1 Mio. für Arbeiten zur künstlichen Photosynthese

Marburger Max-Planck-Forscher erhält Merck Future Insight Preis

Tobias Erb, Direktor und Leiter der Abteilung „Biochemie und Synthetischer Metabolismus“ am Marburger Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie, empfängt einer Mitteilung auf der MPI-Webseite vom 13.07.2022 zufolge den mit 1 Million Euro dotierten „Merck Future Insight Prize“ für seine Arbeiten, die den Weg zu einer nachhaltigeren Fixierung des Treibhausgases CO2 ebnen – hin zu einer künstlichen Photosynthese. Sie soll in Zukunft Einzug in Bioreaktoren halten, um CO2 nachhaltig als Wertstoff zu nutzen oder sogar der Außenluft entziehen zu können (negative Emissionen).

Die Erfolgsgeschichte von Tobias Erbs Forschung begann mit dem akribischen Zusammensuchen und Optimieren der besten biologischen Bausteine für die große Aufgabe: das Treibhausgas CO2 mithilfe des Sonnenlichts effizienter zu binden als es die Pflanzen seit Jahrmillionen tun. Denn deren zentrales Enzym Rubisco arbeitet vergleichsweise langsam und fehlerhaft, was den möglichen Ertrag der Photosynthese erheblich mindert.

Viele Laborstunden später war es tatsächlich gelungen: Der von Tobias Erb und seinem Team entworfene und im Labor zusammengebaute sogenannte „CETCH-Zyklus“, ein künstlicher Stoffwechselweg, dessen Enzym-Arbeiter aus ganz unterscheidlichen Organismen stammen, wandelt das Treibhausgas effizienter um als die Natur selbst. Das Wichtigste dabei: er funktioniert sowohl außerhalb der Pflanze als auch in künstlichen Zellen als Bioreaktoren. Das eröffnet die Möglichkeit, in Zukunft CO2 auf nachhaltige Weise aus der Luft einzufangen und in wertvolle Ausgangsstoffe umzuwandeln, zum Beispiel für die chemische Industrie.

„Der Preis ist mir eine große Ehre. Er gibt mir und meinem Team die Möglichkeit, unsere Vision weiterzuentwickeln und mit dem Wissen, das wir im Labor erzeugen, die Grundlage für neue Anwendungen zu schaffen“, sagt Tobias Erb. „Am Anfang jeder Anwendung steht das genaue Verständnis. Wenn man Dinge auseinandernimmt, lernt man, wie sie funktionieren;  man lernt aber auch, wie sie aufgebaut sind. Jetzt dieses Wissen zu nutzen, um neue Wege zur CO2-Umwandlung zu entwickeln, bessere und effizientere Wege, das ist spannend.“

Der Preis würdigt zukunftsweisende Innovationen und ihre Fähigkeit, Lösungen für bestehende Herausforderungen zu finden. „Wissenschaft und Technologie sind der Schlüssel, um die Gesellschaft schneller in die Lage zu versetzen, das Wohlergehen und die Gesundheit von uns Menschen und unserem Planeten zu verbessern. Tobias Erb hat das Design der Photosynthese dahingehend verändert, dass eine effiziente Bindung von Kohlenstoffdioxid und dessen Umwandlung in nützliche Produkte ermöglicht wird – zum Wohle der Menschen“, sagte Merck-Chefin Belén Garijo. „Er ist der perfekte Preisträger des Future Insight Prize 2022, und wir hoffen, dass diese Auszeichnung die Kommerzialisierung und Anwendung seiner Entdeckungen weiter beschleunigen wird.“

Erb bedankte sich auch für die Motivation, die mit einem solchen Preis einhergeht. „Der Preis bestärkt uns darin, unseren Weg fortzusetzen und eine neuartige Photosynthese zu entwickeln. Gleichzeitig gibt er uns natürlich die Möglichkeit, die besten Leute einzustellen und in die Technologie zu investieren, die wir für unsere Vision brauchen“, erklärt er. „Was mich jeden Tag im Labor motiviert, ist die Interaktion mit verschiedenen Wissenschaftlern aus der ganzen Welt, die zu uns kommen mit neuen Ideen, die uns inspirieren. Sie werden die nächste Generation von Wissenschaftlern formen, die unsere Forschungen weiter ausbauen werden.“

Tobias J. Erb ist Biologe und Chemiker am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind die mikrobielle Biochemie und die synthetische Biologie, vor allem die Entdeckung und das Design neuartiger Enzyme und Stoffwechselnetzwerke sowie deren Einbau in natürlichen und künstlichen Zellen. Im Mittelpunkt steht dabei die Umwandlung von Kohlendioxid. Wie binden Pflanzen, aber auch Bakterien das Treibhausgas und wandeln es dabei um, und wie kann man dieses Wissen nutzen, um CO2 noch effektiver aus der Atmosphäre zu entziehen und für die Nahrungskette, die Energieversorgung oder chemische Industrie nutzbar zu machen? Für seine Arbeiten wurde Tobias Erb mehrfach international ausgezeichnet, zuletzt mit dem Prix Forcheurs Jean-Marie Lehn (2021).  Seit 2019 ist Erb gewähltes Mitglied der Europäischen Akademie für Mikrobiologie (EMA) und seit 2021 der European Molecular Biology Organization (EMBO).

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