Linkslaufende Windgeneratoren wären effizienter

Neue Erkenntnisse über Potenzial und Laufrichtung

Bis zu 23 Prozent mehr Energie könnten Windräder auf der Nordhalbkugel  erzeugen, wenn sie links herum laufen würden. Doch die 30.000 Windkraftanlagen in Deutschland drehen sich rechts herum – eine zufällige Übereinkunft, schreibt Otto Wöhrbach am 11.06.2020 im Berliner Tagesspiegel und beruft sich auf eine in Wind Energy Science publizierte Untersuchung („Sollen sich Windturbinen in entgegengesetzter Richtung drehen?“) von Forschern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt.

Windenergie unter Regenbogen bei Berlin - Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Windenergie unter Regenbogen bei Berlin – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Schon vor fünf Jahren fragte die Deutsche Welle unter Bezug auf eine Untersuchung des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena: “Viel Wind – weniger Energie?” – dessen Forscher gemeinsam mit Experten aus den USA und Frankreich errechnet hatten, dass dem Windenergiepotenzial überraschende Grenzen gesetzt sind. Die Nutzung des Windes für die Stromproduktion ist weniger effektiv als angenommen (siehe: solarify.eu/die-grenzen-des-windes).

In Windparks entstehen im Windschatten hinter Windgeneratoren Nachlaufströmungen mit geringeren Windgeschwindigkeiten und stärkeren Turbulenzen, auch Wakes genannt. Der Wind wird durch Vorstaueffekte reduziert. Anlagen, auf die der Nachlauf trifft, können daher weniger Energie konvertieren und stärker belastet werden – die Turbinen erzeugen weniger Strom und können Schaden nehmen. Diese Wakes können sich – abhängig von den atmosphärischen Bedingungen – mehr als 50 Kilometer lang erstrecken (siehe: solarify.eu/wakes-machen-offshore-windturbinen-zu-schaffen).

Die Windverhältnisse hinter einem Windrad seien einfach zu verstehen, so Wöhrbach: Das Windrad entnehme dem anströmenden Wind einen Teil seiner Geschwindigkeitsenergie und wandle sie mithilfe eines Generators (wie ein Dynamo) in elektrische Energie um. Der im Nachlauf hinter dem Windrad abströmende Wind sei daher etwas schwächer, doch der schneller wehende Umgebungswind reiße die langsameren Winde des Nachlaufs mit und beschleunige die Luftströmung wieder.

Die Winde werden durch die Corioliskraft abgelenkt, benannt nach dem französischen Wissenschaftler Gaspard Gustave de Coriolis, der sie 1835 ausführlich beschrieb. Ursache für die Corioliskraft ist die Drehung der Erde um die eigene Achse: Am Äquator dreht sich die Erde mit 1670 Kilometern pro Stunde nach Osten, in Richtung der Pole nimmt die Geschwindigkeit immer weiter ab. Strömen Luftmassen vom Äquator zum Nordpol, nehmen sie den Schwung nach Osten mit und bewegen sich dann schneller als die Erdoberfläche. Von der Erdoberfläche aus betrachtet, sieht es so aus, als ob sie von ihrem Nordkurs nach Osten – also nach rechts – abgelenkt würden. Umkehrt werden Luftmassen, die vom Pol zum Äquator strömen, von der Erdoberfläche überholt, werden also auf ihrem Südkurs nach Westen – ebenfalls nach rechts – abgelenkt.

Die DLR-Autoren Antonia Englberger und Andreas Dörnbrack zeigten nun mittels Computer-Simulationen, dass linksdrehende Nachlauf-Winde und nach rechts drehende Umgebungswinde einander abschwächen. Die Nachlaufwinde des Nachlaufs hinter einem Windrad nehmen daher nur langsam wieder Fahrt auf. Bei Linksdrehung der Rotorblätter wären die Windverhältnisse also günstiger: Die Bewegungskomponenten würden besser zusammenpassen. Der schnelle Umgebungswind könnte den langsamen Nachlauf-Wind gut erfassen und beschleunigen. Doch ob sich eine Umrüstung lohnen würde, hängt von weiteren, recht komplizierrten Faktoren ab

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