Biokraftstoffe: Neue Raffineriekonzepte für Herstellung im Tonnenmaßstab

Kombination von E-Fuels mit Biokraftstoffen

Laut VDI-Nachrichten „werden auch weiterhin Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren gebraucht“. Wie deren ökologischer Fußabdruck gesenkt werden könne, erforsche ein von der der Technischen Universität München geleitetes Bündnis unter dem Namen „Synergy Fuels“. Gefördert vom BMVI mit 13 Millionen Euro soll ein neues Raffineriekonzept entwickelt werden, das erneuerbare Kraftstoffe im Tonnenmaßstab für den Verkehrssektor produziert – durch Kombination von E-Fuels mit Biokraftstoffen.

Screeningstation des Fraunhofer IGB zur Entwicklung der Prozessschritte zur Umwandlung von CO2 aus Prozessgasen zu E-Fuels – Foto © Fraunhofer IGB

Rund 15 Millionen Tonnen Bioabfall kommen jedes Jahr in Kompostierungs- und Vergärungsanlagen. Ein Teil davon wird zu Bio-Kraftstoffen. Das ist zunächst positiv, wer die Reste verwertet, umgeht das Tank-oder-Teller-Problem. Doch die Klimabilanz ist miserabel. „Je nach Ausgangsmaterial gehen bis zu 50 Prozent des enthaltenen Kohlenstoffs verloren“, sagt Jakob Burger, Professor für Chemische und Thermische Verfahrenstechnik am TUM Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit. Der Grund: In einem Klärschlamm beispielsweise ist anfangs viel mehr Sauerstoff enthalten als im Endprodukt, dem Biofuel. Das Gas muss raus und reagiert im Prozess vor allem mit Kohlenstoff. „Es entsteht CO2, das als Abgas in die Atmosphäre entweicht.“

Zusammenschaltung von Anlagen erhöht Kohlenstoffeffizienz biotechnologischer Verfahren

Die Teams im Verbundprojekt wollen nun die Demonstrationsanlagen, in denen E-Fuels hergestellt werden, mit jenen zusammenschalten, die Biokraftstoff produzieren. „Die stoffliche und energetische Integration der Synthesen von E-Fuels und Biokraftstoffen schafft Synergien“, erklärt Burger. „Die Nutzung von erneuerbarem Strom zur Umwandlung von CO2 zu flüssigen Kraftstoffen erhöht die Kohlenstoffeffizienz der biotechnologischen Verfahren. Zudem ermöglicht die langfristige Kohlenstoffbindung in Form des Nebenprodukts Pflanzenkohle sogar negative CO2-Emissionen, also eine netto Kohlenstoffabscheidung aus der Atmosphäre.“

Ein Beispiel für eine solche Synergie ist die Nutzung der Abwärme aus den (thermo-)chemischen Synthesen (etwa der Methanolsynthese) für die Produktaufarbeitung. Oder die Bereitstellung von biogenem CO2 ebenfalls für die Methanolsynthese sowie von biogenem Wasserstoff durch die thermochemische Konversion von Biomassereststoffen. Dadurch kann auf die Verbrennung von Kohle oder Erdgas verzichtet werden und auch die aufwendige Abscheidung von CO2 aus der Atmosphäre entfällt.

Produktion von Kerosin und Diesel aus Kohlendioxid

Beteiligt an dem Projekt ist auch das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Straubing, das sich auf die heterogenkatalytische Synthese von Mitteldestillatkraftstoffen, also Kerosin und Diesel, aus CO2 und erneuerbarem Strom konzentriert. Die zu entwickelnde Prozessroute verläuft über Alkohole und Olefine als Zwischenprodukte. Das CO2 stammt direkt aus technischen Prozessgasen, zum einen aus der fermentativen Ethanolproduktion, zum anderen der thermokatalytischen Biomassekonversion.

Power-to-X-Verfahren mit Biomasse-basierten Prozessen verbinden

„So gelingt es uns, Power-to-X- und biomassebasierte Verfahren wertschöpfend zu verbinden“, sagt Arne Roth, Projektleiter am Fraunhofer IGB: „Dabei ist uns wichtig, nicht nur linear entlang einzelner Prozessketten zu denken, sondern wie in einer Raffinerie verschiedene Stoffströme durch Prozessvernetzung möglichst effizient zu nutzen.“ Die Forschenden arbeiten dabei nicht nur an kleinskaligen Tests im Labor, ihr erklärtes Ziel ist der Technikumsmaßstab zur Produktion von Kraftstoffmustern.

Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger hat die Förderung des Projekts durch den Bund als einen „Riesenerfolg für den Freistaat“ bezeichnet. 13 Millionen Euro Fördergelder zur Erforschung von synthetischen Kraftstoffen und fortschrittlichen Biokraftstoffen fließen damit nach Niederbayern. Aiwanger: „Straubing beweist, dass es bundesweit zu den führenden Kompetenzzentren für Bioenergie zählt. Die Forschungsexzellenz dort ist herausragend und zukunftsorientiert. Es geht um eines der Leuchtturmprojekte im Bereich Erneuerbare Kraftstoffe in Deutschland. Das haben wir schon früh erkannt und unsere Stärken gezielt eingebracht. Unser Engagement hat sich gelohnt, weil mit der Millionen-Förderung nun weiter intensiv zugunsten der Energiewende geforscht werden kann.“

„Kompetenzchaos innerhalb der Berliner Ampelregierung“

Verwundert zeigte sich der Staatsminister über das Kompetenzchaos innerhalb der Berliner Ampelregierung. „Der Bundesverkehrsminister fördert die Erforschung von Bio- und synthetischen Kraftstoffen, während die Bundesumweltministerin Pläne vorlegt, Biokraftstoffe abzuschaffen. In diesem Berliner Chaos weiß die eine Hand nicht, was die andere macht.“

Forschungsschwerpunkt für Erneuerbare Kraftstoffe

Mit „Synergy Fuels“ wird in Straubing ein Forschungsschwerpunkt für Erneuerbare Kraftstoffe gesetzt. Die Förderzusage vom Bundesverkehrsministerium (BMDV) liegt nun vor. Die Projektlaufzeit beträgt vier Jahre. An dem Projekt beteiligen sich sechs Lehrstühle und Professuren des Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit und des Green Fuel Centers der TU München (TUM). Außerdem sind das Technologie- und Förderzentrum (TFZ), das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT), das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) sowie die Industrieunternehmen Clariant, Martech GmbH und Volkswagen AG vertreten. Die Arbeiten in „Synergy Fuels“ bilden einen wichtigen Beitrag für das Forschungszentrum für Erneuerbare Kraftstoffe, das aktuell am Standort Straubing etabliert wird.

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