E-Fuels umstrittene Option

Streit in der Koalition und Europa

Nach langen quälenden Diskussionen hat sich die EU kürzlich auf eine Regelung geeinigt hat: Ab 2035 dürfen nur noch jene Pkws und leichte Nutzfahrzeuge neu verkauft werden, die kein CO2 ausstoßen. Der EU-Beschluss bezieht sich auf batterieelektrische Fahrzeuge. Eigentlich galt er als fix. Doch in letzter Minute stellte sich Deutschland quer. Die FDP, aus deren Reihen Verkehrsminister Volker Wissing kommt, verlangte, dass neue Autos mit klassischem Verbrennungsmotor weiter verkauft werden dürfen. Schließlich einigte sich die Bundesregierung mit der EU-Kommission: Auch in Zukunft dürfen Autos mit Verbrennungsmotoren verkauft werden – allerdings nur, wenn sie ausschließlich mit E-Fuels betankt werden können und nicht mehr mit herkömmlichem Benzin und Diesel. Wie das sichergestellt werden soll, weiß niemand. Auch beim Wiener Motorensympusium nicht.

E-Mobilität, Berlin-Westend – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Das Internationale Wiener Motorensymposium 2023 stellt das Miteinander verschiedener Antriebssysteme sowie Energieträger in den Mittelpunkt: Mehr als 80 hochrangige Experten aus Wissenschaft, Automobil- und Zuliefererindustrie werden von 26. bis 28. April 2023 den über 1.000 erwarteten Teilnehmenden aus mehr als 25 Ländern eine große Bandbreite von technologischen und strategischen Neuigkeiten aus dem Automotive-Bereich näherbringen. Die Energiewende und ihre Folgen für die Automobilindustrie stellen wichtige Schwerpunkte des Motorensymposiums dar. (wiener-motorensymposium.at)

Nicht nur Österreichs Bundeskanzler Nehammer hegt die Hoffnung, der faule Brüsseler Kompromiss könnte das Verbrenner-Aus etwas nach hinten verschieben. „Technologieoffenheit“, in der Wissenschaft ohnehin selbstverständlich, sollte das – auch von der FDP zu Tode zitierte – Zauberwort sein. Schließlich wird auch in der EU-Regelung nur festgelegt, dass Autos kein CO2 mehr ausstoßen dürfen – egal, ob durch Brennstoffzellen, synthetische Kraftstoffe oder E-Mobilität: keine Technologie ist verboten worden. Aber der Stoff, aus dem die Träume vieler sind, ist erstens noch gar nicht richtig verfügbar, zweitens sündteuer, drittens von sehr schlechter Energieeffizienz.

Folgerichtig stellt der österreichische Standard fest: „E-Fuels sind knapp, aber umso gefragter. Gleich mehrere Branchen setzen ihre Zukunftshoffnung in sie, allen voran die Luft- und die Schifffahrt, der Schwertransport auf der Straße und die Chemieindustrie. Doch selbst alle weltweit bis 2035 geplanten E-Fuel-Projekte können nicht so viel Kraftstoff liefern, um das Kerosin zu ersetzen, das allein in Österreich in der Luftfahrt verbrannt wird.“

Zum Autogipfel hatte Nehammer auch bekannte E-Mobilitätsskeptiker wie den Grazer TU-Professor Georg Brasseur geladen oder den deutschen Chemiker und Präsident der Alexander von Humboldt-Gesellschaft, Robert Schlögl, der meint, die Politik blockiere Technologiemöglichkeiten. Vor der Kamera durften sie Nehammers Erzählung abrunden, so der Standard.

Traktoren werden auch in Zukunft nicht mit einem Batterieantrieb im Kreisverkehr fahren“, sagt Schlögl. Der frühere Direktor zweier Max-Planck-Institute (Fritz-Haber-Institut und Chemische Energie Konversion) erwartet „Gewinner und Verlierer auf dem Weg zur grünen Mobilität“. Dabei sei offen, welche Betriebe es wie treffen wird. Eine echte Strategie, wohin die Reise geht, wurde laut Standard am Gipfel nicht festgeklopft. Den grünen Koalitionspartner habe man gleich gar nicht an Bord gebeten.Laut Schlögl muss man „die Wahrheiten zehnmal wiederholen, bis das langsam in den politischen Bereich einzieht. Das ist gestern schon gelungen. Es ist eingesickert, dass die Möglichkeit, wir machen Mobilität nur elektrisch, sicher nicht die richtige Lösung ist.“

Man müsse „Energie ohnehin importieren. Und wenn man sie importiert, wird sie in Form von flüssigen Energieträgern zu uns kommen. Mit denen kann man dann auch Auto fahren. So einfach ist die Botschaft.“ Den aktuellen Hype um die E-Fuels interpretiert der Chemieprofessor so: Man habe sich „nach dem Dieselskandal völlig einseitig auf die batterieelektrische Mobilität verlegt, obwohl in der Wissenschaft schon seit 20 Jahren über E-Fuels sowohl geschrieben als auch daran gearbeitet wird“. Es sei also „nichts Neues“. Denn „alle Technologien, um das herzustellen“, seien bekannt. Schlöhs Fazit: „Und deswegen finde ich auch nicht, dass das alles so ineffizient, so schwierig und nicht verfügbar ist. Das stimmt nicht, man muss es nur machen.“Zum Thema „Traktoren“: „Traktoren werden nicht mit Batterie fahren und wahrscheinlich auch nicht mit Wasserstoff-Brennstoffzelle, weil die in vier Wochen durch Staubeinwirkung kaputt ist. Traktoren, Baumaschinen, Panzer und andere Sonderfahrzeuge werden vermutlich auch weiterhin mit Flüssigkraftstoffen unterwegs sein“. Deshalb müsse eine große Industrie für flüssige Kraftstoffe aufgebaut werden, um die Skaleneffekte zu generieren. Gäbe es nur ganz wenig davon, wäre der so unheimlich teuer, dass ihn sich niemand leisten könnte, so Schlögl.

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