Mit der industriellen Wärmewende Erdgas einsparen und das Klima schützen

Zur Unterstützung von Wärmewende in der Industrie muss Politik zügig regulatorische Hemmnisse beseitigen

Rund 90 Terawattstunden Erdgas könnten bis 2030 eingespart werden, wenn die Industrie ihre Prozesswärme bis 500 Grad Celsius künftig elektrisch erzeugte. Das geht aus einer Studie des Think Tanks Agora Industrie hervor. Mittels Wärmepumpen und Elektrodenkesseln könne der Sektor in den kommenden acht Jahren bis zu drei Viertel der durch den europäischen RePowerEU-Plan vorgegebenen Erdgaseinsparungen erzielen und so einen wichtigen Schritt zur Energiesicherheit leisten, heißt es in einer Medienmitteilung vom 30.09.2022.

Erdgas einsparen und das Klima schützen mit der industriellen Wärmewende – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Zugleich ließen sich dadurch 12,5 Millionen Tonnen CO2 einsparen, was rund einem Fünftel der laut Klimaschutzgesetz notwendigen Treibhausgaseinsparungen in der Industrie bis 2030 entspricht. Wärmepumpen und Elektrodenkessel eigneten sich zudem als flexible Stromverbraucher, das heißt, sie können ihren Verbrauch an die Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom anpassen. Deshalb seiend sie ein wichtiger Bestandteil für ein effizientes, klimaneutrales Stromsystem mit einem hohen Anteil Erneuerbarer Energien.

„In der fossilen Energiekrise müssen wir die Potenziale der direkten Elektrifizierung industrieller Prozesswärme bis 500 Grad Celsius zügig heben“, sagt Frank Peter, Direktor von Agora Industrie. Knapp die Hälfte des industriellen Prozesswärmebedarfs liege unter 500 Grad Celsius; ein gutes Drittel sogar unter 200 Grad Celsius. Die Industrie habe sich bisher vor allem auf den Hochlauf von erneuerbarem Wasserstoff als Weg zur Klimaneutralität konzentriert, so Peter weiter. „Eine industrielle Wärmewende, die auf Elektrodenkessel und Wärmepumpen setzt, hat einen dreifach positiven Effekt: Weniger Erdgasverbrauch, weniger Treibhausgasemissionen und mehr Flexibilität für ein Stromnetz mit hohen Anteilen Erneuerbarer Energien“.

Um die industrielle Wärmewende schnell auf den Weg zu bringen, brauche es einen zügigen Abbau regulatorischer Hürden. Derzeit würden der Industrie durchschnittlich mehr als 80 Prozent der CO2-Zertifikate im EU-Emissionshandel aus Wettbewerbsgründen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Dies verschiebe den Umstieg auf CO2-freie Wärmeproduktion bis in die 2030er Jahre. Ebenso begünstigten Steuerbefreiungen Kraftwärmekopplungsanlagen gegenüber strombetriebenen Wärmeerzeugern. Außerdem reize die aktuelle Struktur der Netzentgelte einen hohen, gleichmäßigen Stromverbrauch an, was den Einsatz von flexiblen Stromverbrauchern wie Elektrodenkesseln derzeit unattraktiv mache, erklärt Peter.

Agora Industrie habe daher ein Maßnahmenpaket vorgelegt, das einen Instrumentenmix aus Förderung zur Minderung von Investitionsrisiken, klaren Standards für Neuinvestitionen sowie Anreizen für einen flexiblen Stromverbrauch vorsehet. Ein zentraler Baustein sei hierbei, im Energiesicherungsgesetz das Jahr 2035 für einen Ausstieg aus fossilen Energieträgern für Prozesswärme bis 500 Grad zu verankern.

„Ein klares Enddatum für die Nutzung von fossil erzeugter Prozesswärme in der Industrie schafft Planungs- und Investitionssicherheit für Unternehmen und bringt uns auf Kurs zur Klimaneutralität“, sagt Agora Industrie-Direktor Peter. Zudem schlägt der Think Tank vor, ein Sonderförderprogramm aufzulegen, um die Kostenlücke bei strombasierten Technologien zu schließen und einen gesetzlichen Zero-Carbon-Standard für Neuinvestitionen zu etablieren. Um sicherzustellen, dass Wärmepumpen und Elektrodenkessel für die Industrie verfügbar sind, brauche es eine gemeinsame Strategie von Politik, Industrie, Anlagenbau und Handwerk, so Peter. Gleichzeitig sei es zentral für die Wärmewende, den flexiblen Verbrauch in der Industrie anzureizen. „Die Einführung zeitlich differenzierter Netzentgelte muss politische Priorität werden“.

Der Impuls „Power-2-Heat: Erdgaseinsparungen und Klimaschutz in der Industrie“ ist in Zusammenarbeit mit Future Camp entstanden. Die 52-seitige Publikation enthält einen Maßnahmenkatalog für die Umstellung auf Wärmepumpen und Elektrodenkessel für industrielle Prozesswärme bis zu 500 Grad Celsius und steht zum kostenlosen Download unter www.agora-industrie.de zur Verfügung. Begleitend zu der Studie wurde durch Future Camp und das Wuppertal Institut ein Rechner zur Abschätzung der Transformationskosten von Erdgas zu Wärmepumpen und Elektrodenkesseln entwickelt. Das Excel-Tool steht zum kostenlosen Download zur Verfügung.

->Quelle:  Agora-Energiewende.de/erdgas-einsparen-und-das-klima-schuetzen-mit-der-industriellen-waermewende