Neue Kurzanalyse von Energy Watch
Um diese viel diskutierte Frage zu beantworten, hat die Energy Watch Group am 11.02.2022 eine neue Kurzanalyse veröffentlicht. Obwohl Gegner der Erneuerbaren Energien stark in der Minderheit sind, dominieren ihre Argumente häufig die öffentliche Debatte. So befürworten 83% der Bundesbürger den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien. 51% der Befragten halten Windkraft in der Nachbarschaft sogar für „sehr gut“ oder „eher gut“. Die öffentliche Akzeptanz für Erneuerbare Energien ist somit deutlich größer als der durch eine laute Minderheit von Windkraftgegner geprägt Diskurs es vermuten ließe.
Eines der Hauptargumente der Windkraftgegner ist meist die Angst vor einer „Verschandelung“ der Landschaft. Weit verbreitet ist der Glaube, eine Vollversorgung mit 100 % Erneuerbaren Energien resultiere unweigerlich in einer erheblichen Zunahme der Anzahl von Windkraftanlagen. Um diesen diffusen Ängsten wissenschaftlich zu begegnen, hat die Energy Watch Group überschlägig berechnet, wie viele Windkraftanlagen an Land notwendig wären, um eine vollständige Energieversorgung Deutschlands in den Sektoren, Strom, Wärme, Verkehr und Industrie zu jeder Jahresstunde nur aus Erneuerbaren Energien bis 2030 sicherzustellen. Das Ergebnis: Die Annahme, 2030 ständen in Deutschland mehr Windräder als heute, trifft nicht zu. Im Gegenteil – die Anzahl könnte sogar von derzeit rund 30.000 auf ca. 24.000 Anlagen sinken.
Aus dem von der Energy Watch Group bereits im letzten Jahr vorgestelltem Deutschland-Szenario ergibt sich eine zu installierende Windkraftleistung von etwa 110 GW bis 2030 zur Erzeugung von 300 TWh Strom. In der Studie bisher nicht berücksichtigt wurde insbesondere das Potential von Biokraftstoffen für den Verkehrssektor sowie von oberflächennaher Erdwärme. Diese Energiequellen könnten bis 2030 jedoch absehbar eine Einsparung von gut 100 TWh Strom aus Wind und Photovoltaik ermöglichen, sodass der tatsächliche Windstrombedarf im Jahr 2030 gegenüber dem Deutschland-Szenario auf etwa 250 TWh sinkt.
Erforderlich sind hierfür Anlagen mit einer Kapazität von rund 92 GW im Jahr 2030 bestehend aus 28 GW heute vorhandener Anlagen sowie 64 GW Neuanlagen, die einerseits auf bereits genutzten Windenergieflächen (28 GW) und andererseits auf neuen Windenergieflächen (36 GW) zu errichten sind.
Heute drehen sich in Deutschland laut Statistischem Bundesamt etwa 30.000 Windkraftanlagen an Land – die Offshore-Windkraftanlagen nicht eingerechnet. Viele der heutigen Onshore-Windkraftanlagen sind zu einer Zeit gebaut worden, in der es die modernen, hochleistungsfähigen Windkgeneratoren noch nicht gab. Viele der älteren Windmühlen leisten daher weniger als 1 MW, im Durchschnitt hat der in Deutschland 2021 installierte Windpark eine mittlere Leistung von 1,8 MW pro Anlage.
Den günstigsten Strom produzieren heute jedoch Anlagen mit einer Leistung um 5 MW. Bis 2030 wird daher ein erheblicher Teil der heute existierenden Windräder „repowert“ werden. Indem alte Anlagen durch leistungsstärkere Nachfolgemodelle ersetzt werden, werden langfristig wesentlich weniger Windkraftanlagen benötigt, um die gleiche heutige Leistung zu erreichen. Wenn man davon ausgeht, dass bis 2030 nur besonders alte Windkraftanlagen ersetzt werden – diejenigen, bei denen es sich wirtschaftlich rentiert – werden anstelle der heute vorhandenen 30.000 Anlagen bereits 15.000 Anlagen die gleiche Leistung erbringen können.
Für den notwendigen Bedarf an neu gebauten und modernisierten Anlagen von 64 GW ergeben sich bei einer durchschnittlichen Leistung von 5 MW pro Anlage 11.140 neue und erneuerte Windkraftanlagen. In Summe müssten demnach bei einer vollen Versorgung von ganz Deutschland in allen Energiesektoren (Strom, Wärme, Verkehr, Industrie) mit 100% Erneuerbaren Energien bis 2030 etwa 24.000 Windkraftanlagen installiert sein – wesentlich weniger als die heute installierten 30.000 Anlagen.
Auch der hierfür benötigte Flächenbedarf bewegt sich in einem vertretbaren Rahmen. Damit sich die leistungsstarken Windkraftanlagen nicht gegenseitig zu viel Wind wegnehmen, braucht jedes Windrad der 5-MW-Klasse in einem Windpark deutlich mehr Raum als die kleineren, älteren Windkraftanlagen. Gleichzeitig ist, wie bereits erläutert, auch der Ertrag dieser modernen Anlagen weitaus höher, so dass sich der durchschnittliche Flächenbedarf im Ergebnis kaum ändert. Die von der Bundesregierung anvisierte Ausweisung von zwei Prozent der Landesfläche in Deutschland reicht für die beschriebenen 24.000 Anlagen aus und ermöglicht somit nicht nur das Regierungsziel von 80% Ökostrom bis 2030, sondern sogar eine 100prozentige Vollversorgung der gesamten Energieversorgung in Deutschland.
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