Bundeskabinett beschließt Änderung des Energiesicherungsgesetzes

Umsatzsteuer auf Erdgas wird gesenkt – Kritik von BEE und Bioenergiebranche

Das Bundeskabinett hat eine Formulierungshilfe für einen „Gesetzentwurf zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften“ beschlossen. Der Entwurf einer dritten Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG 3.0) soll die EE-Stromproduktion kurzfristig erhöhen und die Transportkapazitäten des Stromnetzes steigern, und so den Gasverbrauch im Winter 2022/2023 und im Winter 2023/2024 verringern. Ferner soll die Einspeisung von verflüssigtem Gas im Winter 2022/2023 weiter abgesichert werden.

Thüringer „Strombrücke“ – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Die Novelle soll zudem die Möglichkeiten zur Lastflexibilität industrieller Großverbraucher erschließen und Verfahren zur Nutzung von LNG-Anlagen erleichtern, damit an den Standorten Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Lubmin in diesem Winter möglichst viel Gas eingespeist werden kann.

Zudem soll über das Jahressteuergesetz 2022 eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, um einen direkten Auszahlungsweg aufzubauen. Hierdurch sollen künftige öffentliche Leistungen (wie z.B. das Klimageld)  direkt an die Bürger ausgezahlt werden können. Außerdem soll der jährliche lineare Abschreibungssatz für nach dem 30.06.2023 fertiggestellte Wohngebäude, von zwei auf drei Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten angehoben und damit der Abschreibungszeitraum von bisher 50 auf 33 Jahre verkürzt werden. So soll zu einer klimagerechten Neubauoffensive beigetragen werden.

Förderung des PV-Ausbaus

Einnahmen aus dem Betrieb von PV-Anlagen bis zu einer Bruttonennleistung von 30 Kilowatt auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien steuerbefreit. Lohnsteuerhilfevereine sollen Mitglieder künftig bei der Einkommensteuer beraten dürfen, wenn diese von der genannten Ertragsteuer befreite PV-Anlagen betreiben.

Des Weiteren hat das Bundeskabinett beschlossen, den Umsatzsteuersatz auf Gaslieferungen zeitweise (von 01.10.2022 bis 31.03.2023) von 19 auf sieben Prozent zu senken. Der Spitzenausgleich bei der Strom- und der Energiesteuer wird um ein weiteres Jahr verlängert. Damit werden rund 9.000 energieintensive Unternehmen in Höhe von rund 1,7 Milliarden Euro etlastet.

Vorschläge greifen aus Sicht der Bioenergiebranche jedoch zu kurz

Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie, kommentierte: „Es ist zwar zu begrüßen, dass die Bundesregierung mit der Novelle des Energiesicherungsgesetzes die Begrenzungen für die Biogasproduktion abschaffen will, um fossiles Erdgas anteilig zu ersetzen, doch die im Kabinettsentwurf vorgesehene Aussetzung der Begrenzung der vergütungsfähigen Strommenge im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sowie die Flexibilisierung des Güllebonus sind nur ein erster Schritt. Wie im Entwurf der Bundesregierung richtigerweise gesagt wird, muss eine vorübergehend erhöhte Gaserzeugung noch im kommenden Winter ohne eine neue Genehmigung möglich sein. Dies wie angekündigt über eine Änderung der Vollzugshinweise durch die sogenannte ‚Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz‘ umzusetzen, scheint angesichts der Kürze der Zeit und der Wichtigkeit eine pragmatische Lösung. Um für Anlagenbetreiber, die ihre Gaserzeugung erhöhen, Rechtssicherheit zu schaffen, ist jedoch eine entsprechende gesetzliche Regelung im Bundesimmissionsschutzgesetz vorzuziehen.

Darüber hinaus ist es hoch problematisch, dass die Bundesregierung nicht die verschiedenen Hemmnisse im Baugesetzbuch (BauGB) angeht: Im BauGB muss die Begrenzung von baurechtlich privilegierten Anlagen auf eine Gaserzeugung von 2,3 Million Normkubikmeter Biogas pro Jahr überschritten werden dürfen. Dies ist zwingend notwendig, um zusätzliche Biogasmengen in den Markt zu bringen. Andernfalls laufen die beschlossenen Änderungen weitgehend ins Leere.

Des Weiteren sollte die Pflicht zur gasdichten Abdeckung von Gärresten im EEG zumindest für einen befristeten Zeitraum als erfüllt gelten, wenn die Vorgaben zur Methanemissionsreduktion der TA-Luft eingehalten werden.

Diese und weitere Vorschläge finden sich in der Stellungnahme des Hauptstadtbüro Bioenergie zum Energiesicherungsgesetz. Wir setzen nun auf die Tatkraft des Bundestages, kurzfristig noch die entscheidenden Änderungen umzusetzen, um das bereits seit März diesen Jahres immer wieder seitens der Branche unterbreitete Angebot nutzen zu können und die Gasmangellage im kommenden Winter bestmöglich mit abzufedern.“

„Deutliche Verbesserung des Status Quo“

VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing am 23.09.2022: „Der aktuelle Entwurf zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) und des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) ist eine deutliche Verbesserung des Status Quo. Damit soll das Preisanpassungsrecht zur Weitergabe der Mehrkosten aus der Gasbeschaffungs- und Gasspeicherumlage an alle Gaskunden und der Gasbeschaffungsumlage in der gasbasierten Fernwärmeversorgung geregelt werden. Das bedeutet für Stadtwerke mehr Rechtssicherheit, insbesondere durch die neuen Regelungen zu Fristen und Festpreisverträgen. Das ist gut.

Bislang waren Kunden von (Gas-)Festpreisverträgen und Kunden von aus Gas erzeugter Fernwärme von der Weitergabe der Gasbeschaffungsumlage ausgenommen, die Umlage wäre also von weniger Kunden geschultert worden. Zudem hätte das die Versorger vor gewaltige finanzielle Probleme gestellt, weil sie selbst die Umlage an die Vorlieferanten hätten bezahlen müssen, ohne sie in ihrer Preisbildung abzubilden. Insofern ist die Bereitschaft des in der Sache federführenden Bundeswirtschaftsministeriums, EnSiG und EnWG kurzfristig und sachgerecht anzupassen, sehr zu begrüßen. Weiteren Gesprächsbedarf sehen die kommunalen Unternehmen dennoch zu gasbasierten Stromlieferverträgen. Denn für die bereits nach diesen Verträgen über die Börse vermarkteten Strommengen besteht keine Möglichkeit, die Umlagekosten abzuwälzen. Regelungsbedürftig ist zudem noch die im Entwurf fehlende Weitergabemöglichkeit der Gasspeicherumlage in der gasbasierten Fernwärmeversorgung. Unabhängig hiervon wäre es allemal besser gewesen, von Anfang an die Gaswiederbeschaffungskosten durch den Staat zu finanzieren statt diese Kosten an die Bevölkerung weiter zu reichen und dann dort komplizierte Entlastung zu organisieren. Wenn dies aber von der Regierung nicht gewollt ist, bleibt es notwendig, handwerkliche Mängel zu korrigieren. Das geschieht jetzt, das ist gut so.“

BEE: EnSiG Reform kommt zur richtigen Zeit – Bundestag muss noch nachbessern

„Die Erneuerbaren Energien können schon in diesem Winter einen zusätzlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Deshalb ist es gut, dass die Reform des Energiesicherungsgesetzes jetzt kommt“, so BEE-Präsidentin Simone Peter. An einigen Stellen müsse im Bundestag allerdings noch nachgebessert werden.

„Endlich wurde bei der Bioenergie die Begrenzung der vergütungsfähigen Strommenge im EEG ausgesetzt und der Güllebonus flexibilisiert“, so Peter. „Wenn jetzt noch die Hemmnisse im Baugesetzbuch abgebaut werden, um zusätzliches Biogas auf den Markt zu bringen, ist die Sache rund.” Bioenergie sei eine zentrale Säule für den flexibel steuerbaren Ausgleich der volatil produzierenden Wind- und Solaranlagen. „Flexibilität ist der Garant für das Stromsystem der Zukunft”, so Peter. Das Hauptstadtbüro Bioenergie hat den Beschluss in einer Pressemitteilung kommentiert.

Auch bei der Windenergie haben sich Verbesserungen ergeben: „In den nächsten drei Jahren können durch Repowering 45.000 MW Leistung ans Netz gebracht werden. Hier hilft es, dass eine leichtere Änderung des Anlagentyps ermöglicht wird.“ Darüber können Betreiber im Falle einer ernsten oder erheblichen Gasmangellage von einzelnen immissionsschutzrechtlichen Anforderungen abzuweichen. „Jede Kilowattstunde erneuerbaren Stroms sichert die Energieversorgung, deshalb sind Ausnahmen sinnvoll. Bei der Windenergie muss aber noch mehr passieren, um schneller zu genehmigen und Flächen bereitzustellen“, so Peter.

Zusätzliche Potenziale will die Bundesregierung auch mittels einer Krisensonderausschreibung bei der Solarenergie heben. Ohne Nachbesserungen bei den Auktionsbedingungen und eine Ergänzung durch weitere Maßnahmen werde sich der gewünschte Solarbooster-Effekt nicht einstellen. Vielmehr drohe eine Unterzeichnung künftiger Ausschreibungen. Der Bundesländervorbehalt für die Sonnenstromernte in benachteiligten Gebieten müsse fallen und die Investitionsbedingungen zum Beispiel von Landwirten in die Photovoltaik verbessert werden. Auch seien weitere Anpassungen im Bau- und Steuerrecht vonnöten, um die Solarenergieproduktion in Deutschland im Strom- und Wärmesektor schnell zu erhöhen und die jüngst heraufgesteckten Ausbauziele auch zu erreichen. Der BSW hatte seine Anforderungen in einer Pressemitteilung verkündet

Quellen: