Erneuerbare Energien in Bürgerhand

Studie zeigt: Bürgerenergie bleibt zentrale Säule der Energiewende

Für eine erfolgreiche Energiewende in Deutschland spielen die Bürger eine Schlüsselrolle. Die Erneuerbaren Energien befinden sich immer noch zum größten Teil in der Hand von Privatpersonen, wie aus einer Studie des Instituts trend:research hervorgeht. Fast ein Drittel der installierten Leistung von Anlagen zur Stromerzeugung aus Wind-, Solar- und Bioenergie sowie aus Wasserkraft und Erdwärme befinden sich in deren Eigentum. Nimmt man die Landwirte hinzu, sind es sogar mehr als 40 Prozent. Doch der Anteil der Bürgerenergie sinke gegenüber den Vorjahren, heißt es in einer Pressemitteilung der Agentur für Erneuerbare Energien vom 15.11.2021.

PV-Dächer in Mittelfranken – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

„Die Investitions- und Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger sind für die Akzeptanz des weiteren Ausbaus der Erneuerbaren Energien unverzichtbar“, betont der Geschäftsführer der AEE, Robert Brandt.Die Bürgerenergie sei immer noch das zentrale Standbein der Energiewende. Deren Anteil an der gesamten installierten Leistung Erneuerbarer Energien werde aber kleiner. Vor zehn Jahren, als die Eigentümerstruktur der Erneuerbaren Energien erstmals untersucht worden sei, sei mehr als die Hälfte der installierten Leistung in der Hand von Privatleuten und Landwirten. Bis zum Jahr 2016 sei der Anteil der Bürgerenergie auf 42 Prozent gesunken, 2019 sei er nochmal leicht zurückgegangen auf 40,4 Prozent, so Brandt.

Der Anteil Gewerbetreibender, großer Unternehmen, von Energieversorgungsunternehmen sowie von Fonds und Banken habe  sich dagegen erhöht. „Zu Beginn der Energiewende waren es vor allem die Bürger in Deutschland, die die wirtschaftlichen Chancen der Erneuerbaren Energien erkannt haben. Dass sich nun auch finanzkräftige Investoren mehr für eine klimaschonende Energieerzeugung engagieren, ist durchaus erfreulich. Doch die Bürgerenergie muss unbedingt weiter ihren Platz im Fortgang der Energiewende finden. Denn Beteiligungsmöglichkeiten fördern die Akzeptanz“, erklärt Brandt weiter.

Überdurchschnittlich hoch sei der Anteil der Bürgerenergie bei der Windenergie an Land, Photovoltaik und bei Biogas. Privatleute und Landwirte brächten es bei der Windenergie an Land auf einen Anteil von 40,6 Prozent. Beim Solarstrom vereinten sie sogar 48 Prozent der installierten Leistung auf sich.

Diese Form der Stromerzeugung sei aber auch für Gewerbetreibende besonders attraktiv. Diese seien hier mit rund 25 Prozent ebenfalls stark vertreten. Biogasanlagen seien – wenig überraschend – vor allem im Besitz von Landwirten. Drei Viertel der Anlagen entfielen auf landwirtschaftliche Betriebe.

Anders als die Windenergie an Land werde die Offshore-Windenergie von den Energieversorgern sowie von Fonds und Banken dominiert. Auf erstere entfielen fast zwei Drittel der Offshore-Kapazitäten, auf letztere das restliche Drittel.

Wie sehr sich die Eigentümerstruktur von der Bürgerenergie zugunsten größerer Investoren verschiebe, zeige ein Blick auf die Anteile am Zubau. Zum ersten Mal bildeten die Privatpersonen im Jahr 2019 mit 18 Prozent nicht mehr die größte Gruppe beim Bau neuer Anlagen.

Mit 21 Prozent hätten Fonds und Banken den Spitzenplatz übernommen. Rechne man die Landwirte hinzu, komme die Bürgerenergie bei den Neuanlagen nur noch auf etwa ein Viertel. Das seien etwa 15 Prozentpunkte weniger als im Bestand. Hier mache sich bemerkbar, dass der Anteil der investitionsintensiven Offshore-Windenergie steige und die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen wieder anziehe, während der Ausbau der Onshore-Windenergie fast zum Erliegen gekommen sei.

Energieversorgungsunternehmen – insbesondere die großen und internationalen Energieversorger – engagierten sich deutlich stärker. Zusammen seien sie im Jahr 2019 für knapp ein Drittel des Zubaus verantwortlich. 2016 seien es erst 22 Prozent gewesen. Gewerbe hätten ihren Anteil von ca. 12 auf 16 Prozent steigern können. Am stärksten hätten die Projektierer verloren. Deren Anteil sei von ca. 16 auf sieben Prozent gesunken, was auf den schwachen Ausbau der Windenergie an Land zurückzuführen sei.

„Für das Erreichen der Klimaschutzziele brauchen wir mehr Zubau in allen Bereichen und in allen Größenklassen – von der kleinen PV-Dachanlage auf dem Eigenheim, über das Bürgerwindrad bis zum Offshore-Windpark. Dafür braucht es die Investitionsbereitschaft aller und Beteiligungsmöglichkeiten für alle“, betont AEE-Geschäftsführer Brandt.

Die vollständige Studie „Eigentümerstruktur: Erneuerbare Energien“ ist hier auf der Seite von trend:research verfügbar. Dort kann sie auch käuflich erworben werden.

Diese Studie wurde mit Unterstützung von EWS Schönau, der Naturstrom AG, der Naturstrom-Stiftung und Greenpeace Energy eG erstellt.

Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation bei Greenpeace Energy, kommentiert die Ergebnisse der Studie wie folgt:

„Die Energiewende darf man nicht den Großinvestoren überlassen“

Die AEE-Umfrage ist ein Weckruf: Die Energiewende muss dezentral, demokratisch und vielfältig bleiben, man darf sie nicht ‚Big Money‘ überlassen. Zwar ist es positiv, dass große Player auf dem Finanzmarkt und auch Energiekonzerne – lange die Bremser der Energiewende –  lieber Geld in saubere statt in fossile Kraftwerke investieren. Dies hat aber eine Schattenseite: Die über viele Jahrzehnte wichtigste Akteursgruppe droht vielerorts ins Hintertreffen zu geraten – oder zieht sich frustriert zurück. Dabei sind es gerade die engagierten Menschen aus der lokalen Bürgerenergie, die Windparks auch dort ins Laufen bringen, wo Großunternehmen aus Profitgründen abwinken. Solche Energiebürger sorgen dafür, dass die Wertschöpfung am Ort bleibt, dass lokale Betriebe und kommunale Kassen von Ökostrom-Projekten angemessen profitieren. Und die ganz nebenbei, durch ihr oft ehrenamtliches Engagement, durch persönliche Kontakte zu Nachbarn und Anwohnern die direkte Akzeptanz für die Energiewende steigern – was renditeorientierten Großinvestoren eher selten gelingen dürfte.

Deshalb muss die Bundesregierung jetzt dringend ein Konzept vorlegen, wie man lokale Akteure wieder stärker motiviert, wie man ihre privaten Ökostrom-Investitionen besser anreizt oder wie sie den lokalen Ökostrom auch für sich und ihre Community nutzen können. Eine freiwillige und damit rechtlich unverbindliche Kommunalabgabe für Betreiber neuer Windparks, wie sie jetzt im EEG beschlossen wurde, ist halbherzig und reicht nicht aus, um echte Bürgerbeteiligung zu stärken. Bürger vor Ort müssen echte Gestaltungs- und Beteiligungsangebote erhalten. Auch müssen die Mittel einer – verpflichtenden – Kommunalabgabe zweckgebunden sein, damit letztlich der Klimaschutz wie auch die Menschen vor Ort sichtbar davon profitieren können. Die Politik muss auch die Projektierer von neuen Ökostrom-Kraftwerken unbedingt motivieren, Bürger stärker einzubinden. Und zwar finanziell und organisatorisch – etwa durch die Gründung von Energiegenossenschaften an den Standorten von Erneuerbaren-Anlagen. Denn nur eine echte Teilhabe möglichst vieler reduziert Konflikte, stärkt die Energiewende und hilft, die Klimaziele zu erreichen.

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