PPA – Power Purchase Agreement

Der Kern eines PPA ist die langfristige Festlegung des Preises für den vertragsgegenständlichen grünen Strom, also eine stark wirtschaftliche Komponente. Die dahinterstehenden Chancen und Risiken sind Marktakteuren unter dem EEG bisher so nicht begegnet. PPA müssen daher künftig besser verstanden, detaillierter bewertet und eher verhandelt werden, sagen Margarete von Oppen und Nicolai Herrmann u.a. im Portal  pv magazine. Das gelte vor allem für folgende wesentliche Aspekte:

  • Stromlieferung: Am Anfang steht die Pflicht des Anlagenbetreibers zur Belieferung des Abnehmers. Hier ist zu klären, ob der Anlagenbetreiber bloß den erzeugten Strom liefert und damit das Risiko von Mengenschwankungen beim Abnehmer liegt oder ob der Anlagenbetreiber zur Einhaltung von Mindestmengen verpflichtet ist. Im letzten Fall ist er bei Unterschreiten zur Ersatzbeschaffung verpflichtet ist und/oder zur Zahlung einer Strafe (Pönale). Werden Mindestmengen festgelegt, besteht die Herausforderung darin, dass das vereinbarte PPA-Volumen natürliche Ertragsschwankungen und Verluste durch technische Nichtverfügbarkeiten berücksichtigen muss (risikoadjustierter Nettoertrag). Bei Corporate PPA ist zu beachten, dass der PPA nur einen Teil der Gesamtnachfrage decken kann und der Abnehmer sich um die Reststrombeschaffung kümmern muss.
  • Versorgungsunterbrechungen: Mit der Pflicht zur Stromlieferung hängt die Risikoverteilung bei Unterbrechung der Lieferung zusammen. Hier werden Anlagenbetreiber zur vorherigen oder nachträglichen Information über Versorgungsunterbrechungen (beispielsweise ungeplante Ausfälle, Wartungsarbeiten; Einspeisemanagement) verpflichtet werden, gegebenenfalls abhängig von zeitlichen oder leistungsbezogenen Schwellen. Verstöße hiergegen können Schadensersatzpflichten nach sich ziehen.
  • Preis: Der vertraglich vereinbarte Preis ist die wesentliche Stellgröße eines PPAs. Für die Preisgestaltung stehen verschiedene Varianten zur Verfügung, wobei allgemein gilt: Je sicherer und länger der Preis garantiert wird, desto niedriger liegt er, da eine Preissicherheit für den Lieferanten das Preisrisiko zum Abnehmer verschiebt. Ein Festpreis ist daher nicht immer die beste Lösung. Alternativ kann etwa ein fixer Grundpreis (first Floor) vereinbart werden, der einen Minimalerlös und damit auch die Finanzierung sichert. Eine weitere Preisschwelle (second Floor) kann zu Zwecken der Risikoteilung eingezogen werden. Sofern kein Fixpreis vereinbart wird, ist oberhalb des Floors eine Indexierung oder ein rollierend zu fixierender Stufenpreis das Mittel der Wahl. Die Indexierung orientiert sich typischerweise an der Entwicklung des variablen Börsenstrompreises; die Wertigkeit des fluktuierenden Einspeiseprofils ist dabei zu berücksichtigen („Profilwertabschlag“). Natürlich steht es den Parteien auch frei, einen anderen Preis als Benchmark zu vereinbaren, etwa den Monatsmarktwert. Ergänzt werden kann diese Regelung durch die Einführung von Maximalwerten (Cap), die der Chancenteilung und Begrenzung der Preissteigerung für den Abnehmer in einem steigenden Strommarkt dienen. (siehe Grafik unten)

Wichtig ist bei all diesen Varianten die folgende Erkenntnis: Spätestens nach dem Ende der Terminmarkt-Absicherung, die derzeit für bis drei bis fünf Jahre vorgenommen werden kann, verbleibt ein gewisser Korridor von Erlösschwankungen, die ein PPA nicht komplett absichern kann.

  • Vertragsbeginn: Der korrekte Beginn der Lieferung ist einerseits für den Abnehmer und seine Planung von Bedeutung. Das gilt insbesondere für industrielle Abnehmer. Deswegen ist die Haftung für Verzögerungen genau zu regeln. Anderseits muss beim Vertragsbeginn über den Tellerrand des PPA hinausgeschaut werden. Das Risiko der Verzögerung ist in den Errichterverträgen abzubilden und wird sich in Regelungen des Kreditvertrages niederschlagen.
  • Vertragsdauer: Mit Blick auf die „bankability“ des PPA ist die Laufzeit von zentraler Bedeutung. Hier stehen das Banken- und Erzeugerbedürfnis nach längeren und die vor allem auch zeitlich beschränkten Absicherungsmöglichkeiten des Abnehmers gegen Preisrisiken in einem Zielkonflikt. Außerdem setzen das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen und gegebenenfalls sogar das Kartellrecht der Laufzeit Grenzen. Grob lässt sich sagen, dass eine rechtliche Grenze bei Laufzeiten von zehn Jahren erreicht sein dürfte. Alles darüber ist eine Frage der Risikofreude der beteiligten Parteien.
  • Vertragsende/Vertragsanpassung: Auch feste Vertragslaufzeiten schützen nicht vor vorzeitiger Beendigung oder Anpassung des Vertrages. Auf die entsprechenden Regelungen ist einerseits viel Sorgfalt zu verwenden, um nicht unbedacht Vertragslösungsmöglichkeiten zu offerieren, die rechtlich gar nicht geboten sind. Die unvermeidlichen Regelungen zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund sind eng und realistisch zu fassen und klar von den Regelungen zur Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage abzugrenzen, welche ein stufenweises Konzept aus Vertragsanpassung und Vertragsbeendigung vorsehen. Allgemeine Unwirtschaftlichkeitsklauseln haben an keiner Stelle etwas zu suchen, denn sie öffnen Tür und Tor für Gerichts- oder Schiedsverfahren.
  • Herkunftsnachweise: Stromabnehmer werden sich über PPA nicht nur Strom liefern lassen, sondern regelmäßig auch die zugehörigen Herkunftsnachweise. Diese weisen die Grünstromqualität gegenüber Letztverbrauchern nach. Sie werden vom Umweltbundesamt auf Antrag ausgestellt und übertragen. Wer diese Aufgabe übernimmt, sollte vertraglich festgelegt werden. Welcher Wert Herkunftsnachweisen beizumessen ist, ist im Einzelfall schwer zu sagen. Der Handel damit ist nicht standardisiert und die die Preisbildung dementsprechend intransparent. 2018 wurden die gängigsten Herkunftsnachweise für ein bis zwei Euro pro Megawattstunde gehandelt.
  • Energiewirtschaftliche Pflichten: Zu regeln ist im PPA ebenfalls, wie mit energiewirtschaftlichen Pflichten des Stromhandels umzugehen ist. Dies betrifft etwa die Zuordnung der erzeugten Energiemengen zu einem Bilanzkreis im Sinne des Energiewirtschaftsrechts sowie das Bilanzkreismanagement. Ebenfalls ist die Erfüllung von Meldepflichten nach der Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandels („REMIT“) zu regeln. Üblicherweise übernimmt der Abnehmer diese Pflichten für den Erzeuger, weil er bereits über die erforderliche Infrastruktur verfügt. Zwingend ist das nicht.
  • Versicherung: Risiken und Schäden, die sich aus Anlagenausfall, Versorgungsunterbrechungen oder Ertragsschwankungen ergeben, sind durch Versicherungen oder alternative Sicherheiten abzudecken. Je mehr Mengenrisiko der Anlagenbetreiber übernommen hat, desto wichtiger ist es, hier genau hinzusehen. Das gilt vor allem bei PPA mit Industrieunternehmen, bei denen Versorgungsunterbrechungen zu eheblichen Folgeschäden führen können.
  • Sicherheiten: Sicherheiten spielen wechselseitig eine Rolle. Der Anlagenbetreiber muss sich gegen das Ausfallrisiko seines Abnehmers absichern sowie – bei Industriekunden – dagegen, dass der Abnehmer „untreu“ wird. Geeignete Absicherungen für das Kontrahentenausfallrisiko können Patronatserklärungen oder Bürgschaften sein. Bei großen Volumina ist auch die Abwicklung des PPA über ein Clearinghaus denkbar, wie es beispielsweise Strombörsen anbieten. Das Absatzrisiko kann sich der Anlagenbetreiber zum Beispiel durch sogenannte Unterlassungsdienstbarkeiten absichern lassen. Beim Kontrahentenausfallrisiko des Erzeugers gilt das Vorstehende. Allerdings wird der Bank hier mit Eintrittsrechten der Vorrang eingeräumt werden müssen. Die Lieferpflicht lässt sich durch Reallast zulasten des Anlagengrundstücks dinglich sichern.
  • Rechtsnachfolge: Die Rechtsnachfolge sollte so weit möglich einer wechselseitigen Zustimmungspflicht unterliegen. Diese Zustimmung sollte nicht nur für den Fall der Einzelrechtsnachfolge geregelt werden, sondern auch für den Fall eines Gesellschafterwechsels („change of control“). Nur so ist sichergestellt, dass man immer weiß, mit wem man es wirtschaftlich und in Person zu tun hat.

Ein Rest EEG

Trotz PPA wird Anlagenbetreibern das EEG ein wenig treu bleiben, sowohl in Bezug auf Privilegien als auch in Bezug auf Lästigkeiten. Es bleibt vorerst beim Anschluss- und Einspeisevorrang. Die jetzt im Energiewirtschaftsgesetz geregelten Härtefall- und Entschädigungsvorschriften bei Abregelung erneuerbarer Erzeugungsanlagen gelten ebenfalls. Dafür wird das Fehlen technischer Vorgaben (Messeinrichtungen/Einspeisemanagement) zwar nicht mit einer Reduzierung des Zahlungsanspruchs, aber mit dem Wegfall des vorrangigen Anspruchs auf Abnahme, Übertragung und Verteilung bestraft. Außerdem bleibt es bei den Meldepflichten gegenüber dem Netzbetreiber sowie zum endlich funktionierenden Marktstammdatenregister.

Fazit

Die Antwort auf die Frage: PPA – Revolution oder Evolution ist einfach. Sie lautet: Evolution – also eine schrittweise Entwicklung. Und die nächsten Schritte beim PPA werden aktuell mit ersten großen Photovoltaikprojekten in Deutschland gemacht.

Die Autoren: Margarete von Oppen ist Partnerin der Rechtsanwaltssozietät Arnecke Sibeth Dabelstein. Nicolai Herrmann arbeitet seit 2009 bei der energiewirtschaftlichen Beratungsgesellschaft enervis energy advisors GmbH in Berlin, seit 2015 ist er deren Prokurist.