Vorerst keine Innovationsausschreibung

Im Wortlaut: Antwort der Bundesregierung

Deutscher Bundestag – Drucksache 19/10841- 19. Wahlperiode – 13.06.2019

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Julia Verlinden, Ingrid Nestle, Oliver Krischer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/10437 – Geplante Innovationsausschreibungen bei den erneuerbaren Energien

V o r b e m e r k u n g   d e r   F r a g e s t e l l e r

Bereits mit der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2017 wurden Innovationsausschreibungen für erneuerbare Energien gesetzlich vorgesehen. Während ursprünglich nur kleine Ausschreibungsvolumina von 50 Megawatt pro Jahr vorgesehen waren, wurden diese mit dem Energiesammelgesetz auf 250 Megawatt im Jahr 2019, 400 Megawatt im Jahr 2020 und 500 Megawatt im Jahr 2021 erhöht. Die für die Ausschreibungen notwendige Rechtsverordnung sollte bereits bis zum 1. Mai 2018 erlassen werden, liegt aber bis heute nicht vor. Angesichts des für die Klimaziele der Bundesregierung oder gar des Klimaabkommens von Paris unzureichenden Ausbaus der Erneuerbaren ist eine Erhöhung des Ausbautempos der Erneuerbaren unumgänglich. Andernfalls droht die Bundesregierung das im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD verankerte Ziel von 65 Prozent um mehr als 20 Prozentpunkte zu verfehlen (www.bee-ev.de/home/presse/mitteilungen/detailansicht/bee-legt-szenario-zur-umsetzung-des-65-ziels-im-jahr-2030-vor). Zusätzlich zur Anhebung der Ausbaupfade, der Entbürokratisierung bei kleinen Ökostromanlagen und einer ambitionierten Umsetzung eines Ausstiegs aus fossilen Energien ist die Bundesregierung nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller deshalb gefordert, auch die Umsetzung der Innovationsausschreibungen in diesem Sinne zu gestalten. Dazu ist auch ihre Ausrichtung auf die Notwendigkeiten der Sektorkopplung und der netzdienlichen sowie flexiblen Integration der erneuerbaren Energien bei der Stromproduktion wünschenswert.

    1. Wann plant die Bundesregierung einen Beschluss der gesetzlich bereits seit dem Mai 2018 geforderten Innovationsausschreibungsverordnung?
      Die Bundesregierung plant, die Innovationsausschreibungsverordnung noch in diesem Jahr zu beschließen.
  1. Wann rechnet die Bundesregierung mit dem Inkrafttreten der Innovationsausschreibungsverordnung?
    Die Bundesregierung rechnet mit einem Inkrafttreten der Verordnung im zweiten Halbjahr 2019. Die Innovationsausschreibungsverordnung bedarf der Zustimmung des Bundestages. Die Bundesregierung wird die Verordnung nach ihrem Beschluss dem Bundestag zuleiten.
  1. Aus welchen Gründen konnte der im Rahmen der Beratungen zum Energiesammelgesetz gesetzte zeitliche Rahmen nicht eingehalten werden, eine Innovationsausschreibungsverordnung noch im ersten Quartal 2019 vorzulegen (vgl. www.energate-messenger.de/news/190356/innovationsausschreibungen-sollen-fixe-marktpraemie-testen)?
    Die mit dem Energiesammelgesetz neu gefasste Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Innovationsausschreibungsverordnung ist am 17. Dezember 2018 in Kraft getreten. Erst auf dieser Grundlage konnte mit dem Entwurf der Verordnung begonnen werden.
  1. Welche Voraussetzungen müssen aus der Sicht der Bundesregierung erfüllt sein, um den Entwurf einer Innovationsausschreibungsverordnung vorzulegen?
    Der Verordnungsentwurf muss mit den Ressorts abgestimmt werden. Länder- und Verbände sind anzuhören. Im Anschluss daran soll die Verordnung noch in diesem Jahr dem Bundestag zugeleitet werden.
  1. Hält die Bundesregierung daran fest, die Innovationsausschreibungen im September 2019 durchzuführen (vgl. www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/Ausschreibungen/Ausschreibungen_node.html)?
    Die erste Innovationsausschreibung wird von der Bundesnetzagentur nach dem Inkrafttreten der Verordnung durchzuführen sein. Dies sollte noch im Jahr 2019 geschehen. Der 1. September 2019 wird als erster Gebotstermin voraussichtlich nicht gehalten werden können. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eröffnet aber die Möglichkeit, den Gebotstermin durch eine entsprechende Regelung in der Verordnung zu verschieben. Die Website der Bundesnetzagentur gibt die aktuelle Gesetzeslage (§ 28 Absatz 6 EEG) wieder; ohne den Erlass der Verordnung kann kein Ausschreibungsverfahren begonnen werden.
  1. Welche Regelungen wird die Bundesregierung in der Verordnung vornehmen, und mit welchem Ziel?
  2. Welche der Regelungen, für die die Bundesregierung mit dem § 88d des Erneuerbare- Energien-Gesetzes zur Regelung per Verordnung ermächtigt ist, wird die Bundesregierung tatsächlich in der Verordnung anwenden?
  3. Wird die Bundesregierung insbesondere die in § 88d Absatz 3 EEG genannten Innovationsansätze zur Erhöhung des netz- und systemdienlichen Verhaltens, zur Steigerung der Flexibilität und zur Minderung der Abregelungen von Erneuerbaren-Energien-Anlagen umsetzen?
    Die Fragen 6 bis 8 werden gemeinsam beantwortet. Da die Verordnung durch die Bundesregierung beschlossen wird, hängen Art und Inhalt der in dieser Verordnung enthaltenen Regelungen vom Verlauf und dem Ergebnis der Ressortabstimmung ab. Hierzu können vorab keinen Aussagen getroffen werden.
  1. Wie bewertet die Bundesregierung das Konzept einer Marktprämie, bei der Erneuerbare-Energien-Anlagen für Zeiten, in denen Strompreise oder Marktwerte über den anzulegenden Werten der Marktprämie Erneuerbare- Energien-Anlagen liegen, die Differenz in das EEG-Umlagen-Konto einzahlen? Liegen der Bundesregierung Untersuchungen zu den Systemkosten vor, die zum Beispiel für das EEG-Konto durch die Einrichtung einer solchen Marktprämie entstehen würden, und wenn ja, was sind deren Ergebnisse?
    Die Direktvermarktung der erneuerbaren Energien und deren finanzielle Förderung über die gleitendende Marktprämie werden kontinuierlich evaluiert. Das System der gleitenden Prämie hat sich grundsätzlich bewährt. Bei einer möglichen Fortentwicklung des aktuellen Fördersystems stellt die symmetrische Marktprämie über Differenzkontrakte (cfd) lediglich eine mögliche Ausgestaltungsvariante dar, die zahlreiche Fragen aufwirft. Die in der Frage 10c genannte Untersuchung hat die Bundesregierung zur Kenntnis genommen. Die Bundesregierung macht sich Ergebnisse von externen Studien grundsätzlich nicht zu eigen.
  1. Ist es zutreffend, dass die Bundesregierung eine fixe Marktprämie als den zentralen Aspekt der Innovationsausschreibungsverordnung vorsieht (vgl. www.zfk.de/politik/deutschland/artikel/eeg-umstrittene-geplante-fixe-marktpraemie-bei-innovationsauschreibungen-2019-04-07/)?
    a) Wird nach Ansicht der Bundesregierung durch die Anwendung einer fixen Marktprämie das netz- und systemdienliche Verhalten und die Flexibilität von Erneuerbaren-Energie-Anlagen angereizt und deren Abregelung vermieden?
    b) Liegen der Bundesregierung Untersuchungen zu den Systemkosten vor, die zum Beispiel für das EEG-Konto durch die Einrichtung einer solchen Marktprämie entstehen würden, und wenn ja, was sind deren Ergebnisse?
    c) Ist der Bundesregierung eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) bekannt, die für die Einführung einer fixen Marktprämie erhebliche Mehrkosten im Vergleich zu anderen Modellen feststellt (vgl. May, Neuhoff, Richstein (2018): „Kostengünstige Stromversorgung durch Differenzverträge für erneuerbare Energien“, DIW Wochenbericht Nr. 28/2018), und falls ja, wie wird diese bewertet?
    d) Welche Vorteile sieht die Bundesregierung in der Anwendung einer fixen Marktprämie?
    Es wird auf die Antwort zu den Fragen 6 und 9 verwiesen. Zu den möglichen Auswirkungen auf die Netz- und Systemdienlichkeit sowie der Vermeidung von Abregelungen und möglichen Vorteilen können ex ante keine Angaben gemacht werden. Aus diesem Grund sollen die Elemente zeitlich befristet bis zum Jahr 2021 im Rahmen der Innovationsausschreibungen getestet und evaluiert werden können. Die Ergebnisse werden bei der Fortentwicklung des Förderrahmens und Auktionsdesigns entsprechend berücksichtigt.
  1. Wird die Bundesregierung eine endogene Steuerung der Ausschreibungen in der Innovationsausschreibungsverordnung zur Anwendung bringen, so dass beispielsweise nur ein bestimmter Prozentsatz der abgegebenen Gebote bezuschlagt wird oder sich der Maximalpreis jeweils in Abhängigkeit vorhergehender Ausschreibungsrunden ergibt?
    a) Liegen der Bundesregierung auktionstheoretische Analysen oder Gutachten einer solchen endogenen Steuerung vor, und wenn ja, zu welchen Ergebnissen kommen diese, wie bewertet die Bundesregierung sie, und sind diese öffentlich zugänglich?
    b) Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass eine solche endogene Steuerung in den Ausschreibungen für Windenergie an Land zu erhöhten bezuschlagten Volumina führen würde, solange die Hemmnisse bei der Genehmigung von neuen Windanlagen bestehen?
    Zu Art und Inhalt der Regelungen in der Verordnung sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Aussagen möglich (siehe die Antwort zu den Fragen 6 bis 8).
    Im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) vergebenen Vorhabens „Evaluierung der Ausschreibungen nach dem Erneuerbare- Energien-Gesetz 2017, dem Windenergie-auf-See-Gesetz und zugehöriger Ausschreibungsverordnungen (Ausschreibungsevaluierung)“ wurden die Auswirkungen einer endogenen Steuerung des Ausschreibungsvolumens auf die Ausschreibungsergebnisse untersucht. Die Forschungsnehmer haben hierzu auch ein Papier veröffentlicht, in dem ihre Ergebnisse zusammengefasst worden sind: http://games.econ.kit.edu/downloads/EndogeneRationierungEhrhartHankeOtt190517.pdf.
  1. Hat die Bundesregierung sich zu den verschiedenen Instrumenten der Innovationsausschreibung nach § 88d EEG beraten lassen, und wenn ja, liegen der Bundesregierung Präsentationen und Gutachten vor, die öffentlich zugänglich sind?
    Das BMWi hat am 14. Februar 2019 im Rahmen eines Begleitvorhabens zum EEG-Erfahrungsbericht ein Fachgespräch zur Weiterentwicklung der Direktvermarktung durch die Einführung einer fixen Prämie veranstalten lassen. Die Präsentationen des Fachgesprächs wurden im Anschluss an den Teilnehmerkreis versendet.
  1. Wird die Bundesregierung in der Innovationsausschreibungsverordnung Regelungen vorsehen, die bereits im EEG verankerte Streichung der Entschädigung von EEG-Anlagen bei Eingriffen des Netzbetreibers nach § 14 EEG umzusetzen?
    a) Wenn ja, welche Auswirkungen hat diese Regelung auf den Netzbetrieb und die Finanzierungskosten der Anlagen?
    b) Ist die aktuelle Regelung im EEG aus Sicht der Bundesregierung mit den jüngst beschlossenen europäischen Regelungen in der Strommarktverordnung vereinbar, und wenn nicht, wann wird es eine Gesetzesänderung geben?
    Zu Art und Inhalt der Regelungen in der Verordnung sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Aussagen möglich (siehe die Antwort zu den Fragen 6 bis 8).
  1. Wird die Bundesregierung in der Innovationsausschreibungsverordnung Regelungen vorsehen, um bei negativen Preisen eine über die bisher schon im EEG verankerte Streichung der Vergütung umzusetzen, und wenn ja, mit welchem Ziel?
    a) Wenn ja, welche Auswirkungen hat diese Regelung auf den Netzbetrieb und die Finanzierungskosten der Anlagen?
    b) Ist angesichts der jüngsten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zur fehlenden Beihilfeeigenschaft des EEG (C-405/16 P) die im EEG vorgesehene Regelung zu negativen Preisen aus Sicht der Bundesregierung weiterhin notwendig?
    Es wird auf die Antwort zu den Fragen 6 bis 8 verwiesen. Die genauen Auswirkungen einer Aussetzung der Förderung bei negativen Preisen hängen von der zukünftigen Entwicklung negativer Preise sowie der Flexibilität des Strommarktes ab und sind insofern nicht seriös abzuschätzen. Da die Regelung den Bietern bei der Gebotsabgabe bekannt ist, wird sie entsprechend berücksichtigt. Die Regelung ist mit der Aufnahme in das EEG Teil des nationalen Rechts geworden und weiter anzuwenden. Die angesprochene Entscheidung des EuGH bezieht sich unmittelbar nur auf das EEG 2012.
  1. Plant die Bundesregierung, Innovationen in der Sektorenkopplung in der geplanten Verordnung zu fördern, und wenn ja, um welche Innovationen handelt es sich? Sind Medienberichte zutreffend (www.energate-messenger.de/news/190356/innovationsausschreibungen-sollen-fixe-marktpraemie-testen), die die fehlende Umsetzung von Sektorkopplungsmaßnahmen auf die ausbleibende Reform von Steuern, Umlagen und Abgaben, zum Beispiel durch die Einführung eines CO2-Preises, zurückführen?
    Für die möglichen Inhalte der Verordnung wird auf die Antwort zu den Fragen 6 bis 8 verwiesen. Sektorkopplungsmaßnahmen werden schon heute in erheblichem Umfang umgesetzt und durch umfangreiche, gezielte Fördermaßnahmen unterstützt, z. B. durch die vom BMWi ausgeschriebenen Reallabore.
  1. Hält die Bundesregierung daran fest, die Ergebnisse der Innovationsausschreibungen noch 2019 zu evaluieren, wie dies im Rahmen der Vereinbarung zum Energiesammelgesetz vereinbart wurde (vgl. www.klimareporter.de/images/dokumente/2018/10/181030_Energiesammelgesetz_Kompromiss-Papier_final1262.pdf), und wenn ja, wie wird sie angesichts dieses kurzen Zeitraumes zwischen Ausschreibung und Evaluation langfristige Erkenntnisse, etwa zur Realisierung und Wirtschaftlichkeit der bezuschlagten Projekte sowie zur Kostenwirkung für das EEG-Konto, in die Evaluation einfließen lassen?
    Der genaue Zeitplan ist Bestandteil von Gesprächen mit der Europäischen Kommission zu den Auswirkungen des EuGH-Urteils zum EEG (Urt. v. 28. März 2019, Az. C-405/16 P). Eine Evaluierung direkt nach der Gebotsabgabe erscheint sehr früh, dennoch könnten bereits zu diesem Zeitpunkt die unterschiedlichen Gebotshöhen verglichen werden.
  1. Nach welchen Kriterien wird die Bundesregierung entscheiden, ob Konzepte aus den Innovationsausschreibungen in die regulären Ausschreibungen übernommen werden?
    Die Ergebnisse der Innovationsausschreibungen sowie aller anderen Auktionen nach dem EEG werden bei der Fortentwicklung des Förderrahmens und Auktionsdesigns kontinuierlich evaluiert und entsprechend berücksichtigt. Auch das in der Antwort zu Frage 11 genannte Forschungsvorhaben wird hierzu Empfehlungen abgeben.
  1. Welches Gebotsverfahren wird die Bundesregierung in der Verordnung anwenden, und welche Gründe liegen dieser Entscheidung zugrunde?
    Für die möglichen Inhalte der Verordnung wird auf Antwort zu den Fragen 6 bis 8 verwiesen.
  1. Sieht die Bundesregierung nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zum Beihilfecharakter des EEG noch die beihilferechtliche Notwendigkeit für Innovationsausschreibungen, und wenn nein, welche nicht behilferechtlich geforderten Ziele verfolgt die Bundesregierung mit den Innovationsausschreibungen?
    Nach derzeit geltendem Recht stehen die Gebotsmengen der Innovationsausschreibungen erst „nach der beihilferechtlichen Genehmigung durch die Europäische Kommission und nur nach Maßgabe der Genehmigung“ zur Verfügung, § 104 Absatz 8 EEG.

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