Immer noch Abschalteinrichtungen bei VW?

KBA droht Audi – VW dementiert, Audi gelassen – VW muss zahlen

Der Skandal um manipulierte Abgaswerte weitet sich aus: Laut SWR sind offenbar auch neue VW-Dieselmotoren manipuliert, um Abgastests automatisch zu erkennen. Der Konzern dementiert. VW-Tochter Audi muss binnen zwei Wochen einen genauen Plan vorlegen, wie alle im Zuge der Abgasschummeleien beanstandeten Fahrzeuge in einen gesetzeskonformen Zustand gebracht werden. Andernfalls drohen Zwangsgelder. Der Autobauer gibt sich gelassen.

VW-Niederlassung Kassel – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Nach den SWR-Recherchen geht aus vertraulichen VW-Dokumenten hervor, dass auch in neuere VW-Diesel-Motoren mit Euro-6-Abgasnorm eine betrügerische Software eingebaut wurde. Der VW-Konzern dementierte allgemein: bei diesen Motoren  seien keine illegale Abschalteinrichtungen eingebaut. Konkret geht es dabei um die VW-Motorreihe EA 288, den Nachfolger des Motors EA 189, der im Zentrum des ersten Diesel-Skandals stand. Der Nachfolge-Motor wurde seit 2012 in hunderttausenden Diesel-Fahrzeugen des Konzerns eingebaut.

VW: „Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA288, nach dem heute gültigen Abgasstandard EU6 in EU 28, enthalten keine Zykluserkennung.“ Demnach gebe es auch keine unzulässige Abschalteinrichtung. „Wir untersuchen diesen Themenkomplex seit 2015 und die Ergebnisse aller Untersuchungen und Messungen bestätigen nach unserem aktuellen Wissenstand die Erkenntnis, dass die Nutzung von Fahrkurven beim EA288 Motor keinen Einfluss auf die Einhaltung von Emissionsgrenzwerten haben oder hatten.“ In dem Bericht der „Untersuchungskommission Volkswagen“ aus dem Jahr 2016 hieß es ebenfalls, dass sich Hinweise auf Manipulationen der Dieselmotor EA 288 als unbegründet erwiesen hätten.

Doch der Abgasexperte Axel Friedrich, der den ersten (deutschen) Diesel-Skandal zusammen mit der DUH aufgedeckt hatte und Experte im Diesel-Untersuchungsausschuss des Bundestages war, kommt nach Durchsicht der VW-Unterlagen zum Ergebnis, dass auch beim Motor EA 288 eine Abschalteinrichtung vorliegt. „Das Fahrzeug erkennt, ob es auf einem Prüfstand steht – nur dann wird ausreichend AdBlue eingespritzt. Dagegen wird im normalen Fahrbetrieb auf der Straße viel weniger AdBlue verwendet.“ Friedrich ist überzeugt: „Das Kraftfahrtbundesamt wird in diesen Dokumenten erkennen, dass es mindestens bis Mitte 2016 bei dem Modell ‚EA 288‘ eine Abschalteinrichtung gegeben hat.“

Zwangsgeld für Audi?

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) droht dem Bericht einer Boulevardzeitung folgend Audi inzwischen mit Zwangsgeldern, sollte der Autobauer nicht bis zum 26.09.2019 nachweisen, wie alle beanstandeten Fahrzeuge in einen gesetzeskonformen Zustand gebracht werden. Ignoriere Audi den Bescheid, drohe ein Entzug der Typengenehmigung. Die Freigabe für ein Software-Update fehle für einzelne V6- und V8-Modelle mit der Abgasnorm Euro 6, so das Blatt.

Zudem drohen Audi wegen Abgasmanipulationen weitere Rückrufe für ältere Dieselmodelle mit der Abgasnorm 4. Die Rückrufe durch das KBA von Euro-4-Fahrzeugen der Audi AG stünden „unmittelbar bevor“, hieß es. Audi dagegen sieht sich bei der Umrüstung manipulierter Dieselfahrzeuge im Plan und wird nach eigener Aussage die Fristen einhalten.

Der Autobauer hielt dagegen: „Audi kommt in der Dieselkrise weiter voran.“ Für die letzten acht Prozent der betroffenen Audi-Fahrzeuge in Deutschland rücke die Freigabe der technischen Abhilfe in greifbare Nähe. „Wir werden noch im September und damit innerhalb der vom Kraftfahrt-Bundesamt gesetzten Frist die Unterlagen für weitere 8200 Fahrzeuge komplett haben.“

12.400 Autos betroffen

Audi behauptet, es seien lediglich noch Lösungen für 12.400 Autos offen. Für die verbleibenden Fahrzeuge sei ebenfalls ein Software-Update erarbeitet worden, erforderliche Emissionsmessungen seien erbracht. „Somit sehen wir keinen Grund für einen Entzug der Typgenehmigung. Die Lösung steht unmittelbar bevor, wir halten die Frist ein.“

Nach der Berichterstattung des SWR über die VW-Dokumente zum Motor „EA 288“, hatten der VW-Konzern und auch das Bundesverkehrsministerium – unter Berufung auf das Kraftfahrtbundesamt – mitgeteilt, dass im betreffenden Fahrzeug keine unzulässige Abschalteinrichtung und auch keine unzulässige Zykluserkennung festgestellt worden seien. Zuvor hatte VW lediglich schriftlich mitgeteilt: „Das von Ihnen zitierte Dokument unterliegt der Vertraulichkeit, ich kann es daher nicht kommentieren.“

Folgt: FAZ: „An den Haaren herbeigezogen“