„Unverhältnismäßige“ Medienpräsenz

Einführung – anthropogene Ursache von überwältigender Klimaforscher-Mehrheit unterstützt

Seit Anfang der 2000er Jahre gibt es kaum Meinungsverschiedenheiten unter wissenschaftlichen Experten über die grundlegenden Beweise für die Existenz, Herkunft und gesellschaftliche Bedeutung des anthropogenen Klimawandels (climate change – CC). Doch während eine anthropogene Ursache von einer überwältigenden Mehrheit der Klimaforscher (climate change scientists – CCS) unterstützt wird, haben die Klimawandelleugner (climate change contrarians – CCC) erfolgreich eine starke Stimme in der Politik- und Wissenschaftskommunikation in den Vereinigten Staaten organisiert.

Wissenschaftshistoriker haben die politischen Ursprünge der CCC-Bewegung detailliert beschrieben und dokumentiert, wie es ihren strategischen Bemühungen gelungen ist, die wissenschaftsbasierte Erzählung an mehreren Fronten zu verzerren, z.B. durch die Förderung der Idee, dass es an wissenschaftlichem Konsens über anthropogene CC mangelt, obwohl objektive Forschung wenig Beweise für einen solchen Anspruch gefunden hat. Eine Studie, die Konsens Wissenschaftler mit nicht überzeugten Wissenschaftlern verglich, fand heraus, dass die 2-3% der Forscher, die nicht von Beweisen für anthropogene CC überzeugt waren, nicht nur klein an Zahl waren, sondern auch wesentlich geringere Autoritätsniveaus in der CC-Literatur besaßen. Eine weitere Studie, die ?3000 Geowissenschaftler untersuchte, ergab, dass die höchsten CC-Konsensniveaus unter den besten Klimatologen herrschen.

Menschliche, soziale und technologische Faktoren erleichtern weitreichende Desinformationsarbeit

Öffentliche Verwirrung über die Wissenschaft betrifft neben der CC-Kommunikation verschiedene andere Bereiche und erfordert ein besseres Verständnis der menschlichen, sozialen und technologischen Faktoren, die eine weitreichende Desinformationsarbeit erleichtern.

  1. Ein herausragender menschlicher Faktor, der zur Anfälligkeit der Öffentlichkeit für Informationsmanipulation beiträgt, ist die kognitive Verzerrung. Ein besonders relevantes Beispiel ist motiviertes Denken – die Tendenz von Einzelpersonen, ihre Urteile nach persönlichen und gruppenbezogenen Werten zu verzerren, auch wenn sie mit dokumentierten Fakten konfrontiert werden.
  2. Eine weitere Klasse von Faktoren sind prominente externe Einflüsse, die auf elitäre politische Signale, ideologische Vorurteile, kulturelle Weltanschauungen und sogar persönliche Wettererfahrungen zurückzuführen sind. Zu diesen externen Faktoren gehören nicht zuletzt die Nachrichtenmedien, die eine langjährige und dominante Rolle bei der Stärkung der Kulturpolitik spielen.
  3. Ein dritter entscheidender technologischer Faktor ist das Paradigma der neuen Medien und die nahezu grenzenlose Skalierbarkeit der Content-Verteilung über das Internet. Selbst wenn der Einzelne die vollständige Kontrolle über die Wahl seiner Informationsquellen hat, ist er dennoch anfällig für erhebliche Unterschiede in der Produktion von Inhalten und darüber hinaus anfällig für eine Medienberichterstattung, die in keinem Verhältnis zu der Autorität und Anzahl der Wissenschaftler steht, die den Standpunkt des Konsenses vertreten.

Jüngste Untersuchungen zeigen die Auswirkungen dieses Problems auf und belegen, dass die Akzeptanz von CC mit dem Konsum von Medieninhalten steigt (bzw. sinkt), welche die CC-Realitäten anerkennen (bzw. ablehnen), wobei andere Faktoren gleich sind. Die Anfälligkeit für Informationsmanipulationen kann weiterhin ein ernsthaftes Problem darstellen, bis sich die Gesellschaft vollständig an die Handhabung der schieren Bandbreite und des Umfangs der neuen Medienquellen angepasst hat. Die Bewältigung der Chancen und Risiken der CC-Kommunikation erfordert daher ein integriertes Verständnis dieser menschlichen, sozialen und technologischen Faktoren.

Multidisziplinäre Literatur über Klimawandel-Kommunikation

Dementsprechend ist die Literatur zur CC-Kommunikation multidisziplinär. Die Forschungsarbeiten stützen sich auf eine breite Palette von Methoden, die typischerweise auf einen einzigen Einstiegspunkt abzielen – wie die Anwendung von Inhalts- und Meta-Analysemethoden zur Auswahl von Sammlungen wissenschaftlicher Publikationen, Artikel in den Nachrichtenmedien oder Umfragen oder die Entwicklung von Verhaltensexperimenten und Umfrageinstrumenten. So identifizierten die Forscher beispielsweise durch eine eingehende Inhaltsanalyse bei der Auswahl von Medienartikeln gemeinsame Faktoren unter skeptischen Kritikern, schätzten den Prozentsatz der CC-Artikel, die skeptische Elemente enthalten, und entwickelten eine Typologie der CC-Skeptiker.

Aufbauend auf diesem Rahmen berichtet eine weitere aktuelle Studie, dass sich die Klimawandelleugner strategisch von ihrer externen Erzählung entfernt haben – zunächst auf der Grundlage grundlegender Prinzipien der CC-Wissenschaft (z.B. ihrer anthropogenen Ursprünge), um sich so als Skeptiker mit legitimen wissenschaftlichen Motiven für Meinungsverschiedenheiten zu präsentieren -, anstatt die Bewertung der CC-Wirkungen in Frage zu stellen, um die Entwicklung proaktiver Regelungen zu behindern. Eine separate groß angelegte Analyse interner Dokumente von 19 Klimaleugner-Organisationen zeigt jedoch, dass die innere konträre Erzählung immer noch eher auf die CC-Wissenschaft fokussiert ist, wobei die relative Häufigkeit von wissenschaftsbezogenen Themen im Zeitraum 2009-2013 im Vergleich zu politikbezogenen Themen zunimmt.

Trend, dass Klimwandelleugner im öffentlichen wissenschaftlichen Diskurs scheinbar im Vorteil sind

Im Folgenden charakterisieren und vergleichen wir die CC-Akteure auf verschiedenen Aggregationsebenen: erstens, indem wir ihre wissenschaftliche Autorität und Medienpräsenz sowohl auf Einzel- als auch auf Gruppenebene vergleichen; und zweitens, indem wir ihre Assoziationen abbilden, die sich in Medien-Ko-Sichtbarkeitsnetzwerken und wissenschaftlichen Ko-Zitationsnetzwerken manifestieren. Unser Ansatz berücksichtigt die unterschiedliche Sichtbarkeit über ein breites Spektrum von Quellen, von Mainstream- bis hin zu Nicht-Mainstream-Quellen. Durch die gleichzeitige Berücksichtigung der wissenschaftlichen Autorität jedes Einzelnen trägt unsere quantitative Analyse zur CC-Kommunikationsliteratur bei, indem sie aufzeigt, inwieweit prominente Klimaleugner-Stimmen von der Skalierbarkeit der neuen Medien profitieren, insbesondere die große Zahl von Nachrichtenquellen und Blogs der zweiten Stufe, die keine strengen Standards zur Beurteilung der Informationsqualität umsetzen. Eine solche unverhältnismäßige Medienpräsenz von klimaleugnenden Argumenten und Akteuren stellt nicht nur die Verbreitung von expertenbasierten Überzeugungen falsch dar, sondern untergräbt auch offensichtlich die glaubwürdige Autorität beruflicher CCS-Experten und verstärkt den Trend, dass der CCC im öffentlichen wissenschaftlichen Diskurs im Vorteil ist, was insgesamt die Aussichten auf ein schnelles öffentliches Handeln gegen den Klimawandel erschwert.

->Quellen: