Batterien ohne kritische Rohstoffe

Berliner Forschungsgruppe „operando battery analysis“ entwickelt neue Zellchemie

Die Nachfrage nach wiederaufladbaren Batterien wächst schnell, aber die benötigten Rohstoffe sind begrenzt. Eine Alternative könnten zum Beispiel Natrium-Ionen-Batterien sein. Eine gemeinsame Forschergruppe des Helmholtz-Zentrums Berlin für Materialien und Energie (HZB) und Humboldt-Universität zu Berlin hat einer HZB-Meldung vom zufolge dafür neue Kombinationen von Elektrolytlösungen und Elektrodenmaterialien untersucht. Mit operando-Methoden lässt sich beobachten, wie sich solvatisierte Ionen in Batterie-Elektroden einlagern. Die Erkenntnisse sind hilfreich, um alternative Batteriekonzepte zu entwickeln.

Alte konventionelle Autobatterie – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

„Im Gegensatz zu Lithium-Ionen-Batterien, die auf der Speicherung von Lithium-Ionen in der positiven und negativen Elektrode der Batterie basieren, arbeiten wir mit Natrium-Ionen, wie sie auch in billigem Kochsalz vorkommen. Dazu speichern wir die Natrium-Ionen zusammen mit ihrer Solvathülle, also Lösungsmittelmolekülen aus der Elektrolytlösung, die die beiden Elektroden trennen. Damit lassen sich völlig neue Speicherreaktionen realisieren“, erklärt Prof. Philipp Adelhelm, der die Forschungsgruppe „operando battery analysis“ leitet, die 2020 gemeinsam von Humboldt-Universität und Helmholtz-Zentrum Berlin gegründet wurde, und der die Ergebnisse open access  in Advanced Energy Materials veröffeentlicht hat.

Diese Einlagerung von Ionen in Begleitung ihrer Solvatationshülle in einem Kristallgitter bezeichnet man als Ko-Interkalation. Bislang war dieses Konzept auf die negative Elektrode der Natrium-Ionen-Batterie beschränkt. Nun ist es dem Team um Adelhelm gelungen, das Konzept auf die positive Elektrode der Batterie auszuweiten. Guillermo A. Ferrero, Erstautor der Veröffentlichung, erklärt: „Mit Titandisulfid und Graphit haben wir zum ersten Mal zwei Materialien kombiniert, die während des Ladens und Entladens der Batterie dasselbe Lösungsmittel aufnehmen und abgeben“.

Operando-Batterie-Analyse – Gemeinsame Forschungsgruppe Die Forschungsgruppe Operando-Batterie-Analyse ist eine gemeinsame Initiative des Helmholtz-Zentrums Berlin und der Humboldt-Universität Berlin unter der Leitung von Philipp Adelhelm (Professor für Physikalische Chemie der Materialien / Elektrochemie). Die Forschungsgruppe widmet sich der Untersuchung von Batterien im Betrieb (in-situ / operando). Während des Ladens und Entladens einer Batterie interagieren alle Zellkomponenten auf komplexe Weise miteinander. Phasenumwandlungen, Grenzflächenprozesse, Speicherkapazität, Oxidationszustände, das Spannungsfenster, aber auch Alterungsmechanismen hängen von den verwendeten Materialien ab. Untersuchungen der Materialien im Betrieb, d.h. während des Ladens und Entladens über mehrere Zyklen, sind daher für das Verständnis der Zellchemie äußerst relevant. Zu diesem Zweck kombiniert der Forschungsverbund elektrochemische Messungen mit Methoden wie Gasanalyse (DEMS), Dilatometrie, Druckmessungen und Röntgenbeugung. Der Schwerpunkt der Gruppe liegt auf Materialien für Lithium-Ionen- und Natrium-Ionen-Batterien sowie auf Metall-Schwefel- und Festkörperbatterien.

Mit Operando-Messungen  am Röntgen-Corelab des HZB (LIMAX 160) ließen sich Veränderungen im Material während des Ladens und Entladens beobachten und der Mechanismus der Ko-Interkalation im Inneren der Batterie analysieren. Mit diesem  Wissen gelang es dem Team, eine Batterie zu realisieren, bei der die Ko-Interkalation von Lösungsmittelmolekülen an beiden Elektroden reversibel ist.

„Wir beginnen gerade erst damit, Ko-Interkalationsbatterien zu verstehen. Es gibt einige Vorteile, die wir uns vorstellen können“, erklärt Katherine A. Mazzio vom HZB: Der Prozess der Ko-Interkalation könnte die Effizienz verbessern, indem er eine bessere Leistung bei niedrigen Temperaturen ermöglicht. Er könnte auch genutzt werden, um alternative Zellkonzepte zu verbessern, wie zum Beispiel die Verwendung mehrwertiger Ionen anstelle der Speicherung von Li+ oder Na+, die besonders empfindlich auf die Solvatationshülle reagieren.

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