Geplanter CO2-Preis zu niedrig

Expertenanhörung im Bundestag

Der im Klimaprogramm 2030 der Bundesregierung vorgeschlagene Einstiegspreis für CO2 von zehn Euro pro emittierter Tonne ist aus Sicht von Experten zu niedrig – so der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag über ein öffentliches Fachgespräch des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung zum Thema „Mögliche CO2-Bepreisungs-Modelle“ am 25.09.2019. Der Preis sollte vielmehr zwischen 35 bis 50 €/t CO2 liegen, um die gewünschte Lenkungswirkung zu erreichen, so die geladenen Sachverständigen.

Da müssten wir eigentlich hin: CO2-Bepreisung – Montage © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Bei der Wahl zwischen einer CO2-Bepreisung über den Emissionsrechtehandel oder über eine reformierte Besteuerung, ist nach Auffassung von Prof. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin „eine Energiesteuerreform die überlegene Option“. Damit schaffe man mittel- bis langfristig Planungssicherheit, da durch einen glaubhaft festgelegten Preispfad für CO2 das Risiko eines schwankenden Preises für Haushalte und Unternehmen vermieden werde. Das ergebe sich nämlich für die Endverbraucher, wenn der Wärme- und Verkehrssektor in den Emissionshandel einbezogen würde, so Kemfert. Zudem biete eine CO2-Bepreisung im Rahmen des nationalen Steuersystems den Vorteil, „dass sie kurzfristig mit geringem Aufwand auf nationaler Ebene umgesetzt werden kann“. Die Rückvergütungsmechanismen in Form einer Klimaprämie oder Strompreissenkungen könnten innerhalb einer nationalen Steuerreform einfacher und mit geringeren Transaktionskosten umgesetzt werden als im europäischen Rahmen. Eine progressive Ausgestaltung der Reform würde ihrer Ansicht nach vor allem Haushalte mit niedrigem Einkommen leicht entlasten.

Prof. Gernot Klepper vom Institut für Weltwirtschaft wies auf eine Studie seines Institutes hin, wonach ein umfassendes Emissionshandelssystem (ETS) möglich sei, das nicht nur knapp die Hälfte der Treibhausgas-Emissionen erfasse – wie bisher der Europäische Emissionshandel (EU-ETS). Die zu einem ETS-PLUS neu hinzukommenden Treibhausgas-Emissionen beträfen Kleinstemittenten wie Heizungsanlagen und mobile Emissionsquellen wie Fahrzeuge. Nicht-CO2-Emissionen wie Methan und Lachgas würden zu einem Gutteil in der Landwirtschaft anfallen und seien daher gut identifizierbar. Zur Erfassung und Regulierung dieser neu hinzukommenden Treibhausgas-Emissionen müsse das EU-ETS, das bisher anlagenorientiert gewesen sei, auf Upstream-Lösungen ausgeweitet werden, sagte Klepper. Die Kontrolle von Importen und deren Wettbewerbseffekte, so räumte er ein, sei derzeit noch ungelöst.

Ein sinnvolles Reformpaket muss aus Sicht von Prof. Barbara Praetorius von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin eine stufenweise steigende, vorhersehbare CO2-Bepreisung in Form der CO2-orientierten Erhöhung der Energiesteuern enthalten, um klimaschonendes Verhalten und technischen Fortschritt zu belohnen. Gleichzeitig müssten durch Senkung der Stromsteuer und der Entlastung der EEG-Umlage von innovations- und industriepolitischen Kosten die Strompreise gesenkt werden. Um mit den zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung spürbare Entlastungswirkungen zu bewirken, werde eine integrierte Steuerreform benötigt, sagte Praetorius.

Prof. Christoph M. Schmidt, Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, sagte, das Ziel der CO2-Bepreisung bestehe primär darin, die CO2-Emissionen auf effiziente Weise zu reduzieren, „nicht jedoch darin, zusätzliche Steuereinnahmen zu generieren“. Um in der Bevölkerung die Akzeptanz für die CO2-Bepreisung zu erhöhen, sollten die daraus erwachsenden Einnahmen sozial ausgewogen zurückverteilt. Selbst bei einem CO2-Preis von 35 €/t könnten private Haushalte gerade im Bereich der unteren Einkommen sogar entlastet werden, sagte Schmidt. (hib/HAU)

->Quellen: bundestag.de/hib=&mod=mod454590