Bebauungsplan für Datteln 4 unwirksam

Steinkohlekraftwerk läuft aber weiter

Der Bebauungsplan für das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 ist unwirksam. Zu diesem Urteil kam das OVG Münster einer Medienmitteilung zufolge am 26.08.2021. Der Betrieb geht dennoch weiter. Der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat mit drei Urteilen auf die An­träge der Stadt Waltrop, des BUND Landesverband NRW sowie von vier Privatperso­nen den „vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 105a – Kraftwerk – der Stadt Dat­teln“ für unwirksam erklärt (Aktenzeichen: 10 D 106/14.NE, 10 D 40/15.NE und 10 D 43/15.NE). Das modernste deutsche Steinkohlekraftwerk ist seit Jahren ein Streitobjekt. Kraftwerksgegner wie der BUND sehen jetzt ihre kritische Haltung nach aktuellen Urteilen des Oberverwaltungsgerichtes für NRW bestätigt. Sie warfen der Stadt Datteln den Versuch vor, sie hätten einen vom Gericht schon im Jahr 2009 für unwirksam erklärten ersten Bebauungsplan mit Tricks nachträglich legalisieren wollen.

Das Kraftwerk ist auf der Grundlage eines früheren Bebauungsplans, den der Senat 2009 für unwirksam erklärt hatte, und vollziehbarer immissionsschutzrechtlicher Ge­nehmigungen bereits errichtet und 2020 in Betrieb genommen worden. Gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb des Kraft­werks aus dem Jahr 2017 sind Klagen beim 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts anhängig.

Zur Begründung der Urteile führte der Vorsitzende des 10. Senats in der mündlichen Verhandlung aus: „Die Wahl des Standortes für das Kraftwerk, das Gegenstand des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 105a ist, genügt nicht den einschlägigen gesetzlichen Anforderungen. Der Rat der Stadt Datteln hat bei seiner Abwägung die auf der Ebene der Regionalplanung erfolgte fehlerhafte Standortauswahl übernom­men. Die 7. Änderung des Gebietsentwicklungsplans Regierungsbezirk Münster Teil­abschnitt Emscher-Lippe beruht auf einer Verletzung der Vorschriften über die Um­weltprüfung und damit zugleich auf einem Abwägungsfehler.

Der für die Regionalpla­nung zuständige Regionalverband Ruhr ist mit Blick auf diese Vorschriften im Sinne der Umweltvorsorge gehalten gewesen, im Zusammenhang mit dem Umweltbericht frühzeitig anderweitige vernünftige Planungsmöglichkeiten zu ermitteln. Er hatte da­bei den Suchraum für Standortalternativen wegen der ganz erheblichen umweltbezo­genen Auswirkungen des Steinkohlekraftwerks, für das er die raumplanerische Grundlage schaffen wollte, möglichst weit zu bestimmen. Stattdessen hat er die Su­che entgegen der Kritik im Erarbeitungsverfahren lediglich auf den Geltungsbereich des Gebietsentwicklungsplans Regierungsbezirk Münster Teilabschnitt Emscher-Lippe und damit auf einen Teil seines Zuständigkeitsbereichs begrenzt. Auf diese Weise hat er sich den Blick auf möglicherweise vorzugswürdige anderweitige Pla­nungsmöglichkeiten verstellt. Der Regionalverband Ruhr hat sich zudem hinsichtlich der Kriterien für die Suche nach anderweitigen vernünftigen Planungsmöglichkeiten ausschließlich an den Anforderungen des konkret in den Blick genommenen Stein­kohlekraftwerks orientiert und damit auch insoweit die Suche fehlerhaft einge­schränkt.

Anderweitige vernünftige Planungsmöglichkeiten etwa in Form von Stand­orten für ein Gaskraftwerk, das wesentlich geringere Anforderungen an den Raum stellt und erheblich weniger Auswirkungen auf die Umwelt hat, sind nicht ermittelt worden. Dafür, dass eine insoweit zweigleisige Suche nach alternativen Standorten im gesamten Zuständigkeitsbereich des Regionalverbands Ruhr von vornherein un­verhältnismäßig gewesen wäre, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.“

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist Beschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Hinweis:

Dass der 10. Senat den Bebauungsplan für unwirksam erklärt hat, bedeutet nicht, dass das Kraftwerk nun nicht mehr betrieben werden darf. Grundlage hierfür ist die vollziehbare immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 19.01.2017. Gegen diese sind Klageverfahren beim für das Immissionsschutzrecht zuständigen 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts anhängig. Kläger sind der BUND, die Stadt Waltrop so­wie vier Privatpersonen. Welche Bedeutung die Unwirksamkeit des Bebauungsplans für die Rechtmäßigkeit dieser Genehmigungen hat, ist eine Rechtsfrage, über die der 8. Senat zu entscheiden haben wird.

Der 10. Senat hat nun auch den nachgebesserten Bebauungsplan in drei Urteilen für unwirksam erklärt. Die Urteilsbegründung ist – so die WAZ –  „wie eine Ohrfeige sowohl für die Stadt Datteln als auch für den für die Regionalplanung zuständigen Regionalverband Ruhr (RVR)“. „Die Wahl des Standortes für das Kraftwerk genügt nicht den einschlägigen gesetzlichen Anforderungen“, so das Gericht.

BUND: Urteil korrigiert klare politische Fehlentscheidungen

Der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt: „Das Urteil ist ein großer Erfolg des BUND. Es korrigiert klare politische Fehlentscheidungen. Es ist auch eine schallende Ohrfeige für den Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Chef Armin Laschet. Der NRW-Ministerpräsident hat sich wiederholt öffentlich für die Inbetriebnahme des Steinkohlekraftwerks Datteln 4 starkgemacht. Dabei ist der Betrieb des Kraftwerks nicht mit den neuen Zielen des verschärften Klimaschutzgesetzes vereinbar.

Die Klage gegen Datteln 4 war doppelt erforderlich. Schon vor zwölf Jahren war klar, dass der Standort in unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung ungeeignet ist. Doch statt die damalige Entscheidung des OVG zu akzeptieren, wurde ein neuer Bebauungsplan verabschiedet, ohne etwas an dem problematischen Standort zu ändern. Datteln 4 ist zudem gegen die Empfehlung der Kohle-Kommission und trotz starker öffentlicher Proteste im Frühjahr 2020 ans Netz gegangen.

Sobald die Aufhebung des Bebauungsplanes durch das Gericht rechtskräftig ist, muss dem Betreiber Uniper die emissionsrechtliche Genehmigung entzogen werden und das Kraftwerk stillgelegt und zurückgebaut werden.“

Hintergrund: Der Bebauungsplan war vom Rat der Stadt Datteln am 14. Mai 2014 beschlossen worden, nachdem ein erster Bebauungsplan bereits 2009 vom OVG für unwirksam erklärt wurde. Damit soll das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 planerisch abgesichert werden. Auf dem Bebauungsplan fußt auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Kraftwerks, gegen welche der BUND gleichfalls Klage eingereicht hat. Seit dem 30. Mai 2020 befindet sich das Kraftwerk im Regelbetrieb.

->Quellen: