E-Auto versus Verbrenner – neue Runde

Fell bricht Lanze für E-Mobilität

Energieexperte Hans-Josef Fell rät in seinem neuen Post Zweiflern an der Elektromobilität, sich nicht verunsichern zu lassen: Die Verbrenner-Lobby habe mit Unterstützung der Medien tatsächliche oder vermeintliche Umweltprobleme der E-Autos und ihrer Batterien aufgebauscht. Besser solle man sein E-Auto mit Ökostrom betreiben, als weiterhin regelmäßig zur Tankstelle zu fahren und Benzin oder Diesel aus Erdöl tanken. Die Nutzung von fossilen Rohstoffen für die Energiegewinnung verursachten die weltweit größten Probleme. Sie sind laut Fell Verursacher für die immer schlimmer werdende Erdüberhitzung und die ungelösten Probleme der Atommüllentsorgung.

Zapfhähne – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Ums Erdöl würden seit Jahrzehnten Kriege geführt; die Einnahmen daraus „dienen in großem Stil der Terrorfinanzierung und der Finanzierung autoritärer Regime z.B. durch Saudi-Arabien, Iran, Libyen, Syrien. Havarierte Öltanker verseuchen immer wieder weite Küstenabschnitte und verursachen schlimmste Umweltkatastrophen.“

Hauptkritik an E-Autos und anderen Techniken, die Solarenergien nutzen, sei die Tatsache, dass sie ebenfalls Rohstoffe benötigten. „Doch auch alle fossilen und atomaren Technologien wie E-Autos oder Kohle-, Erdgas- oder Atomkraftwerke verschlingen beim Bau Unmengen an Materialien.“ Und im Gegensatz zu solar oder windbetriebenen Technologien „verschlingen die fossilen und atomaren während des Betriebs nochmal ungeheure Mengen an Rohstoffen, wie eben Erdöl, Erdgas, Kohle oder Uran. Das ist der entscheidende Unterschied.“

Die „wahren Verhältnisse“: Kobalt

Wer Zweifel an der Umweltfreundlichkeit von E-Autos hege, etwa wegen Kinderarbeit bei der Gewinnung von Kobalt oder der Wassernutzung durch die Lithiumgewinnung in der chilenischen Atacama-Wüste, möge sich kundig über die wahren Verhältnisse machen – Fell: „Eine hervorragende und fundierte Analyse dazu hat das Online-Magazin Europäische Energiewende verfasst“. Demzufolge würden nur ca. 8% der weltweiten Kobaltnutzung für die Batterien von E-Autos verwendet. Kobalt finde sich dagegen „in großem Stil als unverzichtbares Material für die Härtung von Metallen auch in Autos mit Verbrennungsmotoren, wie in Kurbelwellen, Pleuelstangen, Nockenwellen, Ventilsitzringen und Katalysatoren, aber auch in vielen anderen Anwendungen in der Chemie und anderen Teilen der Technikwelt“. Dabei gebe es längst Entwicklungen von kobaltfreien Autobatterien – dagegen werde ein Verbrennungsmotorauto ohne Kobalt kaum seine technischen Anforderungen erfüllen können.

Derzeit werden rund 140.000 Tonnen Kobalt im Jahr gefördert. In der Demokratischen Republik Kongo gibt es mit Abstand die größten Kobalt-Vorkommen (ca. 3,4 Mio.t), von dort stammen rund 70 Prozent des Rohstoffs. Kobalt wird zu 80% als Nebenprodukt des industriellen Kupfer- und Nickelabbaus im Tagebau von großen, internationalen Unternehmen gewonnen, die sich in der Regel an die weltweit gültigen Vorschriften halten.  Problematisch sind die restlichen 20% des aus illegalem Kleinbergbau stammenden Kobalts. Dort arbeiten teilweise auch Kinder in selbst gegrabenen Minen oder suchen in weggeworfenen Abfallprodukten industrieller Minen nach Kobalt und waschen und sortieren Erze, bevor sie weiterverkauft werden. Diese Arbeit ist oft die einzige Möglichkeit einer existenzsichernden Erwerbstätigkeit. Seit ca. 8% der Welt-Kobalt-Produktion in E-Autos verwendet werden, rückte diese Problematik ins Bewusstsein. Positiv daran ist, dass Autohersteller und Regierungen das Problem endlich ernst nehmen: Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) kontrolliert regelmäßig die Minen im Kongo gemeinsam mit einer Reihe anderer, international tätiger Organisationen. Alle namhaften Batteriehersteller beziehen ihr Kobalt von den großen Unternehmen. Volkswagen setzt sich für verbesserte Arbeitsbedingungen im Kleinstbergbau ein und trat einer Industrieinitiative von Ford bei, um die Herkunft von Kobalt nachverfolgen zu können, und BMW bezieht sein Kobalt nun aus Marokko. Seit Jahren sinkt die Verwendung von Kobalt in Akkus kontinuierlich. Die Autohersteller haben ein großes Interesse daran, Akkus ohne Kobalt zu verbauen, denn es ist schlicht zu teuer. Die chinesischen Hersteller haben hier inzwischen Pionierarbeit geleistet und 2020 schon die ersten Autos mit kobaltfreien LFP Akkus auf den Markt gebracht, mehrere chinesische Hersteller verbauen kobaltfreie Akkus, und auch VW plant sie (energiewende.eu/kurzinfo-verkehrswende-kobalt).

Die „wahren Verhältnisse“: Lithium

Auch die Wasserübernutzung bei der Lithiumgewinnung für Batterien sei eine maßlos „aufgebauschte Propagandafigur, um dem ökologischen Ruf des E-Autos zu schaden“. Fell verweist auch hierzu auf die Europäische Energiewende; die belege den relativ geringen (Salz-)Wasserverbrauch in der Atacama-Wüste. Lediglich ein geringer Teil des Lithiums komme zudem aus Chile, viel größere Mengen kämen etwa aus Australien und anderen Ländern.

In der Atacamawüste werden entgegen dramatischer Schlagzeilen täglich nicht 21, sondern nur ca. 9 Millionen Liter für die Landwirtschaft ungeeignetes (Salz-)Wasser verdunstet – ca. 3,3 Millionen m3 pro Jahr. Durch neue Technologien könnte diese Menge noch einmal drastisch sinken. Von der Landwirtschaft werden pro Jahr 27 Millionen m3 entnommen, und auf natürliche Weise verdunsten 145 Millionen m3. Dass der Grundwasserspiegel tatsächlich sinkt, hat also andere Gründe: In derselben Region wird auch Kupferbergbau betrieben, dieser verbraucht tatsächlich enorme Mengen Süßwasser – 60 Millionen m3 pro Jahr. Außerdem kommt der Großteil des Lithiums für Elektroautos gar nicht aus der Atacama. Zwar ist die Abbaumenge in Chile durch den E-Auto-Boom um ein Drittel gewachsen – aber Australien hat seine Produktion fast vervierfacht und produziert nun mehr als die Hälfte des weltweiten Bedarfs, Chile dagegen nur 20%. In Australien wiederum wird das Lithium im Bergbau gewonnen, nicht durch Verdunstung von Salzwasser. Im Bergbau soll in Zukunft auch in Zinnwald in Sachsen und in der Koralm in Österreich Lithium gefördert werden. Zusammen mit dem Recycling brauchen wir also nicht zu fürchten, dass uns das Lithium für die Mobilitätswende demnächst ausgehen wird. Interessant auch: E-Autos sind nicht die einzige Anwendung von Lithium: Zwar haben Batterien mit 37,5% tatsächlich den größten Anteil am Lithiumverbrauch [2/3 davon für die Mobilität], aber die Herstellung von Glas und Keramik steht mit zusammen 30,5% an zweiter Stelle, gefolgt von Schmierstoffen und Polymeren mit zusammen 12,9%. Es ist also eine unglaubliche Verdrehung der Fakten, wenn der Elektromobilität eine schlechtere Umweltbilanz als dem Verbrennerfahrzeug zugeschrieben wird – erst recht im Vergleich mit den Zerstörungen und Umweltproblemen durch Öl (energiewende.eu/kurzinfo-verkehrswende-lithium).

->Quellen: