Ölmulti zur Emissionsverringerung verurteilt

Historisches Urteil gegen Shell

Der Öl- und Erdgaskonzern  hat einen großen Klima-Prozess gegen Umweltschutzorganisationen verloren – so zahlreiche Medien (z.B. n-tv und SPIEGEL) am 26.05.2021 – und muss bis zum Ende des Jahrzehnts seinen CO2-Ausstoß fast halbieren – um netto 45 Prozent im Vergleich zu 2019. Ein Gericht in Den Haag bescheinige dem Konzern, er verstoße gegen globale Klimaziele. Das Unternehmen hatte eingewandt, dass dann andere die Nachfrage bedienen würden.

Shell-Tankstelle in Bochum – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Nach dem Urteil ist der britisch-niederländische Konzern zum Klimaschutz verpflichtet; das gelte für die eigenen Unternehmen ebenso wie für Zulieferer und Endabnehmer. Shell hatte im Februar seine Reduktionsziele angepasst und neue Grenzen formuliert. Demnach wollte der Konzern seine CO2-Emissionen bis 2030 um 20 Prozent verglichen mit 2016 reduzieren. Bis 2035 sollten es dann 45 Prozent sein und bis 2050 schließlich 100 Prozent.

Shell hatte die Forderungen der Kläger – Greenpeace gemeinsam mit 17.000 Bürgern und anderen Umweltschutzverbänden wie Friends of the Earth zurückgewiesen und angeführt, dass es sich zum Klimaschutz verpflichtet habe. Doch das Gericht erklärte, dass die beschlossenen Maßnahmen des Unternehmens „wenig konkret und voller Vorbehalte“ seien. Shell hatte als Argument angeführt, dass es bei einer Verurteilung den Verkauf fossiler Brennstoffe rasch verringern müsse. Dann aber würden andere Anbieter dies übernehmen. Das Argument ließ das Gericht nicht gelten. Auch andere Unternehmen hätten dieselbe Verpflichtung.

Nicht das erste Urteil

Erst am 03.02.2021 war Shell zu Entschädigungszahlungen für die Umweltverschmutzungen im Niger-Delta verurteilt worden – so urteilte damals ein Berufungsgericht ebenfalls in Den Haag Ende Januar. Ein wichtiger Erfolg für die Betroffenen. Amnesty International setzt sich bereits seit mehr als 20 Jahren für sie ein. Verseuchtes Trinkwasser, vergiftete Fischbestände: Im jahrelangen Rechtsstreit um die Umweltverschmutzungen im Niger-Delta hat ein niederländisches Berufungsgericht den Öl-Konzern Shell zu Entschädigungszahlungen verurteilt. Das Gericht unterstrich damit die Verantwortung des Konzerns für Handlungen seines Tochterunternehmens in Nigeria. Dies habe die Verseuchungen durch schlecht gewartete Öl-Pipelines verursacht. Die Umweltorganisation Milieudefensie und vier nigerianische Bauern hatten 2008 in den Niederlanden geklagt – dort hat Shell seinen Hauptsitz. In Nigeria ist kaum möglich, Rechtsansprüche geltend zu machen. Der Konzern muss nun Schadensersatz zahlen und Sensoren zur Erkennung von Schäden an alten Öl-Leitungen nachrüsten.

„Paukenschlag für die Ölindustrie“

Greenpeace-Sprecher Niklas Schinerl kommentiert das aktuelle Urteil: „Dieses Urteil ist ein Paukenschlag für die Ölindustrie und ein historischer Erfolg für alle, die unermüdlich für mehr Klimaschutz eintreten. Es ist nicht länger zulässig, Profit aus der Zerstörung der Lebensgrundlagen künftiger Generationen zu ziehen. Konzerne dürfen das für Millionen Menschen überlebenswichtige 1,5-Grad-Ziel nicht länger ignorieren. Sie sind verantwortlich, ihren CO2-Ausstoß so schnell wie möglich zu senken, um die schlimmsten Folgen der Klimakrise zu verhindern. Dieses Urteil reicht weit über Shell hinaus. Es warnt jedes Unternehmen, dass Geschäftsmodelle auf Kosten von Natur und Klima nicht länger zulässig sind. Das gilt gleichermaßen für einen Autokonzern wie Volkswagen, der noch Jahrzehnte klimaschädliche Verbrenner-Autos verkaufen will, wie für einen Kohlekonzerne wie RWE.“

BUND-Vorsitzender Olaf Bandt: „Das Urteil gegen den Ölmulti Shell ist historisch. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde ein Konzern verpflichtet, seiner Verantwortung für die Klimakrise gerecht zu werden und seine Emissionen radikal zu reduzieren. Das fossile Zeitalter neigt sich dem Ende zu. Das müssen auch die letzten großen Umweltverschmutzer und ihre Lobbyverbände nun einsehen. Das Ergebnis ist insbesondere ein Gewinn für lokale Gemeinden im globalen Süden, die schon heute mit verheerenden Auswirkungen der Klimakrise konfrontiert sind.“

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