Starker Wasserstoffhochlauf für Klimaneutralität erforderlich

Hydrogen4EU-Studie

Der Bedarf an Wasserstoff in der Europäischen Union könnte deutlich stärker steigen als bislang erwartet. Das ist das Ergebnis der Studie Hydrogen4EU von Zukunft Gas. Die Studie modelliert den europäischen Energiesektor mit hochinnovativen wissenschaftlichen Methoden und betrachtet zwei Politikszenarien für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft: Einen Technologie-Diversifizierungspfad (TD) und einen Pfad mit einem Erneuerbaren-Schub (ES). In beiden Szenarien spielt klimaneutraler Wasserstoff hergestellt mit Erdgas eine wesentliche Rolle, um die Klimaziele zu erreichen.

Entwicklung der EU-Wasserstoff-Produktion – Grafik © Hydrogen4EU

Die Erdgasnachfrage bleibt laut der Untersuchung in den kommenden drei Jahrzehnten konstant. Die Studie wurde von den Forschungspartnern IFP Énergies Nouvelles, SINTEF und Deloitte im Auftrag von Hydrogen4EU veröffentlicht. „Die Hydrogen4EU-Studie basiert auf einer ganzheitlichen Analyse des gesamten europäischen Energiesystems und zeigt, dass der Beitrag von Wasserstoff zur vollständigen Dekarbonisierung weit über das hinausgehen kann, was die europäische Wasserstoffstrategie vorschlägt“, sagt Johannes Trüby, Director for Economic Advisory – Energy and Regulation bei Deloitte. „Die Ergebnisse machen deutlich, dass Wasserstoff für die Stahl- und Chemieindustrie, sowie den Schwerlastverkehr unverzichtbar ist, und dass ein Mix aus erneuerbarem und klimaneutralem Wasserstoff notwendig zum Erreichen des Netto-Null-Ziels des Klimagesetzes sein wird. Die Hydrogen4EU-Studie wird zu einem wichtigen Zeitpunkt veröffentlicht, denn jetzt unternimmt die EU die ersten legislativen Schritte, um ihre Zielsetzungen für 2050 in die Tat umzusetzen.“

Laut der Studie steigt der Wasserstoffbedarf bis 2050 in beiden Szenarien auf über 100 Millionen Tonnen und übertrifft damit deutlich die Prognosen der EU. Auch wenn der Mix der Wasserstoffproduktion in den beiden Szenarien variiert, wird klar: Klimaneutraler Wasserstoff ist für den Markhochlauf einer Wasserstoffwirtschaft unverzichtbar. Denn nur mit einem wettbewerbsfähigem Technologiemix gelingt eine kostengünstigere und effektivere Bereitstellung von Wasserstoff.

So prognostiziert die Hydrogen4EU-Studie im Jahr 2030 einen großen Anteil der Erzeugung von Wasserstoff mit Erdgas – zu 94 Prozent im TD-Szenario und 68 Prozent im ES-Pfad. Auch im Jahr 2040 bleibt die Rolle von Erdgas weiterhin groß und schwankt zwischen 41 Prozent (ES) und 68 Prozent (TD). Auch nach dem Markthochlauf von Wasserstoff bleibt die Produktion mit Erdgas in den 2050er Jahren signifikant (44 Prozent in TD und 19 Prozent in ES).

Klimaneutraler Wasserstoff wird primär durch die Dampfreformierung von Erdgas mit der Speicherung des anfallenden CO2 (CCS) erzeugt oder mittels der Methanpyrolyse. Dabei wird Erdgas in Wasserstoff und Kohlenstoffruß gespalten. Essenziell für die Produktion von ausreichend klimaneutralem Wasserstoff sind weiterhin große Mengen Erdgas und CO2-Speicherungskapazitäten (CCS). So zeigen die Ergebnisse, dass der Erdgasverbrauch bis in das Jahr 2050 konstant bleibt.

„Die Nutzung von Erdgas wird sich in den kommenden Jahrzehnten weiterentwickeln. Während der Energieträger heute primär den Wärmemarkt und die Industrie bedient, wird er künftig zudem für die Wasserstoff- und Stromerzeugung verwendet“, so Dr. Timm Kehler, Vorstand der Brancheninitiative Zukunft Gas. „Auch Importe von Wasserstoff werden in den nächsten Jahrzehnten weiterhin eine wichtige Rolle spielen, um die europäische Wasserstoffversorgung zu ergänzen.“ Je nach Szenario werden Importe in Höhe von 10 bis zu 15 Millionen Tonnen Wasserstoff benötigt. So ist zum Beispiel auch Russland, mit den größten Erdgasvorkommen der Welt, gut aufgestellt, um ein wichtiger Exporteur von Wasserstoff nach Europa zu werden. Auch die Herstellung von Wasserstoff in Afrika wird aktuell untersucht.

„Die Studie prognostiziert einen wesentlich höheren Bedarf an Wasserstoff, als die Europäische Union in ihrer Wasserstoffstrategie einplant. Auf dieser Grundlage wird deutlich, dass wir gegenüber allen Technologien offen sein müssen, die die Dekarbonisierung substanziell und zügig voranbringen können“, fordert Kehler. „Die Studie zeigt: Investitionen in die Produktion von klimaneutralem Wasserstoff sind unverzichtbar“, so Kehler weiter.

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