Gasspeichergesetz tritt in Kraft (30.04.2022)

BMWK: Versorgungssicherheit durch volle Gasspeicher

Wichtiger Schritt für unsere Versorgungssicherheit: Nach der Bestätigung im parlamentarischen Verfahren ist das Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes zur Einführung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen (Gasspeichergesetz) am 29.04.2022 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden. Damit werden alle Betreiber in Deutschland verpflichtet, ihre Speicher schrittweise zu füllen. Vor allem mit Blick auf den kommenden Winter soll so die Vorsorge weiter gestärkt werden und auch und heftige Preisausschläge eingedämmt werden. Der Bundestag hatte am 25.03.2022 die Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes zur Einführung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen (Gasspeichergesetz) beschlossen. Das Gesetz tritt am 30.04.2022 in Kraft. Das ist erforderlich, damit das komplette Sommerhalbjahr zur Befüllung der Speicher zur Verfügung steht.

Gasspeicher Berlin-Spandau – Foto © Gerhard Hofmann

Mit den gesetzlichen Vorgaben für Füllstände stellt die Bundesregierung sicher, dass die Gasspeicher in Deutschland – im Rahmen des tatsächlichen Gasangebots – zu Beginn des Winters ausreichend befüllt sind („Füllstandsvorgaben“), und zwar:

  • am 1. Oktober: zu 80 Prozent.
  • am 1. November: zu 90 Prozent.
  • am 1. Februar: zu 40 Prozent.

Die Verantwortung dafür tragen primär die Marktakteure. Es gilt: soviel Markt wie möglich und so viel Versorgungssicherheit wie nötig. Ein Stufenmodel gewährleistet ein ausgewogenes Verhältnis von Monitoring- und Berichtspflichten sowie Anreiz- und Sanktionsinstrumenten.

Deutschland verfügt in Mittel- und Westeuropa über die mit Abstand größten Speicherkapazitäten für Erdgas. Die Kapazitäten reichen aus, um Deutschland für einen längeren Zeitraum zu versorgen. Das setzt allerdings voraus, dass die Speicher zu Beginn der Heizsaison gut gefüllt sind. Die Füllstände der Speicher waren im Winter 2021/2022 historisch niedrig – auch deswegen stiegen die Preise an den kurzfristigen Handelsplätzen stark.

Rolle der Gasspeicher

Die Gasspeicher in Deutschland sind derzeit für eine Versorgung mit Gas insbesondere in den Wintermonaten essenziell. Sie können in Kälteperioden Nachfragespitzen ausgleichen und so eine gleichmäßige Gasversorgung sicherstellen. Das ist, so lange das Land trotz massiven Ausbaus der Erneuerbaren noch auf Erdgas angewiesen ist, unabdingbar. Deutschland verfügt über das mit Abstand größte Speichervolumen für Erdgas in Mit- tel- und Westeuropa (24 Mrd. m3). Dieses Speichervolumen alleine kann Deutschland 2 bis 3 durchschnittlich kalte Wintermonate mit Gas versorgen.

Füllstände der Speicher waren im Winter 2021/22 historisch niedrig. Dies gilt insbesondere für die Speicher von Gazprom. Neben der Eskalation des bewaffneten Konflikts in der Ukraine seit Februar 2022 hat das niedrige Gasspeicherniveau zu einer zunehmenden Unsicherheit auf den Märkten beigetragen und zu einer größeren Volatilität der Energiepreise geführt. Auch deswegen stiegen die Preise an den kurzfristigen Spot-Märkten stark; bei Nachfragespitzen wurde kaum zusätzliches Gas aus den Speichern angeboten. Eine solche Situation bei den Speichern darf sich im nächsten Winter nicht wiederholen.

Eine staatliche Regulierung gewährleistet Versorgungssicherheit. Der Gasmarkt in Deutschland ist im Einklang mit der EU-Gesetzgebung weitgehend liberalisiert. Im Gasmarkt ist die Befüllung insbesondere von der Differenz des Einkaufspreises (Sommer) und des Verkaufspreises (Winter) abhängig. Für zuständige Behörden gibt es bislang keine ausreichenden Instrumente, um die Füllstände der Gasspeicher zu beeinflussen.

Mit dem Gasspeichergesetz schafft Deutschland deshalb eine Regulierung, die sicherstellt, dass die deutschen Gasspeicher zu Beginn des Winters gefüllt sind und das Gas in Phasen großer Nachfrage (Kälteperioden) oder geringer Gasimporte zur Verfügung steht. Dies ist erst recht vor dem Hintergrund des schon seit Oktober 2021 nicht mehr verlässlichen Lieferverhalten Russlands notwendig; der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Dringlichkeit noch mal in extremer Weise erhöht.

Drei-Stufen-Modell zur Speicherbefüllung

Mit dem Gasspeichergesetz wird die Überwachung und Durchsetzung der Speicherbefüllung festgelegt: Der sog. „Marktgebietsverantwortliche“, die Trading Hub Europe GmbH, eine Tochtergesellschaft aller Gaspipeline-Betreiber in Deutschland, bekommt einen umfassenden Instrumentenkasten, um die Versorgungssicherheit im Winterhalbjahr zu gewährleisten.

In einem mehrstufigen Verfahren soll zunächst die Speicherbefüllung marktbasiert erfolgen und, wenn erforderlich, angereizt werden. Wenn Mindestfüllstände absehbar nicht erreicht werden, greifen zusätzliche Instrumente, damit definierte Mindestfüllmengen zu verschiedenen Terminen erreicht werden. Als letzter Schritt kann Marktgebietsverantwortliche physisches Gas erwerben:

  1. Stufe 1: Die Befüllung erfolgt durch die Marktteilnehmer. Zusätzlich können über Ausschreibungen im Frühjahr gesetzt werden, um Speicherkapazitäten zu befüllen, um damit eine Sockelvorsorge zu etablieren (neues Instrument: „Strategic Storage Based Options – SSBO“, marktbasiertes Produkt).
  2. Stufe 2: Es kommt zu zusätzlichen SSBO Sonderausschreibung, wenn in Folge des kontinuierlichen Speichermonitorings frühzeitig festgestellt wird, dass die Gaseinspeisung im Hinblick auf die Mindestfüllvorgabe zum jeweiligen Stichtag nicht aus- reichend erfolgt.
  3. Stufe 3: Bei immer noch nicht ausreichender Befüllung kann der Marktgebietsverantwortliche physisches Gas erwerben und einspeichern.

Diese drei Stufen stellen dabei keine starr zu befolgende Maßnahmenkaskade dar, sondern sind vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks – Versorgungssicherheit durch Vorgabe und Einhaltung von Mindestfüllständen – auszugestalten und miteinander zu kombinieren. Dies kann auch dazu führen, dass Schritte übersprungen und ihrem Umfang nach entsprechend angepasst werden.

Überwachungs- und Sanktionsinstrumente

„Use-it-or-loose-it“-Mechanismus: Nutzen die Speichernutzer von ihnen gebuchte Kapazitäten nicht, werden sie ihnen entzogen und dem Marktgebietsverantwortlichen zur Verfügung gestellt. Dieser lässt sie entweder von Marktakteuren im Wege der Ausschreibung von SSBOs befüllen oder kauft selber Gas ein, um dieses einzuspeichern. Mit dem Entzugsmechanismus soll sichergestellt werden, dass zum einen eine Hortung von Kapazi- täten vermieden und zum anderen eine Befüllung der gebuchten Kapazitäten ermöglicht wird.

Die anfallenden Kosten dieser Instrumente werden auf die Netznutzer umgelegt. Die Höhe ist dabei zum jetzigen Zeitpunkt kaum zu prognostizieren, weil nicht abschätzbar ist, wie viele Eingriffe durch den Marktgebietsverantwortlichen erfolgen müssen. Da das Gas zu Hochpreisphasen vor allen im Winter wieder ausgespeichert wird, können sogar Gewinne entstehen und so zu einer Entlastung der Gaskunden führen.

Inkrafttreten und Evaluierung

Das Gesetz soll am 01.05.2022 in Kraft treten, damit das komplette Sommerhalbjahr zur Befüllung der Speicher zur Verfügung steht. Das BMWK bewertet bis zum 15. 12.2022 die Umsetzung der Füllstandsvorgaben und evaluiert bis zum 01.04.2023 die Auswirkungen der Regulierung. Diese Berichte werden dem Deutschen Bundestag vorgelegt.

Dabei verfolgt das BMWK auch die „REPowerEU“ Pläne der Europäischen Kommission eng. Diese hat am 08. 03.2022 angekündigt, bis April einen Gesetzgebungsvorschlag vorzulegen, wonach Gasspeicheranlagen in der EU bis zum 01.11.2022 zu mindestens 80 % ihrer nationalen Kapazitäten befüllt sein müssen. Zudem schlägt die EU-Kommission vor, die Betreiber von Speicheranlagen unter dem Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit zu zertifizieren, um wesentlichen Sicherheitsinteressen auf nationaler, regionaler oder EU-Ebene Rechnung zu tragen.

->Quellen: