Wie sinnvoll ist die CO2-Steuer?

Steuerüberwälzung an den Endverbraucher

Alter Stromzähler – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Was passiert, wenn die Preissteigerung an den Kunden weitergegeben wird? Es wird der gesamte Konsum verringert, auch in anderen Branchen, weil Geld fehlt. Das führt zu einer Verringerung der Arbeitseinkommen, weil Unternehmen bei Personalkosten den Sparstift ansetzen. Dies bewirkt eine weitere Verringerung des Konsums und steuert das Land in Richtung geringeres Wirtschaftswachstum.

Man weiß eben nicht, inwieweit einzelne Haushalte geschwächt oder gar begünstigt werden. Zum Beispiel kann der Hausbesitzer, der aus regenerativen Energiequellen schöpft, Vorteile erzielen, während der Mieter, der keine Wahlmöglichkeit hat, noch tiefer in die Tasche greifen muss. Dieses Beispiel stellt etwa eine in Österreich getroffene Maßnahme  dar, die freilich hinsichtlich einer Verringerung der Emissionen keine wirklichen Erfolge einfährt. Würde sich dieser Effekt verstärken lassen, wäre er zielführend. Es liegt aber auf der Hand, dass es so nicht geht. Ohne Gegenmaßnahmen führt die CO2-Steuer vielleicht zu Erfolg, aber auch Chaos bei Ärmeren.

Werden Schwächere schwächer? Regressive Wirkung bedeutet, dass ärmere Haushalte im Verhältnis zu ihren Einnahmen mehr bezahlen müssen. Das ist schon dann der Fall, wenn die Inflation höher als der Anstieg des Einkommens ist, also so gut wie immer. Zahlreiche Studien sprechen der CO2-Steuer teilweise diese Wirkung ab. Der Staat kann proaktiv Gegenmaßnahmen ergreifen. Die Schweiz fand eine Lösung, indem pro Kopf eine Rückverteilung vorgenommen wird. Eine derartige Regelung kann sämtliche individuellen Aspekte berücksichtigen. Lehnt eine Regierung die CO2-Steuer mit diesem Argument ab, ist der Nachteil selbst verschuldet.

Sind klimapolitische Maßnahmen schlecht für eine Volkswirtschaft?

Ist Klimafreundlichkeit kein Qualitätsmerkmal? Sind Qualitätssteigerungen teuer und deshalb schlecht für die Volkswirtschaft? Viele sagen Nein. Schon zu Beginn der 90er Jahre stellte Michael E. Porter, US-Ökonom und Universitätsprofessor für Wirtschaftswissenschaften an der Harvard Business School, in der Harvard Business Review eine These vor, der zufolge umweltpolitische Maßnahmen auch innerhalb eines Landes kein Nachteil sein müssen. Nämlich dann, wenn eine Umsetzung der Ziele als Qualitätskriterium und Auslöser für Innovationen gewertet wird, die Vorreiterrollen befördern. Die Nachfrage kommt auch von anderen Ländern. Dann werden die Maßnahmen zum Vorteil.

Was passiert mit dem Geld?

Teilt man es nach sinnvollen Kriterien auf, um die Belastung der Bevölkerung – wie oben angesprochen – zurückzugeben, nennt man die CO2-Steuer aufkommensneutral. Die zusätzlichen Summen im Staatshaushalt bieten aufkommensneutralen Spielraum für einen Gesetzgeber. Man kann andere Zwecke damit erreichen – Abfederung beim Pendler, Belohnung von umweltfreundlichen Unternehmen mit weitergehendem Lenkungseffekt, Subventionen für die Forschung – die gesamte Zielerreichung kann auf diese Weise noch weiterreichend sein als ohnedies. Schafft man dadurch technische Neuerungen mit CO2-Ersparnis von eigenen Unternehmen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass man damit andere Staaten beliefern kann. Dann hätte Porter recht behalten.Im Ergebnis ist eine aufkommensneutrale CO2-Steuer keine Belastung. Selbst als bloße Staatseinnahme kann sie den Faktor Arbeit und Eigenleistung entlasten und so zu höherem Konsum führen sowie die Volkswirtschaft ankurbeln und neue Arbeitsplätze schaffen. Nur eben nicht bei unbelehrbaren Stinkern.

Wo steht die Staatengemeinschaft 2019?

Auf EU-Ebene wird seit 2005 auf ein anderes System gesetzt – den Emissionshandel. In 31 Staaten wird eine bestimmte Menge Schadstoffausstoß „erlaubt“ und als verbrieftes Recht am freien Markt mit einem fixen Preis gehandelt. Betroffen sind etwa 11.000 Anlagen, die fast die Hälfte aller Schadstoffbelastungen verursachen. Deutschland und Österreich werden unter anderem für die mangelnde Umsetzung kritisiert – es bestehen trotz europarechtlicher Regelwerke zahlreiche Möglichkeiten für Umgehungen. Außerdem sind die Preise sind so angesetzt, dass sie bislang nichts bewirkt haben.

Die anderen EU-Regeln betreffend Energiegewinnung in Europa unterscheiden nicht nach Klimaschädlichkeit. Vielmehr wurde den Staaten darin viel Spielraum gelassen, selbst auf politisch gewünschtem Weg ihre Lenkungseffekte zu erzielen. Interessant ist umweltpolitisch betrachtet das sogenannte Subsidiaritätsprinzip: Dieses besagt, dass sich die Union dort zurück hält, wo ein Staat selbst Dinge lösen kann. Man schafft nur dort eine Lösung, wo es das Mitgliedsland allein nicht schafft.

Das Problem dabei ist jedoch, dass es vorher einer Einschätzung über die dem Thema beizumessende Priorität bedarf: Der Stellenwert für Umwelt ist in jeder politischen Bewegung anders. Manche Parteien sagen, es sei höchste Zeit für ein Einschreiten der EU, um die menschengemachte Erderwärmung zu stoppen. Dann dürfte sie auch keine Freihandelsverträge schaffen, die massenweise Fleisch aus Übersee in unsere Märkte schiffen. Andere begründen es wiederum mit dem Subsidiaritätsprinzip, dass das die EU nichts angehe.

Folgt: Frankreich, Schweiz, Österreich