Wie grün wird das EU-Konjunkturprogramm tatsächlich?

Gegner torpedieren Überprüfung der Nachhaltigkeit von Investitionen

Der Entwurf der EU-Kommission für die europäischen Konjunkturhilfen gegen die Coronakrise ist auf die Ziele des European Green Deal ausgerichtet und überzeugt daher auch unter Klimaschutzaspekten. Unterstützt wird dies unter anderem von wichtigen Akteuren des deutschen Finanzsektors. Am 30.06.2020 haben 16 namhafte Finanzinstitute eine Selbstverpflichtung veröffentlicht, in der sie zusagen, die Pariser Klimaziele erreichen zu wollen und bis spätestens Ende 2022 ihre Portfolien entsprechend auszurichten. Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch begrüßt diese Erklärung, die auch eine Forderung an die Politik enthält: Um Investitionssicherheit zu schaffen, müssen auch politische Fahrpläne und Rahmensetzung nachhaltige Investitionen und Klimaschutz unterstützen.

Doch einige EU-Mitgliedsstaaten, wie Polen und auch Interessenvertreter aus der Gasbranche versuchten nun, die grüne Ausrichtung der europäischen Konjunkturhilfen auszuhöhlen. Sie attackierten die Anwendung der EU-Taxonomie bei der Überprüfung von Investitionen, so Germanwatch.

„Die Gegner wollen verhindern, dass die EU-Taxonomie zur Anwendung kommt. Diese Verordnung klassifiziert klar, welche Investitionen nachhaltig sind und im Einklang mit den Zielen des europäischen Green Deal stehen. Wir brauchen diese Überprüfung, wenn sichergestellt werden soll, dass EU-Gelder nicht das Erreichen der eigenen Ziele im Klima- und Umweltschutz verhindern“, erklärt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.

Konkret wollten die Gegner verhindern, dass öffentlich unterstützte Investitionen daraufhin geprüft würden, ob sie die Klima- und Umweltziele gefährdeten (do-no-significant-harm-Prinzipien). Die  EU-Kommission habe dieses Vorgehen im Entwurf verankert. Der Streit entfache sich insbesondere an der Rolle von Erdgas in Taxonomie und dem EU-Konjunkturprogramm. Die Förderung des fossilen Energieträgers widerspreche den Kriterien der Taxonomie, die bereits ausgehandelt und vom Europäischen Parlament verabschiedet worden seien.

Bals: “Besonders mit Blick auf die Sondersitzung des Europäischen Rats am 17.07.2020 muss sich Bundeskanzlerin Angela Merkel offensiv dafür einsetzen, dass die EU-Taxonomie nicht neu verhandelt, sondern schnellstmöglich angewandt wird. Eine Aufweichung muss auf jeden Fall verhindert werden. Als neue EU-Ratspräsidentschaft liegt es ab 01.07.2020 in der Verantwortung der Bundesregierung, die EU auf einen zukunftssicheren und nachhaltigen Weg aus der Krise zu führen.“ Einen ersten Schritt in diese Richtung seien Finanzminister Scholz und Umweltministerin Schulze am 29.06.2020 gegangen. Beide hätten sich im Handelsblatt klar zur Taxonomie bekannt.

Hintergrund

Mit der vom Europäischen Parlament verabschiedeten Taxonomie-Verordnung wird die weltweit erste grüne Liste für nachhaltige Investitionen in Wirtschaftstätigkeiten geschaffen. Sie verlangt von Finanzmarktakteuren, die in der EU tätig sind, ihre Investitionen anhand konkreter Kriterien offenzulegen und zu bewerten.

->Quelle:  Germanwatch.org/de/18808