Chemie für eine „grünere Zukunft“

Green Talents Award für CEC-Forscher

Wie wäre es, wenn man aus Abfall etwas machen könnte, das der Umwelt hilft? Mit dem man weniger fossile Brennstoffe verbraucht, das dabei hilft, saubere Energie herzustellen und sogar – wenn alles klappt – ermöglicht, große Mengen des Treibhausgases CO2 zu binden? Dieser mächtigen Frage hat sich Jesús Esteban Serrano vom Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion (MPI CEC) in Mülheim an der Ruhr gestellt.

Jesús Esteban Serrano – Foto © MPI für Chemische Energiekonversion, Mülheim a. d. R.

Serrano ist ihr schon lange auf der Spur: dieser farblosen, klaren, zähen, schwach riechenden Flüssigkeit, genannt Glyzerincarbonat. In seiner Doktorarbeit hat er untersucht, wie man mit „grüner Chemie“ diesen Stoff herstellen kann. Dazu nimmt er Glyzerin, das massenweise bei der Produktion von Biodiesel anfällt. Und verbindet es zum Beispiel mit Dimethylcarbonat, das wiederum das klimaschädliche Kohlendioxid bindet. In der Kombination entsteht ein unschädliches Lösungsmittel. Lösungsmittel braucht man überall, zum Beispiel auch in Kosmetika. Und meistens wird für die Herstellung dieser Allzweckwaffe Mineralöl verwandt.

Preis für eine grünere Zukunft

Was durch diese „grüne Chemie“ entsteht, ist eine auch für die Industrie sehr interessante Win-win-Situation: Fossile Brennstoffe, deren Verwendung zum Beispiel in Kosmetika sowieso höchst umstritten ist, werden eingespart. Gleichzeitig wird das reichlich vorhandene, preisgünstige Glyzerin genutzt und darüber hinaus auch noch Treibhausgas gebunden. Perfekt. – Allerdings nicht ganz einfach herzustellen.

Also kein Wunder, dass Serrano für seine Forschung auf diesem Gebiet reichlich Preise bekommen hat. Nicht zuletzt den Green Talents Award 2016. Dieser wird vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung jährlich vergeben und soll die Welt zu einem etwas besseren Ort machen. Ausdrückliches Ziel der Förderung von talentierten Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern aus aller Welt: eine nachhaltige und grünere Zukunft. „Schon seit meinem Studium interessiere ich mich sehr für die Nachhaltigkeitsforschung. In meiner Bachelor-Arbeit, meinem Master-Projekt und meiner Dissertation habe ich mich damit beschäftigt. Der Preis hat mir bestätigt, dass ich mit meiner bisherigen Forschungsarbeit richtig liege. “

Einblick in die deutsche Nachhaltigkeitsforschung

Als Green-Talents-Preisträger hatte Serrano die Chance Forschungszentren in Deutschland zu besuchen, die in der Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschung führend sind, und mit Experten ins Gespräch zu kommen. „Der Preis hat mir unglaublich geholfen. Denn so konnte ich Professor Walter Leitner kennenlernen. Er hat mir ermöglicht, im darauffolgenden Jahr nach Deutschland zurückzukehren.“

Leitner ist nicht nur Professor für Technische Chemie und Petrolchemie an der RWTH Aachen, sondern auch Direktor am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion (MPI CEC) in Mülheim an der Ruhr. Hier, am MPI CEC, arbeitet Serrano nun in der Forschungsgruppe von Dr. Andreas Vorholt, den er schon von seinem Forschungsaufenthalt als DAAD-Stipendiat an der TU Dortmund kennt.

Jesús Esteban Serrano
Jesús Esteban Serrano wurde vor 33 Jahren in der „unglaublich großartigen Stadt Madrid“ geboren, wo er auch aufwuchs und studierte. Als Gymnasiast verbrachte er ein Auslandsjahr in Irland, studierte dann Chemieingenieurwissenschaften an der Universidad Complutense de Madrid und an der University of Texas in Austin und ging als DAAD-Stipendiat an die TU Dortmund. Er promovierte in Madrid und forschte als Postdoc fast zwei Jahre in Birmingham. Heute arbeitet er am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion (MPI CEC) in Mülheim an der Ruhr. Für seine Forschung erhielt er 2016 den Green Talents Award des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Ausgezeichnet wurde er auch mit dem CAS SciFinder Future Leaders Award 2018 und dem EFCE Excellence Award in Chemical Reaction Engineering 2018.

Starke Bindung an Deutschland

An Deutschland schätzt Serrano das wissenschaftliche Arbeitsklima: „Schon mein Forschungsaufenthalt an der TU Dortmund während meiner Promotion hat es mir ermöglicht, mich mit der deutschen Arbeitskultur vertraut zu machen. Und ich habe dies bei meinem zweiten Forschungsaufenthalt noch mehr zu schätzen gelernt.“

Die Rückkehr als preisgekrönter Postdoc nach Deutschland an das gut ausgestattete Max-Planck-Institut in Mühlheim ermöglicht es Serrano, weiter an seiner Forschungsidee zu feilen und mit der Entwicklung umweltverträglicher und erneuerbarer Stoffe zum Projekt „grüne Zukunft“ beizutragen. Und so freut er sich darüber, dass es „Länder gibt wie Deutschland, die gute Forschung und Entwicklung finanzieren, insbesondere wenn es um Themen der Nachhaltigkeit geht.“ Und wie wird es weitergehen? Was soll die Zukunft bringen? Nachhaltigkeit, da ist sich Serrano sicher, wird auch weiterhin sein Thema sein: „Mein Hauptziel ist es, auch in Zukunft zu Entwicklungen in der grünen Chemie beizutragen, die letztendlich auch in der Industrie Anwendung finden können.“

Green Talents Award
Der Green Talents Award wird einmal im Jahr an herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler aus aller Welt verliehen, die sich in ihrer Forschung für eine nachhaltige Entwicklung einsetzen. Ziel ist es, die jungen Nachhaltigkeitsforscher miteinander zu vernetzen und ihnen den Zugang zu Deutschlands Forschungs- und Innovationszentren zu ermöglichen: Zwei Wochen lang können die Preisträger deutsche Spitzeneinrichtungen der Nachhaltigkeitsforschung besuchen, sich mit den Expertinnen und Experten austauschen und Kooperationsmöglichkeiten ausloten. Zum Preis gehört auch ein dreimonatiger Forschungsaufenthalt an einer deutschen Einrichtung nach Wahl. Ausgelobt wird der Preis vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Solarify’s Ceterum Censeo: Alle Erkenntnisfortschritte, alle Erfindungen, neue Verfahren und Prozesse, die CO2 zu binden in der Lage sind, stellen keinen Grund dar, in besonders CO2-lastigen Sektoren (etwa Verkehr und Wärme) die Hände in den Schoß zu legen und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Im Gegenteil: Es ist und bleibt höchste Zeit, beispielsweise im Verkehr den Anteil von Benzin und Diesel drastisch zu verringern und den Anteil an grünem Wasserstoff und Erneuerbarem Strom für E-Autos entscheidend zu erhöhen. Dazu muss CO2 einen sozialverträgliche Preis bekommen, etwa durch Rückgabe der Einnahmen an die Bürger und das EEG auslaufen. Weiter muss der dringend nötige Zubau an Erneuerbaren koordiniert und die regenerativen Energien in die Wärmeerzeugung einbezogen werden. Schlussendlich müssen europaweit Ladeinfrastrukturen und Wasserstofftankstellen harmonisiert – und: Synthetische Kraftstoffe entscheidend vorangetrieben werden – in Forschung, Produktion und Anwendung.

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