Doppel-Interview Rudolf Staudigl (Wacker) und Robert Schlögl (FHI und CEC)
Chancen und Risiken der Energiewende waren Themen eines Gesprächs, das Ernst Deubelli, Passauer Neue Presse, am 12.02.2020 mit dem Vorstandsvorsitzenden der Wacker Chemie, Prof. Rudolf Staudigl und Prof. Robert Schlögl, Direktor am Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin und am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion (CEC) in Mülheim an der Ruhr, führte.
Beide übten deutliche Kritik vor allem an der Art und Weise, wie die Energiewende umgesetzt wird. So monierte Schlögl, dass „vor allem ehrgeizige Ziele, die wir erreichen sollen, im Vordergrund“ der politischen Diskussion stünden. Dagegen würde „eigentlich überhaupt nicht diskutiert“, wie die Klimaziele erreicht werden könnten. Entsprechend werde nicht zielführend gehandelt. Schlögl: „Lassen Sie es mich bildhaft sagen: Das Ganze ist wie ein Eisberg. Und da wird nur an der Spitze gekratzt.“
Einerseits müssten wir einsehen, dass zwar weltweit Handlungsbedarf bestehe, es also nicht nur um Deutschland gehe, wir aber „niemals unseren Energiebedarf allein aus inländischen Quellen decken können“ – wir also “ auch bei erneuerbarer Energie auf Importe angewiesen sind“. Laut Schlögl bleibt auch bei Erneuerbaren Energiequellen das Verhältnis Import zu heimischen Energiequellen in etwa gleich: 20 zu 80.
In Bezug auf die Importe verwies Staudigl auf „katalytisch hergestellte Produkte wie Wasserstoff oder Methanol“. Die könnten dann nach erfolgter „chemischer Stoffumwandlung“ (Schlögl) über weite Strecken transportiert werden. Selbst wenn man Solarstrom oder Windkraft in Feuerland ernte (und elektrolytisch in Wasserstoff, diesen dann in Methanol umwandle), könne man trotz Transport immer noch einen rentablen Wirkungsgrad erreichen. Schlögl: „Pflanzen nutzen nur ein halbes Prozent der Sonnenenergie; in der Technik sind über 20 Prozent realistisch“. Insoweit sei alles technisch und wissenschaftlich beherrschbar.
Woran es fehle, waren sich beide einig: Die Energiewende kranke daran, dass „kein richtiges Management hat. Da hat man erst Ausstieg und Abschaltung beschlossen, ohne sich rechtzeitig um den Aufbau von neuen Infrastrukturen zur Versorgung mit Energie zu kümmern. Da wird Verwaltung als Management missverstanden.“ (Staudigl) Zudem könnte der gewaltige Energieverbrauch der Industrie und damit auch ihr Anteil am CO2-Ausstoß stark verringert werden, man ihr „den Umstieg auf elektrische Energie als Basis der Produktion wirtschaftlich schmackhaft macht“. Um das zu erreichen, will Schlögl den Strom von allen politisch bedingten Steuern und Abgeben befreien. Für energieintensive Unternehmen müsse er unter vier Cent je Kilowattstunde kosten: „Mit einem niedrigen Strompreis und mehr und mehr Strom aus regenerativen Quellen kann die Chemieindustrie sehr schnell Klimaneutralität erreichen.“
Dazu brauche es, so Staudigl, „verlässliche politische Rahmenbedingen, das heißt, dass sie eine lange Gültigkeit haben und nicht permanent kurzfristig geändert werden. Zweitens brauchen wir weltweit wettbewerbsfähige niedrige Strompreise. Und das dritte ist, dass die notwendige Infrastruktur aufgebaut wird – wie Stromleitungen und Pipelines zum Transport von Wasserstoff, aber auch Kraftwerke, in denen Wasserstoff in elektrische Energie umgesetzt wird.“…
->Quelle und ganzes Interview: pnp.de/Klimapolitik-in-der-Sackgasse