„’Renovation Wave‘ zum Erfolg führen!“

48 Verbände appellieren an Bundesregierung

Am 14.10.2020 hat die EU-Kommission ihre Strategie für eine Renovierungswelle zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden veröffentlicht (siehe solarify.eu/eu-loest-renovierungswelle-aus). Die Kommission beabsichtigt, die Renovierungsquote in den nächsten zehn Jahren mindestens zu verdoppeln und durch Renovierungen für mehr Energie- und Ressourceneffizienz zu sorgen. Gemeinsam mit 48 weiteren Wirtschafts- und Umweltverbänden fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ein klares Bekenntnis der Bundesregierung zur geplanten Sanierungsoffensive Renovation Wave der EU.

Sanierungsmaßnahme in Berlin-Mitte – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Die europäische Kommission hat im Oktober mit ihrer Strategie zur „Renovierungswelle“ einen ambitionierten Aufschlag für eine EU-weite Sanierungsoffensive gemacht. Nun ist die Bundesregierung gefragt, die Gebäudedämmung mit einem ehrgeizigen Konjunkturprogramm voranzubringen. Gleichzeitig muss sich Deutschland im EU-Rat dafür einsetzen, die Weichen in Richtung eines klimaneutralen Gebäudebestands zu stellen.

Aufruf an die Bundesregierung: „EU Renovation Wave zum Erfolg führen – für Konjunktur und Klima“

„Sehr geehrte Damen und Herren Bundesminister,
Mit ihrem am 14. Oktober 2020 veröffentlichten Strategiepapier zur „Renovation Wave“ hat die EU-Kommission ein ambitioniertes Arbeitsprogramm vorgelegt. Sie betont dabei richtigerweise, dass die angestrebte Verdopplung der Bemühungen bei der energetischen Modernisierung des europäischen Gebäudebestands ein dreifacher Gewinn ist: für das Klima, für die Konjunktur, und für die Menschen in Europa, denen zeitgemäßer, zukunftssicherer und gesunder Wohnraum ermöglicht wird. Die für die Renovation Wave konkret vorgeschlagenen Politikinitiativen ergänzen dabei die Aktivitäten der Mitgliedsstaaten in den Bereichen Förderung, Regulierung, Ausbildung und Finanzierung.

Deutschland hat mit dem Klimaschutzprogramm 2030 bereits gezeigt, dass ein konsequenteres politisches und finanzielles Engagement für den Gebäudesektor Früchte tragen kann. Die verbesserten Förderkonditionen haben die Nachfrage nach energieeffizientem Bauen, Modernisieren und Heizen mit erneuerbaren Energien klar ansteigen lassen. Dies hat gleichzeitig den Klimaschutz vorangebracht und maßgeblich zur Stabilisierung der Konjunktur im Krisenjahr 2020 beigetragen. Zudem werden so mehrere hunderttausend Arbeitsplätze in Industrie, Bauwirtschaft, Mittelstand und Handwerk gesichert.

Die Renovation Wave kann jetzt diesen ersten Schwung im deutschen Modernisierungsmarkt nachhaltig verstärken und Deutschland und Europa energie- und klimapolitisch auf Zielkurs bringen. Denn die bisherigen Anstrengungen reichen bei weitem noch nicht aus, um die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen. Dafür braucht es jedoch die beherzte Unterstützung der Bundesregierung. Sie wird für den Erfolg der Renovation Wave maßgeblich sein.
Wir appellieren daher an Sie, die folgenden Anliegen zu unterstützen:

  • Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat sich bislang nicht öffentlich zur Renovation Wave geäußert. Bitte nutzen Sie die verbliebenen Wochen bis zum Jahresende, um Unterstützung im Rat der EU und im Europäischen Rat für die Renovation Wave zu mobilisieren und der EU-Kommission damit ein starkes Mandat für die Ausarbeitung der Regulierungsvorschläge zu geben. Ein wichtiges erstes Zeichen wäre, die Renovation Wave dafür fest auf die Agenda des Energieministerrats im Dezember zu setzen.
  • Die EU-Kommission hat die Mitgliedsstaaten aufgefordert, der energetischen Gebäudemodernisierung einen prominenten Platz in den bis April 2021 einzureichenden, nationalen Aufbau- & Resilienzplänen einzuräumen. Dies ist auch eine große Chance für Deutschland. So sollten EU-Mittel zur Ergänzung und Weiterentwicklung deutscher Programme zur Bewältigung der pandemiebedingten Wirtschaftskrise eingesetzt werden, zum Beispiel durch:
    •  Ein Sonderprogramm für die energetische Modernisierung von Schulen, Sporthallen und anderen Gebäuden der öffentlichen Hand
    • Einen Sonderfonds für die zielkompatible, sozialverträgliche Modernisierung von Mietshäusern in sozial benachteiligten Quartieren
    • Eine Aus- und Weiterbildungsoffensive, um die benötigte Zahl an Fachkräften sowie die notwendige Qualität in Planung und Umsetzung von Modernisierungsmaßnahmen sicherzustellen

Die unterzeichnenden Organisationen stehen bereit, gemeinsam mit Ihnen eine klimafreundliche wirtschaftliche Erholung zum Erfolg zu führen.“

Deutsche Umwelthilfe fordert sofortige Sanierungsoffensive nach europäischem Vorbild

Das von der EU initiierte Konjunkturpaket müsse massive Sanierungsrückstände in Deutschland aufholen – es seien bis zu 25 Milliarden Euro jährlich an Förderung notwendig. Noch stelle die fehlende Umsetzung von Effizienzvorgaben im öffentlichen Gebäudebereich ein unkalkulierbares Risiko für die deutschen Klimaziele dar. Deshalb fordern DUH und FragDenStaat in der Aktion Klima-Gebäude-Check dazu auf, die Klimabilanz öffentlicher Gebäude öffentlich zu machen.

Die stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz: „Wenn die Bundesregierung jetzt nicht aufpasst, wird sie im Gebäudebereich klimapolitisch völlig den Anschluss verlieren. Mit einer unzureichenden Umsetzung der EU-Emissionsvorgaben werden Strafzahlungen in Milliardenhöhe unvermeidlich. Jede verpasste Sanierungschance in den nächsten Jahren verwandelt den Gebäudebestand in eine gewaltige Altlast für die Energiewende und den Klimaschutz. Ich fordere die zuständigen Bundesminister Altmaier, Seehofer und Schulze dazu auf, endlich ihrer Regierungsaufgabe nachzukommen und tragfähige Konzepte für den Klimaschutz im Gebäudebereich umzusetzen“.

Die DUH fordert, die Sanierungsrate auf drei Prozent jährlich anzuheben – das sei klimapolitisch notwendig. Die „katastrophale deutsche Effizienzpolitik“ habe zur Folge, dass die Renovierungsquote seit Jahren unter einem Prozent stagniere. Die Bundesregierung müsse jetzt konkrete Projekte festschreiben und mit ausreichend Mitteln versehen. In der Medienmitteilung heißt es wörtlich: D“as im Corona-Konjunkturpaket veranschlagte Geld reicht nicht ansatzweise als Anschubfinanzierung für die notwendige Renovierungswelle aus. Laut einer aktuellen Studie sind jährlich bis zu 25 Milliarden Euro für den Klimaschutz im Gebäudesektor nötig.“

VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing

„Die Verbesserung der Energieeffizienz ist eines der wichtigsten Mittel, um die Klimaziele zu erreichen. Gerade im Gebäudesektor schlummern enorme Potenziale, die zügig gehoben werden müssen. Die kommunale Energiewirtschaft arbeitet in vielen Bereichen eng mit der Immobilienwirtschaft zusammen, um die Energieeffizienz von Gebäuden zu verbessern. Ein gutes Beispiel für die branchenübergreifende Kooperation ist die Initiative der Energieeffizienznetzwerke, die in 2021 in eine neue Runde geht.

Der VKU unterstützt den verbändeübergreifenden Aufruf an die Bundesregierung, die ‚Renovierungswelle‘ auch im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft aufzugreifen. Dabei ist es darüber hinaus zielführend, die Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft im Kontext der Corona-Pandemie auch immer mit Klimaschutz und Modernisierung unserer Infrastrukturen zusammenzubringen.

Die vielfältigen lokalen, regionalen und nationalen Maßnahmen für CO2-Minderungen brauchen einen starken europäischen Rahmen, um die notwendigen CO2-Minderungen im Gebäudesektor zu erreichen. Die vorgestellte ‚Renovierungswelle‘ kann hierbei ein wichtiger Impuls sein. Das gilt insbesondere für die Wärmeversorgung, die vor allem in den Städten maßgeblich von den Stadtwerken gewährleistet wird. Die Vorschläge im Strategiepapier der EU sind hierzu allerdings noch sehr allgemein. Aus unserer Sicht kommt es jetzt darauf an, sie mit konkreten Maßnahmen zu hinterlegen. Dabei werden die für das kommende Jahr angekündigten Überarbeitungen der Richtlinien über Energieeffizienz und Energieeffizienz von Gebäuden eine entscheidende Rolle spielen. Darüber hinaus ist klar: Wir brauchen in absehbarer Zeit einen sektorübergreifenden, europäischen CO2-Preis, der eine Lenkungswirkung im Gebäudesektor entfaltet. Das mit dem BEHG und der CO2-Bepreisung verfolgte Ziel eines CO2-ärmeren Gebäudesektors muss in eine grundsätzliche Reform der Entgelte und Umlagen eingebettet werden. Der nationale Emissionshandel enthält richtige Ansätze dafür.“

 

->Quellen und mehr: