Nicht nur Bäume sind wichtig

Beitrag der Vegetation zur Verringerung von Hitzestress in der Stadt

Welche Auswirkungen Bäume auf die Temperatur in der Stadt haben, untersuchten Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) im Rahmen einer mehrjährigen empirischen Studie. Am Beispiel der Stadt Würzburg zeigen die Forschenden, dass ein Grünflächenanteil von rund 40 Prozent nötig ist, um im Sommer für kühlere Temperaturen zu sorgen.

Grüne Infrastruktur kann Städten dabei helfen, sich an den Klimawandel anzupassen. Sie kann die in Städten erhöhten Lufttemperaturen und damit den Hitzestress für die Menschen abschwächen. Doch es kommt auf die Art der Begrünung an.Um das Ausmaß der städtischen Wärmeinsel sowie den Zusammenhang zwischen tages- und jahreszeitlichem Wärmestress im Freien zu verstehen, hat ein Forschungsteam unter Federführung der TUM drei Jahre lang eine empirische Studie in Würzburg durchgeführt.

Begrünte Fassade eines Mehrfamilienhauses in der Stadt – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Klima in der Stadt und im Vorort verglichen

Die mittlere Lufttemperatur sei an innerstädtischen Standorten im Vergleich zu suburbanen Standorten im Sommer um 1,3 Grad Celsius und im Winter um 5 Grad Celsius höher gemessen worden. „Die Unterschiede wurden durch die Ausprägung der vorherrschenden Flächennutzung, insbesondere die Anzahl der Gebäude, beeinflusst“, sagt Stephan Pauleit, Professor für Strategie und Management der Landschaftsentwicklung an der TUM.

An einem der innerstädtischen Standorte – auf einem Marktplatz, auf dem kein einziger Baum steht – seien im Zeitraum von drei Jahren insgesamt 97 heiße Tage mit mehr als 30 Grad Celsius Lufttemperatur gezählt worden. Davon seien neun Tage verzeichnet worden, an denen die Feuchtkugeltemperatur – ein Index zum Verständnis der thermischen Belastung – über dem Schwellenwert für extremen Hitzestress von 35 Grad Celsius gelegen habe. (Als Feuchtkugeltemperatur wird die tiefste Temperatur, die sich durch Verdunstungskühlung erreichen lässt, bezeichnet.) Der Index sei aus den meteorologischen und anderen damit verbundenen Variablen der Station berechnet worden, die direkt im Zentrum des Marktplatzes errichtet worden seien. Diese Werte hätten den Einfluss der Umgebung angezeigt, einschließlich der Standortmerkmale wie Gebäude oder Grünflächen.

An keinem der vorstädtischen Standorte habe es dagegen extreme Hitzestresstage gegeben. „Unsere Studie hat gezeigt, dass etwa 40 Prozent an Grünflächen in der bebauten Umwelt einschließlich Rasenflächen, Gründächern und begrünten Wänden den extremen Hitzestress im Sommer auf die Hälfte reduzieren könnten, ohne dass sich der Kältestress im Winter erhöht“, sagt Mohammad A. Rahman, Wissenschaftler am Lehrstuhl für Strategie und Management der Landschaftsentwicklung.

Verschiedene Grünflächen sind wichtig für das Stadtklima

In heterogenen städtischen Ökosystemen hätten Bäume mehrere biophysikalische Funktionen. Erstens reduzierten Bäume durch ihre ausgedehnten Baumkronen den Eintrag von kurzwelliger Strahlung auf den Boden um bis zu 90 Prozent. Dies sei insbesondere im Sommer der Fall, wenn die Laubbäume in gemäßigten und kalten Klimazonen ihre Blätter tragen. Zweitens kühlten Bäume ihre unmittelbare Umgebung um 1 bis 8 Grad Celsius ab, wodurch sich die relative Luftfeuchtigkeit erhöhe. Dies geschehe durch ihre Transpiration, das heißt durch die Wassermenge, die bei der Nahrungsproduktion durch die Blätter verloren geht.

Gleichzeitig könnten Bäume auch einige negative Auswirkungen haben, wie die Behinderung der vertikalen und horizontalen Durchmischung der Luft in engen Straßenschluchten, so dass schadstoffbelastete Luft in Höhe der Fußgänger nicht verdünnt und abgeführt werde. Grasbewuchs hingegen reduziere die Wärmestrahlung durch höhere Reflexion im Vergleich zur bebauten Umgebung. Er ermögliche aber höhere Windgeschwindigkeiten zur Verringerung der sommerlichen Wärmebelastung und eine höhere Sonneneinstrahlung, wodurch gleichzeitig die winterliche Kältebelastung minimiert werde.

Strategische Grünflächenplanung unerlässlich

„Unsere Ergebnisse stellen die heute in wachsenden Städten zu beobachtende bauliche Nachverdichtung von Innenstädten in Frage. Klimawandelanpassung kann nur gelingen, wenn eine ausreichende Durchgrünung der Stadt sichergestellt ist“, betont Rahman.

Um negative Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit zu vermeiden, seien Grünflächen strategisch zu planen. So könnten sie auch in dichter bebauten Stadtquartieren effektiv Wärmebelastungen vermindern.

Publikation:

Mohammad A. Rahman, Eleonora Franceschi, Nayanesh Pattnaik, Astrid Moser-Reischl, Christian Hartmann, Heiko Paeth, Hans Pretzsch, Thomas Rötzer & Stephan Pauleit: Spatial and temporal changes of outdoor thermal stress: influence of urban land cover types. Scientific Reports. Date: 13.01.2022.

Das Forschungsprojekt Klimaerlebnis Würzburg (TKP01KPB) wurde im Rahmen des Zentrums für Stadtökologie und Klimaanpassung vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz gefördert sowie mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert. Partner des Projekts waren die Stadt Würzburg, die Gemeinde Gerbrunn und das Bayerischen Zentrum für Angewandte Energieforschung e.V. (ZAE).

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