Denkmal für Islands ersten weggeschmolzenen Gletscher

Klimawandel verantwortlich – Island tut sich schwer, Verlust zu verarbeiten

Islands erster durch den Klimawandel verlorener Gletscher wird mit einem Denkmal in Erinnerung bleiben, das nächsten Monat an der Stelle des ehemaligen Gletschers enthüllt werden soll. Bereits 2014 hatte der Okjökull den offiziellen Status als Gletscher verloren, weil zu viel seiner Eismasse weggeschmolzen war, so Forscher der Rice-University in Houston, Texas.  Jetzt gibt es ihn nicht mehr: Der Gletscher auf dem Gipfel des Vulkans Ok ist der erste in Island, der infolge der Erderwärmung verschwunden ist.

Ok-Jökull-Gedenktafel, Island – Text von Andri Snaer Magnason – Foto © Rice-University, Grétar Thorvaldsson/Málmsteypan Hella – CC BY-SA 4.0, commons.wikimedia.org

In Zukunft soll die Gedenktafel die Menschen motivieren, den Klimawandel zu bekämpfen. Die schlichte Tafel aus Kupfer ist mit einem „Brief an die Zukunft“ beschriftet. Verfasst hat ihn der isländische Schriftsteller Andri Snær Magnason. Im Interview mit der Zeit spricht er über die Tafel, Islands Gletscher und den Sinn des Gedenkens.

„Der Gletscher ist fast komplett weggeschmolzen. Der Okjökull war einige Quadratkilometer groß, das Eis bis zu 50 Meter dick. Ein beeindruckender Anblick war das. Davon übrig geblieben sind ein kleiner Eissee und Schneemasse. Aber das kann man nicht mehr einen Gletscher nennen. Das ist totes Eis. Ein lebendiger Gletscher bewegt sich, das Eis fließt und bricht. Ein toter Gletscher sieht auch tot aus. Da bewegt sich nichts mehr.“

Magnason weiter: „Jeder weiß inzwischen, dass die Wissenschaft sagt, wir müssen unseren CO2-Ausstoß drastisch verringern.  J e t z t  müssen wir reagieren, und zwar der ernsten Diagnose angemessen. So wie es die Kinder fordern, die für das Klima streiken. Ich hoffe, dass die Menschen, die diese Tafel eines Tages lesen werden, uns dankbar sein werden. Vielleicht werden sie aber auch denken, dass wir uns schon mal vorauseilend bei ihnen für unsere Untätigkeit entschuldigen wollten.“

Mit dem Verlust des Okjökull sorgt die Entgletscherung für die derzeit weitestreichende Veränderung der isländischen Landschaft – mehr als die Aktivität der über 30 Vulkane, mahr als die Erschließung neuer Wohngebiete oder die Ausweitung landwirtschaftlich genutzter Flächen.

Über die Hauptursache dafür haben US-Wissenschaftler keinen Zweifel. In einem Papier der Rice-Universität Houston vom 18.07.2019 wird allein die durch menschliche Aktivität erwärmte Erdatmosphäre genannt und die „radikale Einschränkung“ von Treibhausgasemissionen gefordert.

Forscher der Rice University in Houston, der Autor Andri Snær Magnason und der Geologe Oddur Sigurðsson (der Glaziologe, der als erster den Okjökull zum „Ex-Gletscher“ erklärt hat) werden sich am 18.08.2019 Mitgliedern der Isländischen Wandervereinigung und der Öffentlichkeit anschließen, um ein Denkmal für das Gelände des ehemaligen Okjökullgletschers in Borgarfjörður, Island, zu errichten. Der weggeschmolzene Gletscher war Thema des von den Reisanthropologen Cymene Howe und Dominic Boyer produzierten und vom ehemaligen Oberbürgermeister von Reykjavík, Jón Gnarr, gesprochenen Dokumentarfilms „Not Ok“ von 2018. Boyer und Howe sagten, Wissenschaftler befürchteten, dass sämtliche der mehr als 400 Gletscher der Inselnation bis 2.200 verschwunden seien.

„Dies wird das erste Denkmal für einen Gletscher sein, der durch den Klimawandel irgendwo auf der Welt verloren gegangen ist“, sagte Howe. „Indem wir Okjökulls Tod markieren, hoffen wir, die Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was mit dem Auslaufen der Gletscher der Erde verloren geht. Diese Eisflächen sind die größten Süßwasserreserven des Planeten und in ihnen eingefroren sind Geschichten der Atmosphäre. Sie sind auch oft wichtige kulturelle Formen, die von großer Bedeutung sind.“

Der Ex-Gletscher Okjökull

„Im gleichen Geist wie der Film wollten wir ein dauerhaftes Denkmal für Ok schaffen, einen kleinen Gletscher, der eine große Geschichte zu erzählen hat“, sagte Boyer. „Ok war der erste isländische Gletscher, der wegen der Art und Weise, wie Menschen die Atmosphäre des Planeten verändert haben, geschmolzen ist. Sein Schicksal wird von allen Gletschern Islands geteilt, wenn wir nicht jetzt handeln, und die Treibhausgasemissionen radikal reduzieren.“

Der Film feierte seine Weltpremiere im August letzten Jahres im Kino Bíó Paradís in Reykjavík, und die Macher des Films veranstalteten eine „Ex-Gletscher-Tour“, um die Überreste von Okjökull zu sehen. Eine zweite „Ex-Gletscher-Tour“ führt die Teilnehmer an den Ort, an dem das Denkmal errichtet wird (https://www.notokmovie.com). Howe und Boyer hoffen, dass das Denkmal das Bewusstsein für den Rückgang der Gletscher Islands und die Auswirkungen des Klimawandels schärfen wird.

„Einer unserer isländischen Kollegen hat es sehr klug formuliert, als er sagte: „Gedenkstätten sind nicht für die Toten, sie sind für die Lebenden“, sagte Howe. „Mit diesem Denkmal wollen wir unterstreichen, dass es an uns, den Lebenden, liegt, gemeinsam auf den schnellen Gletscherverlust und die anhaltenden Auswirkungen des Klimawandels zu reagieren. Für den Ok-Gletscher ist es schon zu spät, jetzt ist es das, was Wissenschaftler als „totes Eis“ bezeichnen.“

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