der erfolgreichste Anbieter weltweit ist. „Wir brauchen ein Airbus-Konsortium für Batterien“, sagte auch EU-Kommissionsvizepräsident Maroš Šef?ovi? am 13.11.2018 bei einem Staatsbesuch in Berlin.

Wie groß ist das Interesse der Industrie?

Glaubt man Branchenkennern, ist es nach anfänglichem Zögern stark gestiegen. Drei Konsortien können sich demnach bilden. Nach Reuters-Informationen erwägt Volkswagen, in ein Konsortium einzusteigen. Eine Entscheidung könnte noch im Laufe der Woche erfolgen. Auch der Batteriehersteller Varta, der Chemieriese BASF und die deutsche Tochter des US-Autobauers Ford werden immer wieder als Interessenten für die Allianz genannt. Das Interesse der Industrie wird von der Sorge beflügelt, abhängig von asiatischen Batterieherstellern zu werden, welche die Preise diktieren könnten.

Wo sollen die Standorte liegen?

Wahrscheinlich ist, dass die Produktion zunächst nahe dem etablierten Standort eines Autoherstellers oder Zulieferers liegt. Sollte die Produktion groß genug sein, sind auch Neuansiedlungen denkbar. Die Bundesregierung kann sich das in strukturschwachen Regionen wie etwa der Lausitz vorstellen. Im ersten Quartal 2019 wird Klarheit über Konsortien, Standorte und Förderbedingungen erwartet. Anfänglich könnten an jedem Produktionsstandort etwa 1.000 bis 2.000 Arbeitsplätze pro entstehen.

Wie viel soll produziert werden?

“Ich glaube, dass wir uns zum Ziel setzen sollen, bis 2030 ein Drittel des weltweiten Bedarfs an Batterien mit eigenem Wissen aus deutscher und europäischer Produktion zu decken”, sagt Altmaier. Ziel müsse sein, bis 2030 mehrere Zehntausend langfristig sichere Arbeitsplätze zu schaffen. “Wir werden niemals die billigsten Batterien produzieren, aber wir können die besten Batterien produzieren”, gab sich der Minister optimistisch.

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