SPD: Klimaschutz soll für alle bezahlbar sein

Zehn-Punkte-Papier

Die SPD hat am 27.06.2019 unter dem Titel „Klima schützen. Sozial. Gerecht.“ einen Masterplan für einen sozial gerechten Klimaschutz vorgelegt. „Wir wollen in einen Wettbewerb der Ideen einsteigen“, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze am Donnerstag. „Wir wissen doch alle: Wir müssen etwas verändern und es muss sozial fair sein,“ der Masterplan soll Antworten geben, wie Klimaschutz sozial gerecht gestaltet werden kann. Damit „gerade die Menschen mit kleinen, mit mittleren Einkommen nicht zusätzlich belastet werden“. Der BUND lobt und tadelt.

Gemeinsam mit den kommissarischen SPD-Vorsitzenden Malu Dreyer und Thorsten Schäfer-Gümbel sowie dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil stellte sie das Zehn-Punkte-Papier [PDF, 122 KB] am Donnerstag in Berlin vor.

Die SPD will zeigen, wie der Klimawandel sozial gerecht gestaltet werden kann: „Wir wollen sicherstellen, dass Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen nicht zusätzlich belastet werden. Denn vor allem sie sind es, die schon heute mehr zum Klimaschutz beitragen als andere: Sie fahren kleinere Autos, nutzen öfter den Öffentlichen Nahverkehr, wohnen in kleineren Wohnungen, nutzen seltener das Flugzeug. Damit Klimaschutz für alle bezahlbar bleibt, brauchen wir einen Mix an Instrumenten: Beispielsweise beim Kauf von Elektroautos höhere staatliche Zuschüsse für Menschen mit niedrigem Einkommen. Auch beim Strukturwandel in den Kohleregionen lassen wir die Beschäftigten nicht im Stich. Ziel ist, Klimaschutz mit sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlichem Fortschritt zu verbinden. Oder kurz: Arbeit und Umwelt zu versöhnen.“

Die Kernpunkte im Überblick

  • Den Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigen – 65% bis 2030. Wir wissen: Durch den vereinbarten Ausstieg aus der Kohle müssen unsere Ausbauziele bei den Erneuerbaren Energien ambitionierter werden. Deshalb organisieren wir jetzt die nächste Stufe der Energiewende: Momentan ist die Vergütung der Energieerzeugung durch Wind und Sonne bei einer bestimmten installierten Leistung gedeckelt, das heben wir auf. Ziel ist eine Preisumkehr: Erneuerbare Energien müssen langfristig billiger werden.
  • Die Energiewende vor Ort zu einem Gewinn für alle machen. Wir wollen die kommunale Energiewende unter starker Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort schaffen. Zum Beispiel mit Bürgerwindparks oder einer finanziellen Beteiligung der Anwohner. Kommunen, die einen besonderen Beitrag zur Windenergie leisten, erhalten zum Ausgleich eine stärkere finanzielle Unterstützung.
  • Mehr Elektromobilität auf die Straße bringen.
    Um das zu erreichen, will die SPD Beschäftigte mit niedrigerem Einkommen beim Kauf eines Elektroautos mit einem höheren staatlichen Zuschuss unterstützen.
  • Eine ökologische Steuer- und Abgabenreform.Mit einem Preis auf klimaschädliche CO2-Emissionen werden wir den Umstieg auf klimafreundlichere Technologien bei Wärme und Verkehr beschleunigen. Damit niemand ungerecht belastet wird, wird das eingenommene Geld den Bürgerinnen und Bürgern zurückgegeben. Wer sich klimafreundlich verhält, hat künftig mehr Geld in der Tasche.
  • Bezahlbarer Wohnraum, der das Klima schützt. Wir wollen zukünftig die Warmmiete zur Grundlage der Mietgesetzgebung machen. So bleiben die Kosten zur Energieeinsparung bei Wohnungen nicht bei den Mieterinnen und Mietern hängen, sondern sind vom Eigentümer bzw. Vermieter zu tragen.
  • Die Finanzierung des Wandels sichern. Außerdem wollen wir das Vermögen des Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung in Zukunft stärker für klimapolitisch relevante Investitionen einsetzen.

Stephan Weil: „Arbeit und Umwelt zusammen bringen“

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil: „Die SPD hat sich immer als Partei der Arbeit verstanden. Aber wir wissen auch, wir müssen unbedingt beim Klimaschutz wesentlich besser werden“, sagte Stephan Weil. Nun habe man Vorschläge vorgestellt, „wie wir Arbeit und Umwelt zusammen bringen, in dem wir die Energiewende deutlich beschleunigen, in dem wir Druck machen beim Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft, in dem wir flankieren den großen Umstieg bei der Energiewende hin zu alternativen Antrieben und vieles andere mehr. Das ist für uns als SPD ein ganz wichtiger Schritt.“

BUND: „Erster Schritt, jetzt politisch handeln!“

Olaf Bandt, Geschäftsführer Politik und Kommunikation beim BUND, zum SPD-Papier: „Der BUND begrüßt das Impulspapier der SPD-Parteiführung als einen ersten, wichtigen Schritt hin zur Entwicklung eines überzeugenden ökologischen Profils der Sozialdemokraten. Es wirkt, als habe die Parteiführung die Zeichen der Zeit erkannt und ist bereit umzusteuern. Die vom SPD-Parteivorstand beschriebenen Maßnahmen werden nur dann helfen das Klima zu schützen und den notwendigen Werte- und Systemwandel einzuleiten, wenn sie Gesetz werden. Ihre Glaubwürdigkeit gegenüber den Wählern bemisst sich daran, was die Partei bis Ende des Jahres umsetzt.

Bandt begrüßt den Fokus auf ÖPNV, Schiene und Radverkehr. Doch die Fixierung der SPD auf technische Innovationen zeige ebenso wie das Festhalten an fossilen Brennstoffen wie LNG, dass in Teilen der SPD noch nicht angekommen sei, wie tiefgreifend sich die Gesellschaft ändern müsse. Bei der Weiterentwicklung der ökologischen Position der Partei müssten künftig v or allem soziale Innovationen und Maßnahmen zur Überwindung des Wachstums als übergeordnetem politischen Ziel  im Zentrum stehen. Bandt: „Die SPD muss den Menschen die Angst vor Veränderung nehmen und ihnen eine Perspektive aufzeigen.“

Besonders hebt er allerdings hervor: „Das Bekenntnis der SPD zur Verabschiedung des Kohleausstiegsgesetzes und des Klimaschutzgesetzes in diesem Jahr. Positiv sind ebenfalls die Aussagen zum Erneuerbaren Ausbau und dem Bekenntnis zu dezentraler Bürgerenergie, aber auch hier braucht es die Gesetzgebung noch in diesem Jahr.  Auch das klare Bekenntnis sich für eine Reform der europäischen Agrarpolitik einzusetzen, bei der Gelder nach dem Prinzip ‚öffentliches Geld für öffentliche Leistungen‘ vergeben werden, bewerten wir positiv.“

In der weiteren parteiinternen Diskussion müssten nach Auffassung des BUND nun ökologische Notwendigkeiten im Vordergrund stehen. Die erforderlichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen müssten von der 1,5 Grad-Grenze her gedacht und von sozialer Gerechtigkeit und mehr Demokratie und Bürgerbeteiligung flankiert werden. Ökologische Notwendigkeiten und menschliche Bedürfnisse müssten dabei im Fokus stehen.

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