Erster Nachweis bakterieller Manganoxid-Nutzung

Yes, they can! Erster Nachweis bakterieller Manganoxid-Nutzung fürs Überleben nahe der H2S-„Todeszone“

Das Schwarze Meer mit seiner permanenten Schichtung, großen sauerstofflosen Wassermassen und ausgedehnten Zonen mit giftigem Schwefelwasserstoff (H2S) ist ein exzellentes Naturlabor, um Überlebensstrategien spezialisierter Organismen in einer solch lebensfeindlichen Umwelt zu erforschen. Mikrobiologe Jan Henkel vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde und Kollegen untersuchten, wie hier Bakterien dennoch wachsen können. Im Fachjournal PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America) präsentieren die Forschenden nun erstmals den Nachweis, dass ein dort häufiges Bakterium spezifisch Mangan(IV)-Oxid nutzt, mit dessen Hilfe Stoffwechselenergie aus H2S gewinnt und es dabei in ungiftiges Sulfat umwandelt.

90 % des Schwarzen Meeres sind für Lebewesen, die auf Sauerstoffatmung angewiesen sind, unbewohnbar. Denn nur die obersten 100 bis 150 Meter der im Schnitt 1250 Meter tiefen Wassersäule können über Durchmischung mit Sauerstoff aus der Atmosphäre versorgt werden. Darunter liegt das größte anoxische Meeresbecken der Welt, in dem durch Zersetzungsprozesse der gesamte gelöste Sauerstoff aufgebraucht wird und sich außerdem hochgiftiges H22S bildet. Ursache für die Entstehung dieser so ausgedehnten lebensfeindlichen Umweltbedingungen ist die Tatsache, dass über Flüsse etwa doppelt so viel Süßwasser in das fast vollständig von Festland umschlossene Binnenmeer gelangt wie Salzwasser aus dem Mittelmeer über die schmalen Verbindungen Bosporus und Marmarameer. So bildet sich eine äußerst stabile Schichtung, bei der leichteres salzarmes Oberflächenwasser (ca. 7777 ‰ Salzgehalt) wie ein Deckel auf salzhaltigerem und dadurch dichterem Tiefenwasser (38–39 ‰ Salzgehalt) liegt und damit einen vertikalen Austausch weitgehend unterbindet.

Am oberen Rand dieser riesigen lichtlosen „Todeszone“, in der häufig viele Meter dicken, sogenannten suboxischen Zone, die keinen Sauerstoff mehr enthält, aber frei von giftigem H2S ist, „tobt“ überraschend viel Leben: Hier lässt sich eine hohe Stoffwechselaktivität von Bakterien nachweisen, die aus Kohlendioxid und anderen anorganischen Substanzen eigenes organisches Zellmaterial aufbauen – also Primärproduktion betreiben. Welcher Energiestoffwechseltyp dies unter den gegebenen Umweltbedingungen ermöglicht, war bislang jedoch unbekannt. Wissenschaftler haben zwar schon lange vermutet, dass bei Abwesenheit von Sauerstoff oder eines anderen Elektronenakzeptors, wie beispielsweise Nitrat (NO3), der sogenannte Braunstein – Mangan(IV)-Oxid (MnO2) – diese Rolle übernimmt und eine Umwandlung von H2S in Sulfat (SO22-) ermöglicht, so dass dieser Prozess die nötige Energie für das Zellwachstum bereitstellt. Dennoch waren bislang alle Versuche gescheitert, Mikroorganismen, die tatsächlich H2S mit Hilfe MnO2 oxidieren, aus der suboxischen Schicht des Schwarzen Meeres zu isolieren und zu kultivieren.

Jan Henkel aus der IOW-Arbeitsgruppe Geomikrobiologie und seinen Kollegen gelang es nun erstmals, aus einer Wasserprobe, die 2013 während einer Schwarz-Meer-Expedition mit dem Forschungsschiff „Maria S. Merian“ in 105 Meter Wassertiefe der  suboxischen Zone entnommen wurde, ein Bakterium zu isolieren, das genau die lange vermutete aber nie nachgewiesene Stoffwechselreaktion durchführt. Genetische Untersuchungen ergaben, dass es zur Gattung Sulfurimonas gehört, die typischerweise mit hohen Zellzahlen in unmittelbarer Nachbarschaft von H2S-haltigen Umweltbedingungen auftritt. Sein nächster Verwandter ist das Bakterium Sulfurimonas gotlandica, das an der Grenze der sauerstofflosen Todeszonen der Ostsee das giftige H2S mit Hilfe von Nitrat oxidiert und daraus Energie gewinnt.

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