Karliczek stellt innovatives Methanolauto vor

Schlögl: „Dringlichkeit des Klimaschutzes erfordert raschen und umfassenden Einstieg in regenerative Energien“

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek hat gemeinsam mit dem Carbon2Chem-Koordinator Prof. Robert Schlögl, MPI für Chemische Energiekonversion in Mülheim/Ruhr, am 22.09.2021 in Berlin den Prototypen eines Autos vorgestellt, das mit dem synthetischen Kraftstoff Methanol angetrieben werden kann – so eine Medienmitteilung auf der Internetseite des BMBF.

BMin Anja Karliczek und Prof. Robert Schlögl stellen Methanol-Auto vor – Foto © BMBF, Hans-Joachim Rickel

Grundlage dieses Kraftstoffes ist Grüner Wasserstoff, einer der wichtigsten Grundbausteine für den klimaschonenden Umbau von Schlüsselindustrien in Deutschland und der gesamten Welt. Das Methanolauto selbst ist ein Innovationsschaufenster für eine emissionsarme, ressourcen- und energieeffiziente Mobilität von morgen, betonte Karliczek und nannte das Fahren mit Methanol „eine interessante Brücke“, da das Fahrzeug als Kraftstoff Methanol aus zuvor recyceltem CO2 nutzt. „Deshalb stellt das BMBF für die weitere Erforschung dieser Wertschöpfungskette nun zusätzlich 10 Millionen Euro zur Verfügung“, so die Ministerin. Besonders in Schwellenländern spielen synthetische Kraftstoffe eine wichtige Rolle bei der Entwicklung eines nachhaltigen Mobilitätssystems, da dort aller Wahrscheinlichkeit nach nicht immer Ladesäulen für Elektroautos zur Verfügung stehen werden.

„Klimaschutz gelingt nur mit Grünem Wasserstoff. Deshalb unterstützen wir die Forschung zur Nutzung des Grünen Wasserstoffs schon heute massiv, wobei in den nächsten Jahren die Anstrengungen noch einmal erhöht werden müssen. Gerade in Industrie und Verkehr werden wir auch in Zukunft chemische Energieträger brauchen. Und: Nicht alle Industrieprozesse lassen sich völlig dekarbonisieren. Es wird weiter CO2 anfallen. Dafür brauchen wir Lösungen. Zwischen diesen beiden Punkten schlagen wir heute eine sehr interessante Brücke: Die Nutzung von Methanol aus ‚recyceltem‘ CO2 der Industrie als Kraftstoff im Straßenverkehr. Aber auch das Methanolauto selbst ist ein ‚Innovationsschaufenster‘ für eine emissionsarme, ressourcen- und energieeffiziente Mobilität von morgen. Synthetischen Kraftstoffen kommt eine wichtige Rolle zu, um weltweit ein nachhaltiges, klimafreundliches Mobilitätsystem möglich zu machen. Das ist im Schiffs- und Flugverkehr wichtig oder dort, wo auch in Zukunft vielleicht nicht immer eine Ladesäule für das Elektroauto zur Verfügung stehen wird. Gerade dort kann der serielle Hybridantrieb perspektivisch eine gute Lösung sein.“

Das betonte auch Prof. Robert Schlögl,  Direktor des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion und Projektkoordinator von Carbon2Chem: „Die Dringlichkeit des Klimaschutzes erfordert den raschen und umfassenden Einstieg in regenerative Energie. In einem globalen Markt für erneuerbare Energie sind kohlenstoffhaltige Energieträger wie Methanol zentrale Bausteine. Das vorgestellte Konzept des seriellen Hybridantriebs vereinigt die Vorteile des effizienten Elektroantriebes und des energiedichten und einfach zugänglichen synthetischen Kraftstoffes Methanol. Dieses Konzept gilt es durch das hier vorgestellte Forschungsprojekt weiter zu optimieren.“ Schlögl weiter: „Warum bringt man den synthetischen Kraftstoff oder den Energieträger in ein Kraftwerk, verbrennt ihn dort und bringt dann mit Stromleitungen die Energie zum Auto?“, fragt der Wissenschaftler rhetorisch – und fügt hinzu: „Man könnte natürlich auch ein fahrbares Kraftwerk bauen. Man könnte sagen, man bringt den Energieträger zum Auto, das fahrbare Kraftwerk verwandelt den in Strom und dann fährt man lokal.“ Schlögl zeigt sich überzeugt, dass Methanolfahrzeuge die Energiewende beschleunigen können.

Frank Wolf, CEO der OBRIST Group, ergänzte: „Unser HyperHybrid powertrain, dessen Zero-Vibration-Generator mit grünem Methanol Strom erzeugt, ist eine wesentliche Innovation für eine global einsetzbare, leistbare und emissionsneutrale e-Mobilität – eben ein Auto mit grünem, flüssigem Strom im Tank!“

Hintergrund: Carbon2Chem – Das Methanol-Auto ist Teil des Flaggschiffprojekts Carbon2Chem (siehe: solarify.eu/carbon2chem-methanol-pilotanlage-in-betrieb), das die Reduzierung von CO2-Emmission in der Stahlindustrie zum Ziel hat und vom BMBF bislang mit 145 Euro gefördert wurde. Das 2016 gestartete Vorhaben wandelt die CO2-haltigen Hüttengase des Stahlwerks mit der Hilfe von Grünem Wasserstoff in Basischemikalien und synthetische Kraftstoffe um. Seit 2020 bereitet Carbon2Chem in einer zweiten Projektphase die industrielle Umsetzung vor. Hierzu gehört der Aufbau von Wertschöpfungsketten für die erzeugten Produkte. Das im August 2021 ergänzte Arbeitspaket zum Methanol-Auto fokussiert auf die Verwertung des Hauptproduktes von Carbon2Chem, Methanol. Dafür wird ein Konzept für einen seriellen Hybrid-Antrieb u. a. für Automobile weiterentwickelt, optimiert und als Demonstrator umgesetzt. Die Obrist DE GmbH arbeitet hierfür mit der TU München, der TU Dresden und der RWTH Aachen zusammen. Das Arbeitspaket zum Methanol-Auto wird mit weiteren knapp 10 Mio. Euro gefördert.

Nutzung von Abgasen zur Herstellung von Vorläufern für Kunst- und Kraftstoffe

In Carbon2Chem sollen bei der Stahlerzeugung anfallende Hüttengase durch die branchenübergreifende Zusammenarbeit von Stahl-, Chemie- und Energieindustrie in wirtschaftlich verwertbare Vorprodukte für Kraftstoffe, Kunststoffe oder Düngemittel umgewandelt werden. Der jährliche CO2-Ausstoß soll so künftig um bis zu 20 Millionen Tonnen gesenkt werden. Das Vorhaben ist auf drei Phasen und 10 Jahre Gesamtlaufzeit ausgelegt. Schwerpunkt der ersten Projektphase von 2016 bis 2020 war die Entwicklung eines Systemkonzepts und der technische Nachweis, dass keine grundsätzlichen technischen Gründe einer Realisierung im industriellen Maßstab entgegenstehen. Die zum 01. Juni 2020 gestartete zweite Phase von Carbon2Chem wird die entwickelten technischen Verfahren für die großtechnische Umsetzung validieren und so bis 2025 die Grundlage für den emissionsarmen Betrieb legen. Gleichzeitig soll das Konzept auf weitere CO2-Quellen zum Beispiel aus Müllverbrennungsanlagen oder Zementwerken übertragen werden. Die Umsetzung in einer industriellen Großanlage soll in einer abschließenden dritten Projektphase erfolgen.  Fördersumme: rund 145 Mio. Euro (ohne Methanol-Auto) | Projektpartner: 16 | Projektlaufzeit: Phase I: 01.06.2016 bis 31.05.2020, Phase II: 06.2020 bis 05.2024

Carbon2Chem Verbund L-8 Methanol-Auto – Das ergänzende Verbundprojekt soll einen Verwertungszweig des Hauptproduktes von Carbon2Chem, Methanol, betrachten. Dafür wird ein Konzept für einen Hybrid-Antrieb für Automobile weiterentwickelt, optimiert und als Demonstrator umgesetzt. Damit wird nicht nur die Carbon2Chem-Wertschöpfungskette vervollständigt, sondern auch ein neues Konzept für die nachhaltige individuelle Mobilität entwickelt. Im Vorhaben L-8 wird die Obrist DE GmbH ihren hocheffizienten vibrationsfreien Verbrennungsmotor auf den Betrieb für Methanol und Methanol-basierte Treibstoffe hin weiterentwickeln. In Zusammenarbeit mit der TU München und TU Dresden soll dieser hinsichtlich Verbrauch, Emissionen und Abgasnachbehandlung optimiert werden. Im nächsten Schritt werden die Demonstratorfahrzeuge aufgebaut und in Zusammenarbeit mit der RWTH Aachen optimiert und mittels Straßentests validiert. Fördersumme: ca. 9,8 Mio. Euro | Projektpartner: 4 | Projektlaufzeit: 01.08.2021 bis 31.07.2025

Obrist Methanol-Auto – HyperHybrid – Das Auto wird mit einem seriellen Hybridantrieb ausgestattet. D.h., es besteht keine mechanische Verbindung zwischen Verbrennungsmotor und Antriebsachse. Stattdessen treibt der Verbrennungsmotor einen Generator, und dieser wiederum stellt elektrische Energie für einen Elektromotor als Fahrmotor bereit. Bisher hat Obrist dieses Antriebskonzept im Rahmen eines Prototyps (Umbau Tesla Modell Y) umgesetzt.

Das Fahrzeug soll folgenden Anforderungen genügen:

  • Bereitstellung eines für den Weltdurchschnittsbürger erschwingliches Fahrzeug -> anvisierter Neupreis bei Massenproduktion ist 21.000 Euro pro Fahrzeug
  • Antriebssystem, das zu großen Teilen auf bestehenden Produktionsanlagen produziert werden kann (bei Markteinführung)
  • Antriebssystem, dessen Betriebskosten verglichen mit konventionellen Antriebssystemen ähnlich bzw. niedriger sind
  • Minimierter CO2-Footprint von Rohstoffaufbereitung (für Batterie etc) über Produktion des Fahrzeugs bis zum Recycling
  • Antriebssystem, das auf die aktuell vorhandene Kraftstoffverteilerinfrastruktur zurückgreifen kann

Nach derzeitigem Stand verbraucht das Auto 3,3 l Methanol je 100 km. Für die Herstellung unter Nutzung von Hüttengasen (CCU) werden hierfür ca. 19,5 kWh benötigt. Hinzu kommen ca. 4,4 kWh je 100 km aus der Batterie (aus dem Stromnetz geladen). Der Gesamt-Strombedarf von knapp 24 kWh je 100 km Fahrleistung liegt in der Größenordnung von rein batterieelektrischen Fahrzeugen.

->Quellen: