„Ein Larifari-Gesetz“

Klimaforscher Latif kritisiert Klimaschutz-Novelle

Der Bundestag hat am Abend des 24.06.2021 das geänderte Klimaschutzgesetz beschlossen. Damit verpflichtet sich Deutschland, bis 2045 treibhausgasneutral zu werden. Das hatte die Regierung zwar ursprünglich erst bis 2050 vorgesehen. Aber Ende April hatte das Bundesverfassungsgericht das bislang geltende Klimagesetz für teilweise verfassungswidrig erklärt und gefordert, die Freiheit künftiger Generationen dürfe nicht über Gebühr eingeschränkt werden. Klimaforscher Mojib Latif nannte die Novelle im Deutschlandfunk „ein Larifari-Gesetz“.

Das neue Klimaschutzgesetz sei weit hinter dem zurückgeblieben, was man eigentlich hätte vereinbaren müssen, sagte Latif. Was man brauche sei eine „systemische Veränderung“. Man müsse die Wirtschaft „vom Kopf auf die Füße stellen“, so Latif.

Svenja Schulze zum novellierten Klimaschutzgesetz

„Das novellierte Klimaschutzgesetz ist ein starkes Fundament für den Klimaschutz in den nächsten Jahren und Jahrzehnten. Die verbesserten Ziele bis zur Klimaneutralität im Jahr 2045 sorgen für mehr Generationengerechtigkeit, wie es das Bundesverfassungsgericht angemahnt hat. Die Aufgabe ist groß, es geht um nicht weniger als um eine Verdopplung des Tempos im Klimaschutz. Die Vorschriften im Gesetz sind der Garant dafür, dass jede Regierung zuverlässig die Ziele erreicht. Künftig müssen alle Ministerien mehr denn je Klimaschutzministerien sein. Wir schaffen Planungssicherheit und setzen den Rahmen so, dass die Wirtschaft modernisiert, aber nicht abgewürgt wird.“

Konkret sieht das neue Klimaschutzgesetz laut Ministerin vor:

  • mindestens 65 Prozent statt 55 Prozent Minderung bis 2030;
  • mindestens 88 Prozent Minderung bis 2040 und
  • Klimaneutralität bis 2045.
  • Zum ersten Mal setzt sich Deutschland damit einen Zielpfad, der gleichmäßig und nahezu linear verläuft.
  • In den 20er Jahren wollen wir 25 Prozentpunkte schaffen, dann bleiben in den 30er Jahren noch 23 Prozentpunkte und 12 Prozentpunkte für die erste Hälfte der 40er Jahre.
  • Wenn man das, was wir uns für die nächsten 25 Jahre vornehmen, vergleicht mit dem, was in den letzten 25 Jahren beim Klimaschutz passiert ist, sieht man: Es geht um nichts weniger als um eine Verdopplung des Tempos beim Klimaschutz.

„Verbindliche jahresscharfe Sektorziele sorgen – wie schon beim ursprünglichen Klimaschutzgesetz – dafür, dass bei Zielverfehlungen sofort an den richtigen Stellen nachgesteuert wird. Die Pflicht der zuständigen Ministerien, Zielverfehlungen mit Sofortprogrammen zu heilen, bleibt komplett erhalten.“

Der Klimaforscher Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, kennt das verschärfte Gesetz – und hält auch das für unzureichend. Im Dlf sagt er unter anderem: „Man ist sehr vage geblieben, es ist wenig Konkretes zu lesen“. Der Grund dafür sei die Bundestagswahl. Offenbar wollte man jetzt niemanden verschrecken. Deswegen habe man hier so ein Larifari-Gesetz verabschiedet, sagte der Klimaforscher. Das Gesetz sei „weit hinter dem zurückgeblieben, was man eigentlich hätte vereinbaren müssen, um tatsächlich die 65 Prozent dann auch zu schaffen bis 2030, 65 Prozent Reduktion gegenüber 1990. Insbesondere ist man sehr vage geblieben. Wenig Konkretes ist dort zu lesen. Und das Ganze – das verwundert natürlich auch nicht – ist der Bundestagswahl geschuldet. Man möchte jetzt niemanden verschrecken und deswegen hat man so ein Larifari-Gesetz hier verabschiedet“.

Niemand wisse, wie der Weg (bis 2030 und darüber hinaus aussehen solle. Alles sei bislang „viel zu wenig“. Wir bräuchten „systemische Veränderungen“, man könne „nicht ein bisschen herumdoktern an dem, was man heute hat. Wir brauchen eine sogenannte Transformation. Wir müssen die Wirtschaft vom Kopf auf die Füße stellen. All das fehlt einfach, zum Beispiel auch die Frage, wo soll eigentlich der grüne Wasserstoff herkommen“. Der Markt werde es nicht regeln

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