BMUV gefährdet Klimaziele und Versorgungssicherheit

Offener Brief von DWV und VDMA

In einem gemeinsamen Offenen Brief an Umweltministerin Steffi Lemke appellierten die Branchenverbände Deutscher Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband (DWV) und Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) am 29.07.2022 an das BMUV, schnellstmöglich mit dem unverzüglichen Erlass der 37. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Anrechnung von strombasierten Kraftstoffen und mitverarbeiteten biogenen Ölen auf die Treibhausgasquote) – kurz „37. BImSchV“ den Weg für eine wirtschaftlich tragfähige Substitution von Erdgas durch erneuerbaren Wasserstoff frei zu machen und gleichzeitig die Emissionen im Verkehr zu senken.

Wasserstoff-Tank an Multi-Energie-Tankstelle Berlin – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Weitere Verzögerungen gefährdeten „nicht nur das Erreichen der Klimaziele, sondern auch die Versorgungssicherheit der Industrie und unserer Bürger“. Mit der Substitution des Bedarfs von jährlich 8 bis 10 TWh Erdgas, zur Produktion von 500 TWh moderner Kraftstoffe, durch grünen Wasserstoff, würden diese Erdgasmengen für die sichere Energieversorgung der deutschen Industrie und Bürger nutzbar. Solarify dokumentiert das Schreiben.

„Sehr geehrte Frau Ministerin Lemke,
wir appellieren an Sie, die 37. BImSchV zur Anrechnung von grünem Wasserstoff, unabhängig von der Rechtskraft des europäischen Delegierten Rechtsaktes, auf die THG-Minderungsverpflichtung für die in den Verkehr gebrachten Kraftstoffe noch im Sommer 2022 zu erlassen.

Mit der unerklärlichen Verzögerung ihres Ministeriums, die Beschlüsse zum BImSchG §37a des deutschen Bundestages vom Mai 2021 umzusetzen, wird die sichere und nachhaltige deutsche Kraftstoffproduktion gefährdet. Das BMUV ist daher gefordert jetzt die für die Investitionssicherheit in grüne Wasserstofftechnologien in Raffinerien erforderliche BImSchV zu erlassen. Ein Verweis auf die fehlende Rechtskraft des europäischen Delegierten Rechtaktes ist vor der aktuellen Gasnotlage und aber auch der erforderlichen Sofortmaßnahmen zur Erreichung der Emissionsziele im Verkehr nicht verantwortbar.

Vor dem Hintergrund des fortwährenden drohenden Lieferstopps Russlands ist die sichere Versorgung der deutschen Raffinerien mit Erdgas, das zur Produktion von hochwertigen Kraftstoffen benötigt wird, eine Herausforderung für eine faire Gaszuteilung.

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) könnte mit einer Verordnung jedoch den Weg für eine wirtschaftlich tragfähige Substitution des Erdgases durch erneuerbaren Wasserstoff frei machen und gleichzeitig die Emissionen im Verkehr senken.

Mit dem Erlass einer Verordnung, die für die Umsetzung des von dem deutschen Bundestag beschlossenen Gesetzes zur Minderung der Treibhausgasemissionen von Kraftstoffen erforderlich ist, würde das Umweltministerium nicht nur die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Substitution des Erdgases durch grünen Wasserstoff schaffen, sondern gleichzeitig zur Vermeidung von jährlich bis zu 1,7 Mio. Tonnen CO2-Emissionen schaffen. Der Verweis des BMUV das für die fehlende deutsche Verordnung erst zwei delegierte Rechtsakte der EU-Kommission rechtskräftig verabschiedet werden müssten, ist rechtlich nicht richtig. Die hochqualifizierte Kanzlei Becker-Büttner-Held hat in einem Rechtsgutachten bestätigt, dass aufgrund der in Deutschland um 100 Prozent übersteigenden Verpflichtungen gegenüber den EU-Vorgaben zur Mitverwendung von erneuerbaren Kraftstoffen die Bundesregierung entsprechende Gestaltungsfreiheiten zum sofortigen Erlass der BImSchV hat. Das BMUV kann und sollte vor dem drohenden Gaslieferengpasses jetzt sofort handeln.

Das BMUV gefährdet mit der andauernden Blockade nicht nur das Erreichen der Klimaziele, sondern vielmehr riskiert es die Versorgungssicherheit der Industrie und unserer Bürger. Mit der Substitution des Bedarfs von jährlich 8 bis 10 TWh Erdgas, zur Produktion von 500 TWh moderner Kraftstoffe, durch grünen Wasserstoff, werden diese Erdgasmengen nutzbar für die sichere Energieversorgung der deutschen Industrie und Bürger.

Mit der zeitlichen Verzögerung des BMUV wird zudem verhindert, über 50% der im Jahr 2021, gegenüber der vereinbarten Klimaziele im Verkehr, verfehlten Emissionsminderungen (etwa 3 Millionen Tonnen CO?) kosteneffizient und ohne wirtschaftlich zusätzliche Belastungen für die Bürger, im Rahmen des vom BMDV angekündigten Maßnahmenbündel, einzusparen. Die Branche steht bereit, die notwendigen Investitionen für die direkte Wasserstoffproduktion aus erneuerbaren Energien umgehend zu tätigen. Nebeneffekt wäre, dass damit Investitionen in den Hochlauf der grünen Wasserstoff- Marktwirtschaft von über 2 Mrd. Euro ausgelöst würden. Damit würden Sie, Frau Ministerin, auch noch Ihren Beitrag zu den Vereinbarungen zum Aufbau einer deutschen Wasserstoffindustrie aus dem Koalitionsertrag leisten.

Die Branche appelliert daher an Sie, gerade jetzt vor dem Hintergrund des Aufrufs an alle Bürger und Industrie Erdgas einzusparen, mit einer Sofortmaßnahme die erforderliche Bundesimmissionsschutz-Verordnung noch in dieser Sommerpause, entsprechend der vom Bundestag beschlossenen Leitplanken, umzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Werner Diwald  – Vorstandsvorsitzender Deutscher Wasserstoff und Brennstoffzellen Verband
Peter Müller-Baum – Managing Director VDMA Power-to-X for Applications“

Quelle: 20220728 Offener Brief 37 BImSchV