Von Wüstenstrom zu Wüstenwasserstoff

Afrikaverein mit Desertec-Sonderausgabe

Der Afrikaverein der Deutschen Wirtschaft hat sich in einer Sonderausgabe seiner aw-Publikationen des 10jährigen Jubiläums der Desertec-Initative Dii angenommen. Im Vorwort schreibt Hauptgeschäftsführer Christoph Kannengießer, die „Idee von grüner Energie aus Afrika“ sei zwar „nicht neu“, denn vor 10 Jahren sei “ das Projekt ‚Desertec‘ aus der Taufe gehoben“ worden. Aber inzwischen sei daraus „eine Bewegung geworden, deren Grundgedanke in der Region bereits gelebt wird – nur eben in veränderter Form“.

aw-Sonderausgabe Dii

Wasserstoff sei „ein großer Hoffnungsträger, wenn es um die zukünftige klimafreundliche Energieversorgung geht“, so Kannengießer. Sowohl Berlin als auch Brüssel setzten vor allem auf den CO2– neutralen „grünen“ Wasserstoff aus Erneuerbaren Energien. Weil Europa seinen Bedarf nicht alleine decken könne, „soll grüner Wasserstoff nun künftig auch aus sonnen- und windreichen Ländern Afrikas kommen“. Der Afrikavereins-Hauptgeschäftsführer hält die „Bedingungen für die Wasserstoffproduktion auf dem Kontinent“ für „geradezu ideal.“

Er erinnert an die Brancheninitiative Dii Desert Energy: Heute sei aus dem einst für „gescheitert“ erklärten Projekt eine Bewegung geworden. Denn vor zehn Jahren habe kaum jemand geahnt, welche Rolle Wind- oder Solaranlagen heute spielen würden. „Mehrere nordafrikanische und arabische Staaten liefern sich inzwischen ein Wettrennen beim Ausbau grüner Energien. Allen voran Marokko, das seinen Energiebedarf bis 2030 zu mehr als 50 Prozent aus Erneuerbaren speisen will. Vor allem die Solarenergie soll, neben der Windkraft, Hauptmotor dieser Entwicklung sein. Riesige Solarkomplexe am Rande der Sahara in Ouarzazate und Midelt gehören zu den Leuchtturmprojekten des Landes. 2013 begann der halbstaatliche Betreiber Masen mit dem Bau des Solarkraftwerks „Noor“ (Bild li.). Aus einer Anlage wurden vier und Noor I bis IV haben heute bereits eine Kapazität von gut 580 Megawatt, genug Strom für eine Stadt von der Größe Prags. Das größte Solarkraftwerk der Welt soll weiterwachsen. Am Ende soll hier genügend Strom für zwei Millionen Menschen produziert werden. Auch in der ägyptischen Wüste steht einer der weltweit größten Solarparks.“

Neben den Solarparks habe Marokko an der Atlantikküste auch eine Reihe Windparks aufstellen lassen und sei zudem das einzige, über ein Stromkabel an das europäische Stromnetz angeschlossene nordafrikanische Land. Bis 2025 sollen jedoch auch Ägypten, Libyen und Tunesien angeschlossen werden.

Das Ausmaß der gegenseitigen Abhängigkeit in einer emissionsfreien Welt wird noch weiter zunehmen. Bereits heute stammen 13 Prozent des Erdgases und zehn Prozent des in Europa verbrauchten Öls aus Nordafrika. 60 Prozent der Ölexporte der Region und 80 Prozent der Gasexporte landen laut einer Dii-Studie in Europa.

Kannengießer abschließend: „Mit reichlich Wind und Sonne sowie niedrigen Arbeitskosten sollte Nordafrika in der Lage sein, grünen Wasserstoff – hergestellt durch die Nutzung Erneuerbarer Energien zur Wasserspaltung – günstiger als die meisten europäischen Konkurrenten zu produzieren. Laut Dii-Studie haben die meisten nordafrikanischen Länder ein enormes Potenzial an Land und Ressourcen, um aus Sonnen-und Windkraft grünen Wasserstoff für den Export zu produzieren. Bereits acht Prozent der Sahara mit Sonnenkollektoren zu bedecken würde ausreichen, um die ganze Welt mit sauberer Energie zu versorgen.“

Dii-CEO Paul van Son hat aus Desertec 1.0 inzwischen Desertec 3.0 gemacht – „Grüne Moleküle und
Grüne Elektronen“

Paul van Son mit Desertec-Ideengeber Gerhard Knies (+) 2017 – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Die vor zehn Jahren gestartete Desertec Vision konzentrierte sich zunächst auf Wüstenstrom für Europa (Desertec 1.0). Der Fokus verlagerte sich dann auf Erneuerbare in den lokalen Märkten (Desertec 2.0) und heute sorgt das Bündnis dafür, dass Grüne Moleküle und Elektronen aus den MENA-Wüsten der lokalen Bevölkerung zur Verfügung stehen und in der arabischen Welt als Kraftwerk für die globalen Märkte fungieren (Desertec 3.0).

Unter Desertec 3.0 hat Dii die MENA Hydrogen Alliance ins Leben gerufen. Ziel des Bündnisses ist die Förderung einer regionalen Partnerschaft zwischen Europa, Nordafrika und dem Nahen Osten, um lokale Wertschöpfungsketten durch den Einsatz von Grünem Wasserstoff zu beschleunigen. Es soll den privat-öffentlichen Sektor und Hochschulen zusammenbringen, die Dii Desert Energy fungiert dabei als Berater, um Projekte auszuarbeiten und verschiedene Interessengruppen über alle Aspekte der Herstellung, des Transports, der Umwandlung in Grünen Wasserstoff sowie über die Speicherung und Nachfrage zu informieren. Das umfasst auch den Export Grüner Moleküle auf die Weltmärkte.

Die Dii Desert Energy betrachtet das gesamte emissionsfreie Energiesystem, beginnend mit Formen der Erzeugung von Erneuerbaren Energien, Stromnetzen, neuer Technologien und Innovationen wie „Power to X“, Speicher, Elektromobilität und Smart Cities. Unsere Mission: Energie ohne schädliche Emissionen. Die Aktivitäten konzentrieren sich zwar auf große Projekte, aber umfassen auch Solardächer, Hybrid-Projekte sowie kleine Wind- und Wasserkraftanlagen, in der entstehenden Wertschöpfungskette für saubere Energie von zentraler Bedeutung sind. Darüber hinaus identifizierte die Dii mehr als 1.200 Projekte für Erneuerbare Energien in der MENA-Region.

Indem sie die in der MENA-Region international tätige Industrie mit Behörden und Institutionen zusammenbringt, konzentriert sich die Dii Desert Energy auf die praktischen Bedingungen entlang den Energie-Wertschöpfungsketten. Das führt zu konkreten und profitablen Projekten für die Partner der Dii und für den Markt im Allgemeinen – am Ende profitieren lokale und internationale Unternehmen.
Bisher umfasst die Dii die Hauptbetreiber ACWA Power (KSA) und CEPRI/State Grid of China sowie 40 assoziierte Partner und Interessengruppen aus 25 Ländern in MENA, Europa, Afrika und Asien. Die Dii wird von Paul van Son, Cornelius Matthes und Frank Wouters (Deutschland / VAE) geleitet. Im Dii-Beirat sitzen international angesehene Entscheidungsträger – darunter auch der öffentliche Sektor und Top-Experten, die eine herausragende Rolle bei der Gestaltung der Marktentwicklungen und der Dii-Strategie spielen.

->Quellen: